Schwerpunkt Genossenschaften

Anforderungen an einen Finanzierungspartner - aus Sicht einer Wohnungsgenossenschaft mit Spareinrichtung

Die Spar- und Bauverein eG Dortmund zählt aus dem Kreise der 48 Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung in Deutschland zu den ältesten und größten Unternehmen dieses Geschäftsmodells. Seit Gründung im Jahr 1893 ist der eigene Wohnungsbestand auf 11629 Wohnungen zuzüglich gewerblicher Einheiten und Garagen angewachsen; zudem konnte ein vielfältiges Dienstleistungsangebot "rund ums Wohnen" etabliert werden.

Solidität und langfristige Zuverlässigkeit

Die nachhaltige Bestandshalterabsicht im Zusammenspiel mit der strategischen Handlungsmaxime, die Wohnqualität in Anlehnung an den sich wandelnden Zeitgeist kontinuierlich weiterzuentwickeln, kann dank hoher jährlicher Reinvestitionsquoten erfüllt werden. Angesichts des beträchtlichen jährlichen Investitionsvolumens zählen die Auswahl geeigneter Finanzierungspartner sowie die Optimierung der Finanzierungsparameter zu den Stellschrauben für nachhaltigen Unternehmenserfolg. Die folgenden Anforderungen sind bei Entscheidung für einen Finanzierungspartner von besonderer Bedeutung.

Wohnungsbaugenossenschaften verfolgen - gegenüber reinen Immobilienhandelsgesellschaften - keine Gewinnmaximierung. Primäres Geschäftsziel ist vielmehr die nachhaltige, generationenübergreifende Förderung der Mitglieder sowie die Werterhaltung und -entwicklung der eigenen Immobilien. Das strategische Management ist gleichermaßen auf die Solidität in der Geschäftsführung und die langfristige Ertragskraft zur Entwicklung tragfähiger Zukunftsperspektiven ausgerichtet. Finanzierungsentscheidungen werden folgerichtig nicht allein auf Grundlage alternativer Produkte und Konditionen getroffen; maßgebend ist immer auch die Gesamtperformance des Finanzierungspartners. Welche Verlässlichkeit bietet das Geschäftsmodell des Finanzierungspartners? Hat sich das Geschäftsmodell, etwa im Zuge der letzten Finanz- und Wirtschaftskrise, bewährt? Konnten Stützungsmaßnahmen durch die Notenbank oder eine Rekapitalisierung mit Steuergeldern in den Jahren 2009 und 2010 vermieden werden? Welches Standing genießt der potenzielle Partner (Rating der Bankinstitute, Kreditwürdigkeit, direkter Zugang zum Geldmarkt) im Kreise der Bankinstitute und über welche Erfahrungen können Kollegen aus der Branche berichten?

Finanziert ein möglicher Darlehensgeber aus Eigenmitteln oder refinanziert er sich über einen Dritten? Während das aus Eigenmitteln finanzierende Institut hinsichtlich der Vertragsgestaltung und der Nebenabreden grundsätzlich frei entscheiden kann, stellt sich im Falle der Refinanzierung über zum Beispiel Hypotheken- oder Zentralbanken die Frage der Individualität und Flexibilität in der Vertragsgestaltung. Im Vorfeld einer Finanzierung ist ebenfalls zu klären, ob das finanzierende Institut den Verkauf und die Weitergabe von Forderungen beziehungsweise der eingetragenen Grundpfandrechte verbindlich ausschließt.

Rechtsformspezifisches Grundverständnis

Das Zustandekommen einer Geschäftsbeziehung ist abhängig vom branchen- und rechtsformspezifischen Grundverständnis des potenziellen Finanzierungspartners. So muss im Rahmen des bankinternen Ratingprozesses vorausgesetzt werden können, dass Bilanz- und Ergebniskennzahlen entsprechend des satzungsmäßigen Genossenschaftsauftrages interpretiert werden: Hohe stille Reserven und langfristige Wirtschaftlichkeit statt kurzfristiger Renditemaximierung; "Member value" anstelle von "Top-Mieten"; eine investitionsbedingt vergleichsweise geringe Eigenkapitalquote, der jedoch ein werthaltiges Anlagevermögen gegenübersteht.

