Immobilienmärkte

Büromarkt Niederlande: Viel Liquidität treibt die Preise hoch

Der niederländische Büroimmobilienmarkt zeigt derzeit ein auf den
ersten Blick eher widersprüchliches Bild. Am Investmentmarkt werden
hohe Preise gezahlt, die Anfangsrenditen sind in den vergangenen
Monaten an vielen Standorten deutlich zurückgegangen und interessierte
Investoren konkurrieren nicht selten hart miteinander um hochwertige
Objekte. Doch zugleich ist die Lage für Vermieter von Büroflächen
vielerorts durchaus nicht unproblematisch und die hohen Kaufpreise
spiegeln beileibe nicht die aktuelle Situation am Vermietungsmarkt
wider - auch wenn dessen Aussichten langfristig durchaus positiv sind.
\
Parallelen zur Entwicklung in den USA
\
Mit Blick auf das aktuelle Geschehen am niederländischen
Investmentmarkt mag sich mancher Investor an die Entwicklung in den
USA erinnert fühlen, wo es in den vergangenen Jahren auch an
zahlreichen Standorten zu Preissteigerungen gekommen ist, die sich
fast ausschließlich durch die hohe Liquidität im Markt und durch die
rege Nachfrage institutioneller Immobilieninvestoren nach hochwertigen
Objekten an etablierten Standorten erklären ließen, während
Angebotsüberhänge und hohe Leerstände am Vermietungsmarkt eher auf das
Mietniveau drückten und mithin keine Begründung für Wertsteigerungen
lieferten.
\
Um die zunächst paradox anmutende Entwicklung des niederländischen
Marktes erklären zu können, bedarf es einer differenzierten
Betrachtung des Investment- und des Vermietungsmarktes sowie der
jeweils unterschiedlichen Einflussfaktoren, die das Geschehen in
diesen beiden Märkten bestimmen. Am Investmentmarkt hielt die rege
Nachfrage seitens institutioneller Investoren auch im Jahr 2005 weiter
an.
\
Sie wurde zum einen durch ein generelles Interesse der
Institutionellen an Immobilien stimuliert, die wegen ihrer im
Vergleich zu anderen Assetklassen stabilen und hohen Renditen
zunehmend geschätzt werden. Zum anderen spielte der Ruf des
westeuropäischen und hier wiederum insbesondere auch des
niederländischen Marktes als einer der transparentesten
Immobilienmärkte weltweit eine wesentliche Rolle. Dieser Aspekt ist
insbesondere für institutionelle Finanzinvestoren von Bedeutung, deren
oftmals eher kurz- oder mittelfristig angelegte Investmentstrategien
in der Regel wesentlich auf weitgehender Markttransparenz basieren.
\
Schließlich wirken die Zinsen, die sich im historischen Vergleich nach
wie vor auf einem sehr niedrigen Niveau bewegen, begünstigend auf die
Käufernachfrage. Auch wenn die EZB die Leitzinsen zwischenzeitlich
wieder erhöht hat und weitere Zinserhöhungen kurz- und mittelfristig
durchaus wahrscheinlich sind, dürfte dies auf den Investmentmarkt nur
sehr begrenzte Auswirkungen haben.
\
Einerseits dürften die Zinsen angesichts der insgesamt geringen
Inflation im Euroraum auch bei anziehender Konjunktur nur relativ
moderat steigen und damit weder auf das Wirtschaftswachstum allgemein
noch auf das Geschehen an den Investmentimmobilienmärkten gravierende
nachteilige Auswirkungen haben. Andererseits aber zeichnet sich ab,
dass der hohe Liquiditätsdruck im Markt voraussichtlich auch in den
kommenden Monaten weiter anhalten wird. Dazu trägt neben den bereits
dargestellten Faktoren, die die Nachfrage der bereits am Markt aktiven
Investoren weiter stimulieren, vor allem auch die steigende Zahl neu
in den Markt eintretender Investoren bei.
\
Vor dem Hintergrund der zunehmenden Verflechtung der internationalen
Finanzmärkte und des generell wachsenden Interesses an
Immobilieninvestments treten seit einigen Jahren immer mehr
international agierende Investoren in den Markt ein, darunter vor
allem auch Opportunity- und Private-Equity-Fonds aus dem
angelsächsischen Raum. Diese Tendenzen wirken sich an den
niederländischen Immobilienmärkten in Form einer anziehenden Nachfrage
und eines härter werdenden Akquisitionswettbewerbs aus, wenngleich sie
nicht auf die Niederlande beschränkt, sondern auch in vielen anderen
europäischen Ländern zu beobachten sind.
