Denkmalschutz

PPP für Immobilien mit Spezialanforderungen

In Zeiten leerer Kassen werden für notwendige öffentliche Investitionsvorhaben mehr denn je alternative und möglichst wirtschaftliche Wege gesucht. Eine Lösung, trotz belasteter Haushalte Infrastrukturprojekte durchzuführen, können öffentlich-private Kooperationen sein, sogenannte Public Private Partnerships (PPP). Dass dies nicht nur bei Neubauten, sondern auch bei Sanierungen und sogar in historischen Gebäuden mit Denkmalschutzauflagen gelingen kann, zeigt ein aktuelles Projekt aus Sachsen.

Vorbereitung und Auftragsvergabe

Anfang April 2010 hat im sächsischen Pirna die Bauphase für ein solches Projekt in öffentlich-privater Kooperation begonnen. Die hoch über der Altstadt an der Elbe gelegene Schlossanlage Sonnenstein, deren Fundamente bis in das 12. Jahrhundert zurückreichen und die heute im Eigentum des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge liegt, ist Gegenstand des Projekts. Das besondere daran: Das PPP-Projekt "Schloss Sonnenstein" ist nicht nur bundesweit beispielgebend, was den Einbezug staatlicher Fördermittel in die komplexe Finanzierungsaufgabe betrifft. Es trägt gleichzeitig dazu bei, dem PPP-Ansatz als Beschaffungsvariante für kommunale Infrastrukturprojekte vor allem in Sachsen Vorschub zu leisten.

Insgesamt zwei Jahre dauerten die Vorbereitungen bis zum Vertragsschluss im Dezember 2009. In diesem Zeitraum wurden Standortalternativen für den künftigen Sitz der Landkreisverwaltung geprüft, Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen erstellt, beteiligte Förder- und Genehmigungsbehörden überzeugt und eingebunden sowie im Rahmen der europaweiten Ausschreibung konkurrierende Angebote detailliert miteinander verglichen, um eine optimale Lösung für den Landkreis zu erhalten. Die Deka Kommunal Consult GmbH (DKC) hat den Landkreis bei der Vorbereitung vor Ort wirtschaftlich beraten und war darüber hinaus für die gesamte Projektstrukturierung und Prozesssteuerung verantwortlich.

Der erteilte PPP-Auftrag des Landkreises umfasst ein Gesamtpaket. Darin enthalten sind die Sanierung der denkmalgeschützten Schlossanlage, deren Umbau zum dringend benötigten Landratsamt für rund 500 Beschäftigte sowie der anschließende langfristige Gebäudebetrieb. Im Ergebnis des europaweiten Vergabeverfahrens wurde die Bilfinger Berger Hochbau GmbH gemeinsam mit HSG Zander, als Partner für Aufgaben rund um das Facility Management, mit der Umsetzung beauftragt.

Organisation des Projekts

Die neu gegründete Projektgesellschaft beider Konzerne soll über die Sanierungsarbeiten hinaus das Gebäudeensemble um ein Parkhaus ergänzen. Für die Bauleistungen zuständig sind neben Bilfinger Berger auch lokale Partner. HSG Zander wird nach Fertigstellung das Objekt über 25 Jahre betreiben. Dies umfasst sowohl die Instandhaltung und alle Schönheitsreparaturen als auch die Energieversorgung und ein umfassendes Paket an weiteren Leistungen des technischen und infrastrukturellen Gebäudemanagements.

Das Investitionsvolumen für die Sanierung und die Erweiterungsbauten am Schloss belaufen sich insgesamt auf etwa 45 Millionen Euro. Hinzu kommen weitere Mittel, die der Landkreis zum Beispiel für die touristische Erschließung der Anlage im Umfeld einsetzt. Wegen der besonderen städtebaulichen Relevanz des Vorhabens stellt der Freistaat Sachsen erhebliche Fördermittel aus dem Bund-Länder-Programm "Städtebaulicher Denkmalschutz" zur Verfügung. Deren Integration kam im Rahmen der Finanzierungsstruktur des Projekts eine primäre Bedeutung zu. Denn die monetäre Unterstützung durch das Land hatte entscheidende Entlastungen für die kommunale Kasse zur Folge.

Komplexe Finanzierungsstruktur

Gleichzeitig brachte die Berücksichtigung dieser Mittel im PPP-Projekt allerdings auch komplexe Anforderungen mit sich - sowohl für die Bewilligungsstellen als auch den Landkreis: Es galt, Förderbeträge und Zahlungszeitpunkte, entgegen der konventionellen Praxis der Förderung, bereits zur Auftragsvergabe zu fixieren. Nur so konnte der weitere Fremdfinanzierungsbedarf strukturiert werden.

