Schwerpunkt Alternative Finanzierungen

Besondere Aspekte bei der Finanzierung kapitalmarktorientierter Immobilienunternehmen

Das vergangene Jahr brachte eine deutlich gesteigerte Aktivität von Immobilienunternehmen am Kapitalmarkt. Dieser europaweit feststellbare Trend macht sich aktuell insbesondere aufgrund der "Sonderkonjunktur" für Wohnbaugesellschaften auch in Deutschland stark bemerkbar. Angesichts dieser wieder steigenden Bedeutung des Kapitalmarkts für den Immobiliensektor soll im Folgenden herausgearbeitet werden, mit welchen wesentlichen Finanzierungsaspekten ein kapitalmarktorientiertes Unternehmen konfrontiert ist.

Finanzierung wesentlicher Teil der Gesamtstrategie

Ein börsennotiertes Immobilienunternehmen verfügt über weitgehende Autonomie in der Ausgestaltung und Umsetzung seiner Strategie. Dies ist ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal insbesondere zu Fonds, die nur innerhalb der von verbindlichen Anlagekriterien vorgegebenen Grenzen agieren können. Dies bedeutet aber auch, dass Anleger vom Management eines börsennotierten Unternehmens erwarten, diese Freiheit aktiv zu nutzen und in allen strategischen Aspekten eine klare Position einzunehmen, diese Positionierung ständig zu überprüfen und auch laufend zu optimieren. Neben Fragen der Portfoliostrategie (Assetklassen, Regionen, Developments et cetera) gilt dies insbesondere auch für die Finanzierungsseite.

Abgesehen von gewissen Einschränkungen im Falle einer Organisation als REIT, hat eine Immobilien-Aktiengesellschaft keine strukturell oder regulatorisch vorgegebenen Grenzen, weder hinsichtlich der Höhe noch bezüglich der Art einer möglichen Fremdfinanzierung. Angesichts der daraus resultierenden großen Bandbreite an Entscheidungsoptionen ergeben sich bei einer strukturierten Herangehensweise bei der Definition der Eckpunkte der Finanzierungsstrategie verschiedene Fragen.

Auf welcher Ebene finanziert werden soll

Eine der wesentlichsten Entscheidungen ist die Frage, ob Finanzierungen primär auf Ebene der Einzelimmobilie oder auf Ebene des Unternehmens aufgenommen werden sollen. Für beides gibt es erfolgreiche Beispiele. Zur Herausarbeitung wesentlicher Vor- und Nachteile dieser unterschiedlichen Strukturen soll im Folgenden eine auf Anleihen basierte unbesicherte Finanzierung auf Ebene der Konzernmutter, wie sie zum Beispiel bei dem größten europäischen börsennotierten Immobilienunternehmen Unibail Rodamco anzutreffen ist, mit einer in erster Linie auf besicherten Krediten beruhenden Finanzierungsstruktur, wie sie beispielsweise bei der deutschen Euroshop überwiegen, verglichen werden.

Aus Risikogesichtspunkten ist insbesondere das Refinanzierungsrisiko zu beachten. Sollte es bei Fälligkeit nicht gelingen, die Anleihe durch eine weitere Anleihe zu refinanzieren beziehungsweise rechtzeitig den Liquiditätsbedarf durch den Verkauf von Immobilien oder durch Kreditlinien zu decken, besteht eine unmittelbare Insolvenzgefahr, da sich die Ansprüche der Anleihegläubiger direkt an die Muttergesellschaft richten. Insbesondere zu Beginn der globalen Finanzkrise kam es aus diesen Gründen auch zu einer Reihe von Not-Kapitalerhöhungen von börsennotierten Immobilienunternehmen, die gezwungen waren, von ihren Aktionären zu unvorteilhaften Konditionen Eigenkapital einzusammeln, um fällige Anleihen bedienen zu können.