Die Bemessung der rechtsformspezifischen Charakteristika wird auch für kommende Anforderungen an die Finanzierungsgewährung (zum Beispiel "Kernkapitalquote" gemäß "Basel III") unverzichtbare Voraussetzung einer Finanzierungspartnerschaft bleiben.

Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung betreiben angesichts hoher Spareinlagen ihrer Mitglieder ein professionelles Geldanlageportfoliomanagement. Es wird von einem möglichen Finanzierungspartner deshalb erwartet, dass er über den "Tellerrand des einzelnen Finanzierungsgeschäftes" hinaus

weitere Anknüpfungspunkte für eine Geschäftsbeziehung erkennt und vorantreibt: So sind etwa Koppelgeschäfte denkbar, zum Beispiel bei Abschluss eines Finanzierungsgeschäftes über gekoppelte Sonderkonditionen im Geldanlagesegment. Selbstverständlich werden sowohl positive als auch negative Erfahrungen aus einer Zusammenarbeit in anderen Geschäftsfeldern auf den Entscheidungsprozess für ein Darlehensgeschäft übertragen.

Bankberater statt Verkäufer

In der Zusammenarbeit mit einem Finanzierungspartner kommt es auf passgenaue Finanzierungslösungen an, auf die Abrundung des Passivportfolios hinsichtlich Laufzeit, Gläubigerstruktur, Finanzierungsvolumina, Konditionengestaltung und Sicherheitenmanagement. Aus der Bestandshalterabsicht heraus investieren Wohnungsgenossenschaften überwiegend ins Anlagevermögen, präferieren daher mehrjährige Planungssicherheit und im Darlehensmanagement entsprechend längerfristig festgeschriebene Finanzierungskonditionen.

Es gilt, gerade in Niedrigzinsphasen das günstige Zinsniveau für die Zukunft festzuschreiben. Für die "Verkäufer unter den Bankberatern" steht dagegen die Generierung möglichst vieler Kreditabschlüsse im Vordergrund, sei es durch Neuabschlüsse oder Umfinanzierungen bei variabel verzinslichen, nicht längerfristig fixierten Finanzierungskonstrukten.

In diesem Zusammenhang wird auf die gezielten "Neukundenwerbeaktionen mit Sonderkonditionen bei Erstvertrag" verwiesen, mit denen einige Großbanken um die Wiedergewinnung von solventen Privatkunden werben. Solche Verkaufsaktivitäten widersprechen, übertragen auf das Firmenkundensegment, der Mentalität des längerfristige Finanzierungspartnerschaften begleitenden Bankberaters.

Partnerschaftliche Bankberatung bedeutet immer auch gegenseitigen Austausch, unaufgeforderte Information bei Veränderung von relevanten Faktoren sowie offene Kommunikation über Finanzierungsalternativen. Ausgehend von einer gegebenen Immobilienrendite sind Möglichkeiten einer Optimierung der Finanzierungsstruktur je Darlehensgeschäft beziehungsweise je betreutem Darlehensportfolio unter folgenden Fragestellungen aufzuzeigen: Wie ist die Finanzierungsstruktur zu gestalten, um die bestmögliche Risikostreuung respektive -vermeidung in Abstimmung mit der Risikostrategie der Wohnungsgenossenschaft zu gewährleisten? Inwieweit führt - ausgehend von einer gegebenen Rentabilitat für die Gesamtfinanzierung - der zusätzliche Einsatz von günstigem Fremdkapital zu einer Verbesserung der Eigenkapitalrendite (Leverage-Effekt)?

