Schwerpunkt: Finanzierung der Kommunen

Chancen des Schuldenmanagements - Erfahrungen des Landkreises Darmstadt-Dieburg

Unter dem Aspekt beziehungsweise dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, bei einer immer schwierigeren Finanz- und Wirtschaftslage, ist der Landkreis Darmstadt-Dieburg gezwungen, die vorhandenen Möglichkeiten zur Optimierung und Senkung der Kapitalkosten einer lang- und kurzfristigen Verschuldung stetig einer Prüfung zu unterziehen und etwaige Anpassungen vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund betreibt der Landkreis seit Herbst 2002 ein aktives Schuldenmanagement. Darunter wird die aktive und strategische Verwaltung des Darlehensbestandes verstanden. Die Handlungsfelder eines aktiven Schuldenmanagements sind Kredit- und Derivatemanagement.

Beschaffung des geplanten Kreditvolumens

Mit diesem Schuldenmanagement soll das im Haushaltsplan vorgesehene Kreditvolumen termingerecht und zu marktgerechten Bedingungen beschafft werden. Marktgerecht bedeutet, dass der Zinsaufwand langfristig minimiert und gleichzeitig das Zinsrisiko begrenzt wird. Gleichzeitig sollen für bestehende Verbindlichkeiten Zinsoptimierungen realisiert werden. Gesamtziele des Schuldenmanagements sind Zinssicherungen auf einem möglichst niedrigem Niveau, Zinsoptimierungen und Verminderung der Belastungen des Haushaltes durch geringe Zinsen sowie Aufrechterhaltung der Planungssicherheit, also die Optimierung der Finanzierungsstrukturen und -konditionen unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben und eines möglichst geringen Risikos. Der Stand der Verbindlichkeiten aus Kreditaufnahmen stellte sich zum 31.12. in den nachfolgend genannten Jahren wie folgt dar:

Der Rückgang resultiert aus der Tilgung von Darlehen und der Tatsache, dass durch die Ausgliederung des Gebäudemanagements in einen Eigenbetrieb zunächst ohne die Übertragung der Gebäude und Verbindlichkeiten - die zukünftigen Investitionen bei diesem Eigenbetrieb erfolgen. Folgende allgemein gültige Festlegungen sind für das Schuldenmanagement im Landkreis Darmstadt-Dieburg festgeschrieben:

- Hochspekulative Geschäfte sind ausgeschlossen.

- Fremdwährungsgeschäfte sind ausgeschlossen.

- Der Anteil der mit Derivaten "belegten" Kredite sollte immer unter 30 Prozent des gesamten Kreditportfolios liegen.

Aufgaben des Portfoliobeirats Für die Durchführung des Schuldenmanagements wurde ein Beirat (Portfoliobeirat) geschaffen, der folgende Aufgaben wahrnimmt:

- Festlegung der Strategie auf der Basis der Zinsmeinung des Gremiums und unter Berücksichtigung der Teilstrategien Haushalt, Kreditportfolio und Markt,

- Genehmigung der Handlungsoptionen,

- Controlling,

- Steuerungsgremium und

- Festlegung der Instrumente, die im Rahmen des Schuldenmanagements eingesetzt werden dürfen.

Des Weiteren kann er die Märkte, auf welchen gehandelt werden darf, bestimmen und diejenigen Kreditinstitute und Makler, mit denen Transaktionen getätigt werden dürfen, benennen.

Der Beirat besteht aus fünf Mitgliedern: Landrat/Landrätin, Leitung des Revisionsamtes, Leitung der Abteilung Finanz- und Rechnungswesen, Leitung des Sachgebietes "Allgemeine Finanzverwaltung", Sachbearbeitung für das Schulden- und Portfoliomanagement und die Vertretung der Eigenbetriebe. Es finden im Jahr durchschnittlich drei bis vier Sitzungen statt.

Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Schuldenmanagement sind in einer von dem Kreisausschuss des Landkreises Darmstadt-Dieburg beschlossenen "Arbeitsanweisung Portfoliomanagement" zusammengestellt. Sie dient zur Reglung der Zusammenarbeit und Zuweisung von Aufgaben, Befugnissen und Zuständigkeiten im Zusammenhang mit dem Portfoliomanagement und verschiedenen Personen, Gremien und Verwaltungseinheiten. Ziel ist die Minimierung von Steuerungsrisiken, welche mit dem Abschluss von Derivaten verbunden sind, um somit ein größtmöglichstes Maß an Handlungssicherheit zu erreichen. In diesem Rahmen wird sowohl das strategische als auch das operative Risiko durch den Portfoliobeirat, die politisch Verantwortlichen, die politischen Gremien und die Fachabteilungen der Verwaltung unter Einbeziehung der Beratung der Bank überwacht.

Die Arbeitsanweisung umfasst Ausführungen zur Zusammensetzung und Aufgaben des Beirats, zur detaillierten Zuständigkeit unter anderem der Abteilung Finanz- und Rechnungswesen und des Revisionsamtes, zur kommunalen Portfoliostrategie, zur Haushaltsstrategie, zur Kreditportfoliostrategie, zur Marktstrategie, zum internen Kontroll- und Überwachungssystem sowie zu den Kontroll- und Informationspflichten.