\
Europaweit stieg der Anteil der grenzüberschreitenden
Immobilieninvestitionen 2005 erstmals über die 50-Prozent-Grenze.
Hinzu kommen kapitalmarktorientierte Investmentstrukturen wie Real
Estate Investment Trusts (REITs) oder opportunistisch agierende
Immobilienfonds, an denen sich private Anleger auch mit
vergleichsweise geringen Summen entweder direkt oder über
Dachfondskonstruktionen beteiligen können. Mit diesen
Investmentvehikeln erhalten auch Privatanleger, die bislang mit ihren
direkten oder indirekten Immobilienanlagen eher am Vermietungsmarkt
engagiert waren, in wachsendem Maße Zugang zu den
Investmentimmobilienmärkten.
\
Historisches Hoch bei Immobilieninvestitionen
\
Im Gesamtjahr 2005 erreichte das Investmentvolumen am niederländischen
Immobilienmarkt nach Angaben von Jones Lang La Salle mit insgesamt
mehr als 7,1 Milliarden Euro einen weiteren landesweiten Höchststand.
Damit lagen die Niederlande unter den europäischen Ländern nach
Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Schweden an fünfter
Stelle. Der größte Anteil des investierten Kapitals entfiel dabei mit
rund 2,1 Milliarden Euro oder 38 Prozent auf Büroimmobilien, die
weiterhin das bedeutendste Segment des niederländischen
Investmentimmobilienmarktes bilden. Dieser Wert liegt nur um 3,5
Prozent unter dem Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2004, der bei 2,8
Milliarden Euro lag. Ebenfalls stark gefragt waren
Einzelhandelsimmobilien, die einen Anteil von etwa 36 Prozent am
Gesamtinvestitionsvolumen erreichten.
\
Angesichts der hohen Nachfrage nach Büroimmobilien, die auf ein
zunehmend knappes Angebot an hochwertigen Objekten trifft, wurden in
erheblichem Umfang auch Objekte unterhalb des Class-A-Segments,
teilweise auch mit Redevelopmentpotenzial, erworben. Dies deutet
darauf hin, dass einige Akteure am Markt antizyklische
Investmentstrategien verfolgen und mit ihren Akquisitionen auf eine
Erholung des Vermietungsmarktes in den kommenden Jahren setzen.
\
Die bedeutendsten Investoren im Büroimmobiliensektor waren auch 2005
einmal mehr deutsche Offene und Geschlossene Immobilienfonds, die
einen Marktanteil von 45 Prozent erreichten und sich überwiegend auf
hochwertige Objekte konzentrierten. Private Investoren, die sich - wie
auch andere institutionelle Investoren - vor allem im mittleren
Segment engagierten, erreichten einen Anteil von fast 20 Prozent.
\
Angebotsüberhänge belasten Vermietungsmarkt
\
Im Unterschied zum Investmentmarkt ist die Situation am
Vermietungsmarkt weithin durch Angebotsüberhänge gekennzeichnet, die
sich in den vergangenen Monaten zum Teil noch weiter ausgeweitet
haben. Die Quote der Büroleerstände, die 2003 noch bei 8,3 Prozent
gelegen hatte, stieg 2005 bis auf 12,3 Prozent an und dürfte nach
Prognosen von Feri Rating & Research im laufenden Jahr nur um rund 0,2
Prozentpunkte zurückgehen.
\
Insgesamt ist die Situation in mehrfacher Hinsicht mit der in
Deutschland vergleichbar: Nach einer mehrjährigen Schwächephase mehren
sich inzwischen zwar die Anzeichen für eine bevorstehende Trendwende,
doch dürfte sich diese erst ab 2007 in größerem Umfang am Markt
bemerkbar machen. Gleichwohl rechnet Feri damit, dass sich die
Mietpreise, die in den Jahren 2003 bis 2005 jeweils deutlich
zurückgegangen waren, 2006 wieder stabilisieren. Deutlichere
Steigerungen in Größenordnungen von 1,3 Prozent beziehungsweise 1,5
Prozent werden jedoch erst für 2007 und 2008 prognostiziert; für die
Jahre 2008 bis 2015 wird dann ein durchschnittliches jährliches
Mietpreiswachstum um 2,3 Prozent angenommen.