Qualifizierte Bankberater haben die im Sinne des Kunden attraktivsten Finanzierungslösungen anzubieten, lassen dabei aus dem Blickwinkel der Bank weniger lukrative Varianten nicht außen vor. Auch bei weniger provisionsträchtigen Finanzierungsgeschäften, etwa der Weiterleitung von KfW-Finanzierungsanträgen oder der projektspezifischen Generierung von Fördergeldern, sollte sich der Finanzierer als Kooperationspartner anbieten. Gleiches gilt für die Beratung über Forwardvereinbarungen oder den Einsatz von Zinsswaps zur Sicherung attraktiver Zinssätze.

Attraktivität der Produktgestaltung

Ein Finanzierungsangebot ist umso attraktiver, je trefflicher Spezifika von Wohnungsgenossenschaften in die Produktgestaltung einfließen: So sollte grundsätzlich eine Finanzierung bis 80 Prozent des Beleihungswertes möglich sein, damit im Zuge eines adäquaten Sicherheitenmanagements die Grundbücher optimal genutzt werden können.

Ein Darlehen im nachrangigen Bereich bringt mitunter erhebliche Risikozuschläge im Zins mit sich. Von besonderer Bedeutung bei Festsetzung von Beleihungsgrenzen ist die möglichst exakte Ermittlung des tatsächlichen Finanzierungsbedarfs, denn Nachfinanzierungen führen den Darlehensnehmer zwangsweise in die Abhängigkeit des erstrangigen Finanzierers. In diesem Zusammenhang sollte ein Darlehensvertrag die Möglichkeit vorsehen, einen nicht benötigten Darlehensbetrag ohne Kosten "zurückzugeben", also eine eventuelle "offene Zusage" nicht in Anspruch zu nehmen.

Ein wesentlicher Aspekt zur Beurteilung der Produktattraktivität ist die vertragsgemäß festgeschriebene Vereinbarung, in welchem Zeitraum und in wie viel Abschnitten ein Darlehen abgerufen werden kann. Im Idealfall geschieht dies nach Baufortschritt und ist ohne zusätzliche Kosten möglich. Weitere Indikatoren für die Angebotsgüte sind die eventuelle Bemessung von Bereitstellungszinsen für noch nicht ausgezahlte Darlehensteile, die Höhe einer eventuellen Exit Fee, die bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens durch den Kreditnehmer zu zahlen ist oder eventuelle Vorfälligkeitsentschädigungen im Falle außerplanmäßiger Tilgungen vor Ende der Zinsbindung.

Transparenz und Kundennähe

Jede Finanzierung sollte klar durchschaubar, verständlich und nachvollziehbar sein. Die Gesamtkosten der Finanzierung müssen für den Darlehensnehmer eindeutig ersichtlich, weitere Belastungen, etwa die Kosten der Eintragung, extra ausgewiesen sein.

Die Wohnungsgenossenschaft erwartet vom Finanzierungspartner Erläuterungen aus dem internen Reporting, zum Beispiel hinsichtlich des jährlichen Ratings der Genossenschaft, damit die jeweilige Einschätzung nachvollzogen werden kann. Im Rahmen gemeinsamer Abstimmungsgespräche werden darüber hinaus aussagefähige Unterlagen zur Geschäftssituation und Zukunftsperspektive des Finanzierungspartners sowie Ergebnisse aus dem externen Bankreporting gewünscht.

Der persönliche Kontakt in der Kundenbeziehung und die Transparenz der Geschäftsprozesse fördern eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre. Die Qualität des Kundenservices bestätigt sich im Umgang mit Sonderleistungen: So ist in Wohnungsgenossenschaften etwa negativ aufgefallen, dass nicht jede Bank angeforderte Jahressammelbestätigungen zu Aktiv- und Passivportfolio kostenfrei zur Verfügung stellt.

Die an den Finanzierungspartner gestellte Anforderung der Kundennähe gelingt immer dann besonders gut, wenn das Finanzierungsgeschäft sowohl in der Anbahnungs- als auch der Umsetzungsphase von einem festen Ansprechpartner begleitet wird. Eine räumliche Nähe zum Finanzierungspartner ist aus Sicht der standortgebundenen Wohnungsgenossenschaft wünschenswert, jedoch nicht in jedem Falle zwingend erforderlich.

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