Mittelstandsgeschäft

Kooperationen mit Potenzial: Stadtwerke und Sparkassen

Energiethemen werden für Privat- und Firmenkunden ein beherrschendes Thema der nächsten Jahre sein. Kooperationen mit Energieversorgern und ein regionales Wertschöpfungsnetzwerk für Energie- und Finanzen bieten Chancen für alle Beteiligten.

Empfindliche Nachzahlungen wie in den Vorjahren und eine Ankündigung der Versorger, dass es im kommenden Jahr noch teurer wird, erhöhen die Bereitschaft zu einem Anbieterwechsel, bereiten Investitionsentscheidungen vor und bieten Ansatzpunkte, um langfristige Weichenstellungen über Ansparpläne vorzunehmen.

Auch Unternehmen haben bei dieser Preisentwicklung gute Gründe, um den eigenen Verbrauch zu begrenzen. Zusätzlich macht die Politik Druck mit steigenden Effizienzvorgaben. So setzt das Energiekonzept der Bundesregierung ehrgeizige Ziele. Bis 2050 soll der Primärenergieverbrauch um 50 Prozent sinken. Dazu müsste die Energieproduktivität um durchschnittlich 2,1 Prozent pro Jahr steigen.

Basis für ausbaufähige Geschäftsbeziehung

Bei einer Befragung von Geschäftsführern deutscher Stadtwerke wurden Kooperationsstrategien von 73 Prozent als erfolgversprechendste Strategieoption bezeichnet. Naheliegend ist die Zusammenarbeit mit der Sparkasse: Die Grundgedanken des Sparkassenleitbildes können Stadtwerke vorbehaltlos unterschreiben, die Verankerung beider Unternehmen in der Region erleichtert den Umsetzungsprozess und die bestehende Geschäftsbeziehung umfasst in den meisten Fällen bereits das gesamte Leistungsspektrum, sodass sich eine gemeinsame Bearbeitung des Megathemas Energie anbietet.

Bevölkerungsrückgang, zunehmender Wettbewerb und Rückgang des Verbrauchs aufgrund gestiegener Energieeffizienzanstrengungen und Nutzung alternativer Energiequellen verdeutlichen die Notwendigkeit, um Marktanteile zu kämpfen. Der Firmenkundenbetreuer, der für die von ihm betreuten Stadtwerke die Prüfung der Umsetzungschancen einer Kooperation initiiert und später begleitet, legt damit für viele Jahre die Basis für eine weiter ausbaufähige Geschäftsbeziehung.

Die Vorteile für die Stadtwerke sind offensichtlich: Wachstum durch Zuführung von Kunden, Nutzung der Infrastruktur über das Geschäftsstellennetz und damit flächendeckende Präsenz. Nutzung des Know-hows der Sparkasse bei Vertrieb, Marketing und Kundenbindung. Bündelung von Stärken durch die Kooperation und kosteneffiziente Umsetzung.

Ansatzpunkte für die Kooperation

Gute Kooperationschancen bestehen, wenn

das Geschäftsgebiet der Sparkasse größer ist als das Vertriebsgebiet der Stadtwerke,

sich im Geschäftsgebiet der Sparkasse kein Stadtwerk befindet, aber in räumlicher Nähe,

es im Geschäftsgebiet der Sparkasse zu Stadtwerke-Neugründungen kommt,

Stadtwerke im Geschäftsgebiet der Sparkasse neue Produkte anbieten wollen.

Aber auch bei identischem Geschäftsgebiet ergeben sich Ansatzpunkte bei Kundenbindung, Kundenrückgewinnung, Angebote von Produktbündeln oder Ansprache von Firmenkunden.

Die Sparkasse muss mitverdienen

Nur wenn auch nennenswerte Erträge der Sparkasse zufließen, wird die Kooperation dauerhaft erfolgreich sein. Ziel muss es sein, dass Vertriebsergebnisse, vermittelter Kundenbestand und Bereitstellung der Infrastruktur honoriert werden und bereits in der ersten Phase der Zusammenarbeit Produktbündel geschnürt werden, von denen beide Partner profitieren.

Der Energiesparvertrag ist ein Beispiel. Die weichen Faktoren in der Zusammenarbeit müssen Sparkasse und Stadtwerke zusätzlich einbringen und natürlich profitiert ein Kreditinstitut auch vom Know-how und Netzwerk des Energieversorgers. Das aufzubauende Wertschöpfungsnetzwerk ist nach den ersten erfolgreichen Umsetzungsschritten dann die mittelfristig zu stemmende Herausforderung.

Strategische Positionierung

Eine konsequente Bearbeitung der Energiethemen wird ohne ein Netzwerk kaum darstellbar sein.