Rolle der beratenden Bank

Das Schuldenmanagement wird in Zusammenarbeit mit einer großen deutschen Bank durchgeführt. Die Bank übernimmt in diesem Zusammenhang die Portfoliobewertung (Beratung und Analyse bei der Strukturierung und Bewertung des Gesamtportfolios des Landkreises), die Marktanalyse (Geld- und Kapitalmärkte), den Ergebnisbericht, die Handlungsempfehlungen abgestimmt auf die Strategie des Landkreises (Empfehlungen zur Zinssicherungsstrategie und der Instrumentenauswahl) sowie die Analyse volkswirtschaftlicher Entwicklungen und Prognosen für die Zinsmärkte.

Als Einstieg in die Thematik wurden die Mitglieder des Portfoliobeirats durch Vertreter der Bank intensiv geschult. Für die politischen Mandatsträger wurde eine Informationsveranstaltung durchgeführt. Durch die Bank erfolgen kontinuierliche Information des Landkreises zur Lage der Zinsmärkte sowie ausführliche volkswirtschaftliche Informationen, Analysen und Prognosen.

Vertreter der Bank nehmen an den Sitzungen des Portfoliobeirats teil und unterstützen die Arbeit des Portfoliobeirats durch Analysen der Darlehensstruktur, volkswirtschaftliche Daten und Analysen bei der Bildung der Zinsmeinung sowie der Entwicklung einer Strategie.

Auf der Basis der Analyse des Portfolios in den Beiratssitzungen, das heißt der Betrachtung der Gesamtheit der Darlehen sowie Ermittlung des aktuellen Marktwertes der einzelnen Darlehen, werden die Detailziele festgelegt, die zu erreichen sind. Diese gehen über die oben genannten allgemeinen Ziele hinaus. Dies kann eine Zinsobergrenze für alle Darlehen sein oder aber auch die Angabe der angestrebten Einsparungen.

Die im Beirat beschlossenen Maßnahmen werden dem Kreisausschuss zur Beschlussfassung vorgelegt. Dadurch erhält die Abteilung Finanz- und Rechnungswesen das Recht, diese Maßnahmen bei entsprechend günstiger Zinslage, die in dem Beschluss entsprechend vorgegeben wird, umzusetzen. Wichtig ist, dass die mit den einzelnen Prozessen des Kreditgeschäfts betrauten Mitarbeiter über die erforderlichen Kenntnisse zur Beurteilung der Risiken der Geschäfte verfügen. Durch geeignete Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen muss gewährleistet sein, dass die Kenntnisse dem aktuellen Stand der Entwicklungen entsprechen.

Im Rahmen des Schuldenmanagements

- Bereich Derivatemanagement - des Landkreises Darmstadt-Dieburg wurden bisher überwiegend folgende Instrumente eingesetzt:

- Receiver-Swaps (Zinstauschvereinbarung),

- Payer-Swaps (Zinstauschvereinbarung),

- Caps (Absicherung der Zinsobergrenze),

- Forward-Payer-Swaps (Sicherung eines niedrigen Festzinssatzes für einen in der Zukunft liegenden Zeitraum),

- Forward-Receiver-Swaps (Sicherung einer Receiver-Swaps für einen in der Zukunft liegenden Zeitraum) und

- Doppel-Swap (Kombination zwischen einem Receiver-Swap und einem Payer-Swap).

Das Schuldenmanagement des Landkreises ist zwischenzeitlich als festes Instrumentarium beim Landkreis Darm-stadt-Dieburg installiert. Auf Basis der allgemeinen und dann im Portfoliobeirat ausformulierten Einzelvorgaben, die immer im Kreisausschuss für jede einzelne Maßnahmen beschlossen werden, konnten seit Einführung erhebliche Vorteile für den Landkreis generiert werden. Die Gesamtzinsstruktur wurde reduziert und durch den vorsichtigen Einsatz von Derivaten die tatsächliche finanzielle Belastung im Zinsaufwand minimiert. Der Durchschnittszins (arithmetisches Mittel) betrug im Jahr 2005 5,26 Prozent und im Jahr 2011 4,27 Prozent. Auch zukünftig wird es Aufgabe des Schuldenmanagements sein, unter möglichst geringem Risikopotenzial das Kredit- und Derivatemanagement im Sinne der allgemeinen und speziellen Vorgaben durchzuführen, um den finanziellen Handlungsspielraum des Landkreises Darm-stadt-Dieburg zu verbessern respektive eine Zinsoptimierung beizuführen.

Die Beauftragung einer Bank als Berater hat zu einem wichtigen Wissenstransfer geführt, wobei die tatsächlichen Entscheidungen über eventuelle Maßnahmen beim Landkreis verblieben sind. Somit ist die eigentliche Handlungsfähigkeit nicht eingeschränkt worden. Es darf keine Abhängigkeit von der beratenden Bank geben. Insgesamt sind die bisherigen Erfahrungen der externen Beratung sehr positiv. Die unterstützende Beratung durch neutrale Dritte, insbesondere eine Bank, bei der Auswahl von Zinsinstrumenten, der Analyse des Gesamtportfolios und der Vermittlung von Expertenwissen ist aus den Erfahrungen des Landkreises Darmstadt ratsam.

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