Dieses prinzipielle Refinanzierungsrisiko verschärft sich durch die Tatsache, dass die Dokumentation bei Anleihen regelmäßig strikte Financial Covenants (zumindest definierte Loan-to-Value und Interest Coverage Ratios) enthält, welche auf Basis der konsolidierten Konzernzahlen berechnet werden. Kommt es bei einer solchen Anleihe zu einem Covenant-Bruch und damit im schlimmsten Fall zu einer frühzeitigen Fälligstellung, wird das Unternehmen in der Regel große Schwierigkeiten haben, die notwendige Liquidität in gleichem Umfang zu vergleichbaren Konditionen durch eine neue Anleihe zu refinanzieren.

Insbesondere internationale Investoren verlangen Covenants. Anleihen ohne Covenants sind weitgehend auf Inlandsemissionen respektive auf Retail-Investoren beschränkt. Auch ohne Verletzung von Covenants beziehungsweise einer Veränderung der Bonität des Unternehmens kann jedoch eine Refinanzierung einer Anleihe zu einer existenziellen Bedrohung werden, wenn zum Beispiel eine in einer optimalen Marktphase emittierte Anleihe in einem schwierigen Marktumfeld (man denke nur an das Jahr 2008) fällig wird.

Besicherte Immobilienkredite sind hingegen in der Regel als Non-Recourse-Finanzierungen gestaltet. Es besteht somit kein Rückgriff auf die Muttergesellschaft. Eine Covenant-Verletzung oder Probleme bei der Anschlussfinanzierung gefährden daher aus Konzernsicht "nur" das im jeweiligen Projekt gebundene Eigenkapital, stellen aber nicht automatisch das Überleben des Gesamtkonzerns infrage. Überdies ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Covenant-Verletzungen aus "eigener Kraft" durch Umschichtung von Kapital innerhalb des Konzerns geheilt werden können. Von einer auf einer Vielzahl von besicherten Finanzierungen basierenden granularen Struktur geht somit im Falle eines schwierigen Marktumfeldes ein geringeres Risiko aus, als dies bei einer Abhängigkeit von wenigen großen Kapitalmarktfinanzierungen der Fall wäre. Dieser Aspekt hat insbesondere bei einem relativ hohen Verschuldungsgrad eine starke Relevanz.

Strukturelle Ausgestaltung der Emissionen

Bei einem Vergleich der Konditionen zwischen Anleihen und besicherten Immobilienkrediten ist es wichtig, auch die strukturelle Ausgestaltung einer Anleihe zu beachten. Ein Unternehmen, das mit einem Investment-Grade versehene Anleihen emittiert, verfügt in der Regel über einen Gesamt-Loan-to-Value von unter oder um 50 Prozent. Es kann also vereinfachend angenommen werden, dass auf Einzelobjektbasis auch eine pfandbrieftaugliche besicherte Finanzierung möglich wäre. Da für solche Finanzierungen insbesondere in Deutschland ein sehr liquider Markt mit weiterhin attraktiven Konditionen zur Verfügung steht, sind die zuletzt beobachtbaren Konditionen für Anleihen durchaus auch bei einer besicherten Finanzierung erzielbar.

Für Anleihen, deren Bonitäten klar unter Investment-Grade anzusiedeln sind, ist ein Benchmarking mit dem Kreditmarkt diffiziler. Insbesondere wenn ein hohes Ausmaß an struktureller Subordination gegeben ist - und es somit auf Ebene der Immobilien besicherte Finanzierungen gibt, die gegenüber der unbesicherten Anleihe auf Mutter-Ebene vorrangig sind -, steht das durch die Anleihen aufgenommene Geld wirtschaftlich gesehen zwischen dem besicherten Fremdkapital und dem eigentlichen Eigenkapital und hat folglich den Charakter von Mezzaninkapital. In diesem Fall kann es für ein Unternehmen auch durchaus Sinn machen, Anleihen zu emittieren, die höher verzinst sind als die Immobilienrendite des zugrunde liegenden Portfolios. Dies gilt, solange der Return on Capital nach Berücksichtigung der besicherten Finanzierung höher ist als die Kosten der Anleihe, da es dann immer noch zu einem positiven Leverage Effekt kommt.