Insbesondere zur Erlangung der Vertragsreife für das wirtschaftlichste Angebot war diese Festsetzung von besonderer Bedeutung. Anders als bei Förderprojekten üblich, konnte die Prüfung der Förderfähigkeit und somit auch die Festsetzung von Beträgen und Terminen durch die Förderstellen daher nicht auf Basis bereits abgerechneter Baukosten erfolgen. All das musste schon im Rahmen der funktionalen Ausschreibung des Projektes und mit dem Angebot des Bieters vorgenommen werden; Neuland für die beteiligten staatlichen Stellen, die an einer Finanzierungslösung mitarbeiteten.

Auch der private Partner musste von der üblichen Finanzierungspraxis in PPP-Modellen abweichen und die staatlichen Zuflüsse, die während der Bauphase und auch nach Baufertigstellung ausgezahlt werden sollen, schon frühzeitig einplanen und seine Finanzierung daraufhin strukturieren. Bauzeitfinanzierungskosten sowie Langfristfinanzierung konnten so im Sinne der Kreisverwaltung optimiert werden.

Aufgabe des Landkreises im Zusammenhang mit der Förderfähigkeit der Maßnahmen war die Definition von Mindestbedingungen und Qualitäten im Rahmen der funktionalen Leistungsbeschreibung. Darüber hinaus galt es, mögliche Risiken aus dem Sanierungsprojekt und der Realisierungsform einschließlich der gewählten Finanzierungslösung abzusichern.

Besondere Anforderung: Denkmalschutz

Entstanden auf einer mittelalterlichen Festungsanlage wird das heute als Schloss Sonnenstein bezeichnete Ensemble von Gebäuden aus verschiedenen Bauabschnitten zwischen dem 17. und 20. Jahrhundert geprägt. Die in den Epochen Spätrenaissance, Barock, Historismus und Jugendstil errichteten Gebäude sind als Gesamtheit und ebenfalls als Einzeldenkmale erfasst. Für die Sanierung und den Umbau der Anlage ebenso wie den zukünftigen Betrieb und die Instandhaltung ergeben sich daher hohe Anforderungen aus dem Denkmalschutz.

Bereits vor Beginn der Ausschreibung wurde deshalb die gesamte Anlage, die bis 1990 als Verwaltungssitz genutzt wurde und seitdem leer steht, durch den Landkreis in umfassenden Gutachten baulich untersucht und aufgenommen. Nur so war es möglich, dem privaten Partner schon frühzeitig eine verlässliche Planungsgrundlage zu bieten und Bestandsrisiken beherrschen zu können.

Die Wirtschaftlichkeit

Für den Landkreis konnte mit dem PPP-Projekt Schloss Sonnenstein ein deutlicher Wirtschaftlichkeitsvorteil erzielt werden: Die Gesamtkosten des Projekts liegen etwa zehn Prozent unter denen einer Eigenrealisierung. Gleichzeitig ist so für den kommunalen Haushalt eine hohe Planungssicherheit entstanden. Ein weiterer Vorteil: Der Landkreis bleibt bei diesem Modell Eigentümer der Grundstücke und des Schlosses.

Und auch Nachhaltigkeitsaspekte wurden bei dem PPP-Projekt Schloss Sonnenstein entsprechend berücksichtigt. So wird beispielsweise der Verwaltungssitz nach der Sanierung einen hohen energetischen Standard aufweisen. Denn das bereits bestehende Fernwärmenetz Sonnenstein wird durch die weitere Nutzung aufgewertet und gesichert. Schließlich wird so durch die notwendige größere Anlage eine höhere Effizienz erreicht.

Daneben profitiert auch der Mittelstand durch die Realisierung im PPP-Verfahren: Denn im Vertragswerk, das die Kooperation des Landkreises mit dem PPP-Partner festlegt, wird die Weitergabe erheblicher Leistungsteile durch den privaten Partner an kleine und mittlere Unternehmen garantiert.

Nicht zuletzt wird mit dem Umbau des Schlosses zum Verwaltungsgebäude ein Bauwerk von historischer Bedeutung gesichert. Als öffentliche Hand übernimmt die Landkreisverwaltung somit kommunale Verantwortung. Ohne den privaten Partner wäre eine Wiederbelebung des Objekts jedoch wohl kaum möglich gewesen. Am PPP-Projekt Schloss Sonnenstein zeigt sich, dass Public Private Partnerships mehr leisten können, als es auf den ersten Blick scheint: Sie bieten wirtschaftliche Vorteile und vermögen Immobilien buchstäblich am Leben zu erhalten. Investitionen in Infrastrukturprojekte, die von öffentlicher Seite allein nicht oder zumindest nicht kurzfristig durchführbar wären, können mithilfe öffentlich-privater Kooperationen erfolgreich realisiert werden.

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