In der ersten Stufe sollte es die Vertriebskooperation beinhalten, bei der die gemeinsame Marktbearbeitung umgesetzt und zum Erfolg gebracht wird. Das bedingt auch den gemeinsamen Vertrieb von Produktbündeln aus der Energie- und Finanzwelt.

Die nächste Phase sind Angebote an Firmenkunden zur Reduzierung der Energiekosten und/oder die Einbindung der Firmenkunden in das Netzwerk zur Leistungserbringung für die regionalen Kunden.

Dann erst sollte die gemeinsame Entwicklung neuer Geschäftsmodelle angegangen werden. Auch wenn neue Geschäftsmodelle erst mittel- und langfristig greifen, ergibt sich auch auf dem Weg bereits vertriebliches Potenzial.

Vertriebskooperation als Strategieoption - Wechsel des Energielieferanten

Die erfolgreiche Umsetzung erfordert ein Maßnahmenpaket zur Einbindung der Vertriebsverantwortlichen und Mitarbeiter. Das gilt insbesondere dann, wenn erstmals "bankfremde Produkte" verkauft werden sollen. Das Ziel der Sparkasse, über den Gesprächseinstieg "Reduzierung der Energiekosten" Sparkassenprodukte zu platzieren, muss überzeugend kommuniziert und umgesetzt werden. Positive Ergebnisse und Vertriebserfolge sind dann die Basis für Folgeschritte.

Die Voraussetzungen für eine Vertriebskooperation sind gut: Die Wechselbereitschaft der Privatkunden liegt bei etwa 30 Prozent, die der Firmenkunden bei über 70 Prozent. Ökologische Aspekte, die grundsätzliche Entscheidung gegen einen großen Anbieter und Stärkung der Region sprechen für Stadtwerke. Auch der Wechsel im Jahresrhythmus zu dem jeweils günstigsten Anbieter wird von Kunden zunehmender als mühsam empfunden. Und 20 Prozent der befragten Haushalte beschäftigen sich gar nicht erst nicht mit dem Vertragswechsel, weil der Aufwand dafür als zu hoch eingeschätzt wird.

Genau hier können in der Region verankerte Kreditinstitute ansetzen: Der Kundenbetreuer in der Geschäftsstelle unterstützt den Anbieterwechsel, steht selbstverständlich auch später zur Verfügung und nutzt den Ansatzpunkt Energiekostenreduzierung zur Klärung, wo sich weitere Ansatzpunkte ergeben, bei denen Finanzierung, öffentliche Mittel, Leistungen der Stadtwerke oder Ansparleistungen eingebunden werden können. Die Bestätigung der Richtigkeit der Wechselentscheidung ist für viele Kunden wichtig.

Dass erfolgreich Verträge vermittelt werden können, zeigt die Kooperation der Sparkasse Vest Recklinghausen mit den Hertener Stadtwerken. Hier wurden in etwas mehr als drei Jahren 17 Prozent des Bestandes der regionalen Stadtwerke vermittelt, wobei die Kundentreue nach Vertragsabschluss überdurchschnittlich hoch ist. Die Verzahnung der Einzelaktivitäten ist entscheidend, um die Kooperation als Dauerthema zu verankern, die Online-Welt und weitere Vertriebswege, wie zum Beispiel das Telefonteam, einzubinden und Energieaspekte als Gesprächseinstieg und Türöffner zu verankern.

Kundenbindung im Fokus

Kosten der Kundenakquisition und -übernahme sowie steigender Margendruck machen es erforderlich, den Kunden möglichst lange zu halten. Erfahrungen der Kreditinstitute bei der Kundenbindung können in die Kooperation einfließen, allerdings sind auch neue Konzepte und neue Wege gefragt, um den Vorteil für den Kunden deutlich zu machen.

So müssen entlang der Wertschöpfungskette Stadtwerke vom monopolistischen Stromverteiler zum Energiedienstleister, von der Erzeugung bis zum Energievertrieb und zur Versorgungstechnik beim Kunden vorstoßen und sich als ersten Ansprechpartner bei allen Fragen rund um das große Themenfeld Energie positionieren.

Ein gemeinsam betriebenes Kundenkartensystem mit regionalem Schwerpunkt bietet Ansatzpunkte für die Nutzung von Preisvorteilen, für Information und Kommunikation und ermöglicht zum Beispiel auch eine differenzierte Ansprache der Sparkassenkunden und der Kunden anderer Kreditinstitute, bei denen Bankdienstleistungen und Leistungspakete zwangsläufig anders geschnürt sein müssen. Über diese Karte können auch Angebote der regionalen Firmenkunden mit Energiebezug eingebunden werden, ohne dass dies bei den Karteninhabern zu Irritationen führt.

