Aus der Marken- und Werbeforschung

Markenboykott ist meist nachhaltig

37 Prozent der Verbraucher in Deutschland haben schon einmal eine Marke boykottiert, wenn diese negativ in die Schlagzeilen geraten ist. Das geht aus der Studie "Brand Boycotters" von Yougov hervor, für die vom 27. Juli bis 19. August 2020 repräsentativ für die Bevölkerung ab 18 Jahre insgesamt 10 157 Verbraucher in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich, Italien, Spanien, Dänemark, Norwegen und Finnland befragt wurden, davon 2 040 in Deutschland. Mit diesem Wert liegt Deutschland genau im europäischen Durchschnitt. Im europäischen Vergleich sind es vor allem die Spanier (50 Prozent) und Dänen (45 Prozent), die sich aufgrund von Negativmeldungen von einer Marke abwenden. In Österreich (30 Prozent), Schweden (29 Prozent) und Norwegen (28 Prozent) sind die Konsequenzen deutlich weniger drastisch.

Mit Ausnahme von Italien und der Schweiz sind es in allen untersuchten Ländern vor allem Männer, die sich nach einem Skandal häufiger von einer Marke abwenden (41 Prozent gegenüber 32 Prozent bei den Frauen). Zudem ist Markenboykott eine Frage von Alter und Bildung. Menschen mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss wenden sich häufiger von Marken ab (46 Prozent) als die Gesamtbevölkerung (37 Prozent). In der Altersgruppe 45 bis 54 Jahre (41 Prozent) beträgt der Überhang gegenüber den 18- bis 24-Jährigen zehn Prozentpunkte.

Wenn es dazu kommt, dann ist der Vertrauensverlust meist nachhaltig. Die Mehrheit derjenigen, die schon einmal eine Marke boykottiert haben, nutzen diese noch nicht wieder (61 Prozent, in Deutschland 66 Prozent) oder haben ihren Konsum reduziert (28 Prozent, in Deutschland 26 Prozent). Nur 5 Prozent haben die Marke nach einer gewissen Zeit wieder genutzt und verwenden sie ebenso häufig wie früher. Besonders hoch ist der Anteil jener, die als Folge eines Skandals eine Marke weiterhin boykottieren, in Schweden (67 Prozent), Deutschland (66 Prozent) und Finnland (65 Prozent). Jeder Dritte gibt an, den Boykott fast für den Rest seines Lebens beibehalten zu wollen, mehr als jeder Vierte (27 Prozent) tut dies länger als ein Jahr, davon 15 Prozent (in Deutschland 17 Prozent) sogar länger als fünf Jahre.

Bei der Anzahl der Marken, die sie als Folge eines Skandals nicht mehr kaufen, sind die Verbraucher zurückhaltend. In Deutschland haben 28 Prozent aller Verbraucher schon einmal eine Marke boykottiert, 48 Prozent zwei bis drei Marken. Damit ist der Anteil derjenigen, die sich mehr als drei Marken verweigern, hierzulande mit am niedrigsten. Nur in Österreich sind es noch zwei Prozentpunkte weniger.

Finanzmarken sind in Deutschland vergleichsweise selten von einem Boykott betroffen. In Spanien (34 Prozent), Schweden (30 Prozent), Finnland (28 Prozent), Dänemark (27 Prozent), Italien (22 Prozent) sowie Norwegen (21 Prozent) zählt der Bereich Banken und Finanzen jedoch zu den drei Produktbereichen, die als direkte Folge eines Skandals nicht mehr genutzt werden.

Aus Sicht deutscher Konsumenten sind vor allem Umweltschäden (44 Prozent), Misshandlung von Tieren (32 Prozent) und ungerechte Personalbehandlung (29 Prozent) als Gründe für einen Markenboykott ausschlaggebend. Gründe für die Wiedernutzung sind aus Sicht der Deutschen vor allem die Änderung der für den Boykott entscheidenden Praktiken/Themen durch das Unternehmen (30 Prozent) oder eine Selbstverpflichtung zu einer solchen Änderung (25 Prozent). 27 Prozent der Verbraucher in Deutschland kehren zu einer Marke zurück, weil deren Produkte oder Dienstleistungen sich verbessert haben.

Die Generation Y (die Gruppe der 25-bis 39-Jährigen) boykottiert Marken etwa genauso häufig wie die deutsche Bevölkerung. Im konkreten Verhalten und der Haltung gibt es jedoch deutliche Unterschiede. So hat sich die Generation Y doppelt so häufig wie die deutsche Gesamtbevölkerung von 4 bis 5 Marken abgewendet (14 versus 7 Prozent). Zudem stellt diese Zielgruppe häufiger als die Gesamtbevölkerung die Nutzung von Online-Angeboten aus dem Bereich Social Media ein (19 versus 10 Prozent) und gibt häufiger Rassismus in der Unternehmenskultur als Grund für einen Markenboykott an (19 gegenüber 13 Prozent).

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