\
Positive Aussichten für Büromärkte
\
Die positive langfristige Einschätzung des niederländischen
Büromarktes durch Feri, die in der kürzlich erfolgten Heraufsetzung
des Ratings für das Investitionspotenzial von "C" auf "B plus" zum
Ausdruck kommt, gründet sich vor allem auf die Prognosen für die
fundamentalen Rahmendaten, die insgesamt ein durchaus freundliches
Bild ergeben. So rechnen die Marktanalysten innerhalb des zehnjährigen
Prognosezeitraumes bis zum Jahr 2015 mit einem relativ konstanten
jährlichen Anstieg der niederländischen Bürobeschäftigtenzahl in der
Größenordnung von einem Prozent und einer jährlich um knapp 2,5
Prozent steigenden Bruttowertschöpfung im Dienstleistungssektor. Diese
beiden wesentlichen Bestimmungsfaktoren für die Büroflächennachfrage
bieten dem Markt somit in den kommenden Jahren relativ stabilen
Rückhalt.
\
Beim Büroflächenangebot wird für das Jahr 2007 zunächst ein Rückgang
des Zuwachses auf 0,2 Prozent prognostiziert, dem dann in den
folgenden Jahren wieder eine leichte Erhöhung auf durchschnittlich 0,8
Prozent jährlich folgen dürfte. Bei der Leerstandsquote wird für 2007
ein Rückgang unter die Zwölf-Prozent-Marke erwartet; in den Jahren
2008 bis 2015 dürfte sie sich dann im Bereich von 11,2 Prozent
einpendeln.
\
Für Investoren lässt die gegenwärtige Situation des niederländischen
Büroimmobilienmarktes - je nach Anlagestrategie und derzeitigem
Engagement im Markt - unterschiedliche Schlüsse zu. Wer bereits vor
einigen Jahren Objekte erworben hat, kann die aktuelle Entwicklung der
Kaufpreise durchaus zum Anlass nehmen, um Gelegenheiten zum Verkauf
und damit zur Realisierung der nicht selten beträchtlichen
Wertzuwächse zu sondieren.
\
Trotz der zu beobachtenden und auch weiterhin zu erwartenden
Ausweitung des Mietflächenangebots ist nach Einschätzung von Jones
Lang La Salle derzeit noch nicht davon auszugehen, dass die Phase der
Yield Compression am niederländischen Büroimmobilien-Investmentmarkt
bereits abgeschlossen ist. Angesichts fehlender Impulse von der
Zinsseite dürften der Druck des Investitionskapitals weiterhin der
wesentliche Bestimmungsfaktor für die Anfangsrenditen bleiben.
\
Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass die Nachfrage am
Investmentmarkt und mithin die beträchtlichen Preissteigerungen
unbegrenzt anhalten. Da die Entwicklung an den
Investmentimmobilienmärkten im Unterschied zu den Vermietungsmärkten
weniger stark von den volkwirtschaftlichen Fundamentaldaten des
betreffenden Landes und stärker von den Entwicklungen an den
internationalen Kapitalmärkten abhängt, muss hier auch in stärkerem
Maße mit Unwägbarkeiten hinsichtlich der internationalen Kapitalströme
- etwa der Entdeckung anderer attraktiver Märkte und mit Auswirkungen
exogener Faktoren gerechnet werden.
\
Wer dagegen neue Erwerbungen niederländischer Büroimmobilien plant,
dürfte - insbesondere bei kürzerem oder mittelfristigem Anlagehorizont
- sicherlich gut beraten sein, keine vorschnelle Entscheidung zu
treffen. An vielen Standorten sind die Anfangsrenditen derzeit auf ein
Niveau zurückgegangen, bei dem sich ein Kauf nicht eben aufdrängt.
Gleichwohl bleibt der niederländische Büromarkt interessant - nicht
zuletzt auch wegen der durchaus positiven längerfristigen Aussichten
für die Vermieter von Büroflächen. Höchste Sorgfalt bei der Standort-
und Objektauswahl ist angesichts des insgesamt reichlichen
Mietflächenangebots unerlässlich.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X