Ein weiterer Unterschied liegt in der Tilgungskomponente. Anleihen sind endfällig, während bei besicherten Finanzierungen in der Regel eine laufende Tilgung vorgesehen ist. Börsennotierte Immobilienunternehmen stehen in der Regel unter der Erwartungshaltung der Aktionäre, eine möglichst hohe Dividende auszuschütten, was einen entsprechenden laufenden freien Cash-Flow bedingt. Da dieser jedoch durch laufende Tilgungen geschmälert würde, ist für eine börsennotierte Gesellschaft eine tilgungsfreie Finanzierung vorteilhaft.

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Tatsache, dass Kreditfinanzierungen typischerweise variabel verzinst sind, Anleihen hingegen als klassische Fixed-Income-Instrumente einen fixen Kupon haben. Bilanzielle und andere Probleme aus einer zusätzlichen Zinsabsicherung mittels Derivaten entfallen somit.

Setzt man sich zum Ziel, Anleihen mit einem Rating im Investment-Grade Bereich zu emittieren, wird ein gleichberechtigtes Nebeneinander von besicherter Bankfinanzierung und Anleihen so gut wie unmöglich. Die oben angesprochene strukturelle Subordination ist eine der wichtigsten Faktoren bei der Bonitätsbeurteilung einer Anleiheemission und zwingt somit Unternehmen, eine prinzipielle Entscheidung hinsichtlich der Finanzierungsstruktur zu treffen. Wenn bereits ein Großteil des Vermögens als Sicherstellung für bevorrechtete Gläubiger verpfändet wurde, ist ein Wechsel zu einer auf Anleihen basierten Finanzierungsstrategie nur mehr eingeschränkt möglich beziehungsweise mit erhöhten Transaktionskosten verbunden. In solchen Fällen sollte Bedacht darauf genommen werden, Anleihen eine untergeordnete Rolle im gesamten Finanzierungsmix zukommen zu lassen, da ansonsten eine Refinanzierung nur in einem optimalen Marktumfeld gewährleistet ist.

Besicherte Anleihen

Eine Möglichkeit, die Vorteile von besicherten Finanzierungen mit den Vorteilen einer Kapitalmarktfinanzierung zu verbinden, sind besicherte Anleihen. Durch eine solche Struktur kann im Idealfall ein Instrument geschaffen werden, das einerseits fungibel ist, aber gleichzeitig eine im Vergleich zu unbesicherten Anleihen oder ABS-Papieren günstigere regulatorische Eigenkapitalunterlegung auslöst. Zwar waren die in den vergangenen Monaten platzierten besicherten Immobilien-Anleihen weitgehend auf die (regulatorischen) Anforderungen von zuvor fixierten Anker-Investoren maßgeschneidert, es ist jedoch durchaus zu erwarten, dass in Zukunft auch größere Emissionen mit einer solchen Struktur breiter am Markt platziert werden können.

Infrage kommen besicherte Anleihen insbesondere dann, wenn im Unternehmen ein hinsichtlich Größe und Qualität geeignetes Portfolio vorhanden ist, das entweder unbelastet oder bei dem eine gleichzeitige Refinanzierung durch die Anleihe möglich ist (also zum Beispiel keine Kredite mit unterschiedlichen Laufzeiten vorhanden sind, bei denen eine Refinanzierung zu hohen Auflösungskosten führen würde). Ein weiterer zu beachtender Aspekt sind mögliche Einschränkungen aus Pari-Passu-Regelungen bereits bestehender (unbesicherter) Anleihen, die die Stellung von Sicherheiten für weitere Kapitalmarktverbindlichkeiten regelmäßig ausschließen.

Anleihen stellen ein wesentliches Instrument für kapitalmarktorientierte Immobilienunternehmen dar, die Abhängigkeit von Banken auf der Finanzierungsseite zu reduzieren. Angesichts der nicht zu unterschätzenden Refinanzierungsrisiken muss der Stellenwert von Anleihen in der Finanzierungsstrategie eines Unternehmens jedoch gut überlegt sein.

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