Jahresrechnungen für Energie oder die Jahreskontoauszüge der Darlehenskonten bieten sich ebenfalls für Angebote an, die auf den Energieverbrauch oder die Restlaufzeit des Darlehens abgestellt sind und eine Nachakquisition ermöglichen.

Auch nahe liegende gemeinsame Aktivitäten, wie ein Online-Newsletter, bieten Orientierung und Hilfestellung oder Lösungen durch regionale Partner und über Responseelemente das erforderliche schnelle Feedback. Mehr als 25 Prozent der Abschlüsse kommen nicht über die Geschäftsstelle. Die Online-Vermarktung und die Online-Kommunikation wird zunehmend noch wichtiger, wobei auch bei Energieversorgern die Verknüpfung der Zugangswege notwendig ist.

Die Ergänzung um energienahe Themen bietet sich ebenfalls an und neben der Differenzierung im Wettbewerb auch die Einbindung weiterer Akteure. So haben 75 Prozent der Privatkunden Interesse am Thema Nachhaltigkeit, 54 Prozent davon haben ein hohes Involvement. Die Integration "nachhaltiger" Informationen und Produktangebote kann der erste ausbaufähige Schritt sein und ermöglicht eine Positionierung im Markt und die Umsetzung einzelner Bausteine. Dabei wollen die Kunden aber kein offensichtliches Marketing, sondern Fakten und Kommunikationszusammenhänge, regional aufbereitete zielgruppenadäquate Angebote und auch die Einbindung von Bürgerbewegungen und Bildungsstätten. Über die einzelnen Module kann eine Aktivierung der Kunden erfolgen und ist auch durch Ausbau und Ergänzung vorhandener Angebote zu einem modularen System ein nachhaltiger Mehrwert für Verbraucher, Stadtwerke und Sparkasse in der Region möglich. Die auch bei Energieversorgern nicht homogene Kundengruppe kann über unterschiedliche Bausteine erreicht werden, wobei viele Vorleistungen bereits erbracht wurden und jetzt "nur" die zielgruppenspezifische Aufbereitung erfolgen muss.

Einsparpotenziale bei Firmenkunden ermitteln

Wenn Firmenkundenbetreuer der Sparkasse und Spezialisten der Stadtwerke Einsparpotenziale beim Firmenkunden ermitteln, dient das dessen Wettbewerbsfähigkeit, ist ein Aspekt gelebter Kundenbetreuung und unter Kundenbindungsaspekten von Bedeutung. Natürlich ergeben sich auch Ansatzpunkte für Kreditinstitute bei der Umsetzung von finanzierungsbedürftigen Maßnahmen. Je nach Situation des Kunden kann Hilfestellung beim Energiekostencontrolling erfolgen oder können Beratungsleistungen bei der eigenen Stromerzeugung und gewerblichen Nutzung angeboten werden.

Wenn zum Beispiel die Sparkassenakademie Hessen-Thüringen qualifizierte Berater für erneuerbare Energien im Firmenkundengeschäft zertifiziert und Sparkassen Spezialisten für die Energieberatung der Firmenkunden suchen, macht das deutlich, dass die Chancen erkannt worden sind. Bei der Ansprache der Firmenkunden sind Größenordnung des Betriebes, Branche und Energieverbrauch von Bedeutung. Ansatzpunkte ergeben sich durch:

Individuelle Netzentgelte gemäß § 19 StromNEV. Für die Durchleitung von Energie zahlt jeder Kunde ein Netznutzungsentgelt. Kunden, die ein atypisches Verbrauchsverhalten aufweisen, können ein individuelles Netzentgelt beantragen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden.

Lastganganalyse: Die Verbrauchsstruktur lässt sich über einen Lastgang viertelstundengenau nachvollziehen. Nicht selten können durch Analyse der Verbrauchs- und Lastgangwerte erhebliche Einsparpotenziale erkannt werden.

Energiemanagementsysteme: Sie dienen zur kontinuierlichen und systematischen Hebung von Energiesparpotentialen und sind Voraussetzung für Entlastungsanträge, zum Beispiel für die EEG-Umlage oder die Stromsteuer.

Die Deutsche Energie-Agentur empfiehlt beispielsweise, die Vermarktung flexibler Lasten als Bestandteil des Energiemanagements zu etablieren um auf die schwankende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energie zu reagieren Für definierte Zielgruppen, wie zum Beispiel Hausverwaltungen, sind Gesprächsrunden zum Themenfeld Energie ein Ansatzpunkt, um Angebote zu platzieren und fundierte Informationen und Einschätzungen zur weiteren Entwicklung anzubieten. Im Privatkundenbereich bieten sich zum Beispiel Informationsabende zu Blockheizkraftwerken an, die die Einbindung regionaler Firmen ermöglichen, die hier Erfahrungen gesammelt haben und Referenzen vorweisen können. Der Kontakt bleibt über die folgende Informationsbereitstellung erhalten und umfasst auch telefonische Nachfragen.

Firmenkunden in das Netzwerk einbinden

Für die Positionierung bei Energiethemen sind die Stadtwerke prädestiniert und in Verbindung mit der Sparkasse ergänzen sich Kompetenzen idealtypisch. Aufgrund der Geschäftsverbindungen können zielgerichtet Angebote platziert oder Nichtkunden über den Kooperationspartner angesprochen und über ein Produktbündel informiert werden.

Ein wirtschaftlich erfolgreiches Geschäftsmodell liegt in der Etablierung der Vertriebskooperation unter Einbeziehung regionaler Partner aus den Branchen Energie und energienahe Produkte beziehungsweise Dienstleistungen auf der Basis einer einheitlichen Vertriebsplattform, bei der die Stadtwerke die Lead-Funktion übernehmen sollten. Auch bundesweit agierende Firmen sind bereit, sich aktiv einzubringen, pilothaft Lösungen im regionalen Verbund anzubieten und dabei weitgehende Individualisierungen einzuräumen, sofern Chancen gesehen werden, die Erkenntnisse anschließend bundesweit umzusetzen. Das regionale "Kompetenzzentrum Energie" bündelt dabei alle Unternehmen der Wertschöpfungskette, um so dem Kunden die umfassende Hilfestellung zu bieten. Die Koordination der Angebote und der Vermarktungsaktivitäten muss auch den Interessenausgleich und eine faire Kostenbeteiligung umfassen.

Neue Geschäftsfelder für Stadtwerke als Ansatzpunkte für regionale Partner

Energiedienstleistungen, insbesondere Angebote zur Erhöhung der Energieeffizienz, technische Dienstleistungen und Contracting haben bei den meisten Energieversorgern eine hohe Priorität, während Smart Grid, Smart Metering, Smart Home oder Elektromobilität zwar im Fokus stehen, aber derzeit noch geringer priorisiert werden. Chancen können nur über Kooperationen unter Einbindung der regionalen Firmenkunden genutzt werden, da die regionalen Energieversorger bei der Vielzahl der Themen und der erforderlichen Anlaufzeit an Grenzen stoßen.

Die dezentrale Stromerzeugung wird weiter zunehmen. Das Projekt von Lichtblick und VW mit dem Ziel, 100 000 Kleinstkraftwerke zu installieren, gibt die Richtung vor. RWE und Vaillant bieten gemeinsam Lösungen für Privatkunden an und Eon hat mit der Metro AG eine langfristige Partnerschaft verabredet und stellt in der ersten Phase die Metro-Filialen auf Blockheizkraftwerke um.

Für die Bearbeitung neuer Geschäftsfelder ist nach der Ernst & Young Studie auch bemerkenswert, dass 47 Prozent der Unternehmen mit einem besonders hohen Energiebedarf selbst im Bereich der Stromerzeugung tätig sind und ein weiteres Viertel ein entsprechendes Engagement in den kommenden drei bis fünf Jahren plant. Blockheizkraftwerke sind der Schwerpunkt, gefolgt von Photovoltaik, Mikro Blockheizkraftwerken und Windkraftanlagen. Stadtwerke werden von der zunehmenden Dezentralisierung profitieren und den Vorteil des regionalen Ansatzes ausspielen können. Der Umbau der Verteiler wird sich auf der Verteilnetzebene vollziehen, da hier ein Großteil der Energieanlagen angeschlossen ist.

Ein Energienetz mit vielen dezentralen Erzeugern benötigt eine umfassende IT-gestützte Steuerung, wobei die damit verbundenen Chancen und Erfordernisse, so Ernst & Young in der Stadtwerkestudie 2013, häufig noch nicht erkannt sind.

Das "Internet der Energie" wird überwiegend als Unterstützung der Energieversorgung angesehen. Nutzung und Übertragung von Informationen werden als Ergänzung des Kerngeschäftes nur von einer kleinen Gruppe als eigenständiges Geschäftsfeld betrachtet. Umfassende Partnerschaften, bei denen Unternehmen bei der Entwicklung neuer Märkte zusammenarbeiten, jedoch um jeden einzelnen Kunden und Abschluss konkurrieren, werden erforderlich. Stadtwerke sind dabei ausgesprochen gesuchte potenzielle Partner, regionale Kreditinstitute können dabei eine zentrale Rolle übernehmen.

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