Direktbanken und Direct Banking

Eine zentrale S-Direktbank ist zwingend geboten

Die Sparkassen brauchen eine eigene, zentrale, bundesweit tätige Direktbank. Ein Verzicht darauf würde bedeuten, dass die S-Finanzgruppe willentlich ein Kundenpotenzial Wettbewerbern überlässt, das zum einen Ertragschancen verspricht und zum anderen immer größer wird.

Aus zwei Gründen werden zukünftig immer mehr Menschen in den Fokus von Direktbanken geraten:

Auch in Zukunft wird das Internet weiter an Bedeutung gewinnen. Aufgrund schneller Internet-Anschlüsse und Flatrate-Angebote sind nicht nur immer mehr Menschen online, sie verweilen auch länger im Netz und nutzen es immer selbstverständlicher. Sie informieren sich dort nicht nur oder vergleichen Preise, sondern tätigen zunehmend auch Geschäfte. War es vor wenigen Jahren für viele Menschen noch exotisch, ein Buch im Internet zu bestellen oder Geld zu überweisen, ist dies heute für viele alltäglich. Das Leben der Menschen ist damit näher an das Geschäftsmodell der Direktbanken herangerückt, ohne dass diese aktiv etwas dafür tun mussten.

Umgekehrt sind die Direktbanken ihren potenziellen Kunden ebenfalls entgegen gekommen. Mittlerweile bieten die meisten von ihnen nicht mehr nur Online-Brokerage und Tagesgeldkonten. Sondern auch Girokonten, Baufinanzierungen, Konsumentenkredite und Ähnliches sind seit langem im Angebot. Das Problem der lückenhaften Versorgung mit Geldautomaten wurde durch Kreditkarten gelöst, mit denen die Kunden an allen oder den meisten Geldautomaten kostenlos Bargeld abheben können. Und nun steigt eine Reihe von Direktbanken auch in das Beratungsgeschäft ein. Nachdenklich muss es da stimmen, wenn die Wirtschaftswoche Experten anführen kann, die der Beratung von Direktbanken eine Qualität bescheinigen, die sich mit der der Filialbanken messen kann.

18 Prozent sind abwanderungsgefährdet

Nun wird zu Recht immer wieder angeführt, dass die Sparkassen die wahren Direktbanken seien. Denn bei ihnen haben die Kunden die Auswahl, wie sie mit ihrer Bank in Kontakt treten wollen, unter anderem eben auch ganz direkt von Angesicht zu Angesicht.

Richtig ist, dass die Sparkassen in den vergangenen Jahren mit hohem Aufwand die Multikanalstrategie umgesetzt haben und es ihren Kunden neben den Filialen selbstverständlich ermöglichen, ihre Bankgeschäfte über das Internet, über die Selbstbedienungsterminals in den Filialen und manchmal auch per Telefon zu führen

- aber eben zu höheren Preisen als die Direktbanken. Dafür bieten sie zwar mehr Komfort und eine größere Nähe, aber der Erfolg von zum Beispiel Billig-Fluggesellschaften zeigt, dass es durchaus Menschen gibt, die auf Komfort verzichten, wenn der Preis niedriger ist. Die Sparkassen haben in den vergangenen Jahren auch aus diesem Grund kontinuierlich Marktanteile verloren und zurzeit gelten etwa 18 Prozent ihrer Kunden als abwanderungsgefährdet, zum Teil bereits als verloren. Bei den 20- bis 29-jährigen sind es sogar 24 Prozent.

Die Sparkassen werden diese Menschen mit ihrem Modell der ganzheitlichen Beratung in der Filiale in unmittelbarer Nähe zu Wohnort oder Arbeitsstätte nicht voll überzeugen können. Sie sind für Sparkassen klassischer Prägung verloren. Jetzt gilt es, sie in der S-Finanzgruppe zu halten und das Geschäft mit ihnen nicht wie bisher den Wettbewerbern zu überlassen.

Vorwurf der Kannibalisierung läuft ins Leere

Der Vorwurf der Kannibalisierung läuft ins Leere, denn diese Kundengruppen sind nicht zu halten. Anders gesprochen: Diese Kunden wechseln nicht deshalb zu einer Direktbank, nur weil diese von den Sparkassen betrieben wird, sondern würden ohnehin wechseln, aber dann zu einem Wettbewerber.

Auch die bestehenden Direktbanken in der Sparkassen-Organisation und ihre expansive Entwicklung unterstreichen diese Wettbewerbslage. Parallel dazu müssen die stationären Einrichtungen in der S-Finanzgruppe durch Convenience-Strategien die Kunden stärker binden.

Direktbank-Kunden sind hochattraktive Zielgruppe

Die Abwanderung direktbankafiner Kunden kann den Sparkassen nicht egal sein, denn Auswertungen zeigen, dass es sich bei diesen um eine hochattraktive Kundengruppe handelt: Je höher das Kapitalanlagevermögen, desto stärker ist die Tendenz zum Wechsel zu einer Direktbank.

Das Gleiche gilt in Bezug auf den Wertpapierbesitz. Kunden mit Wertpapierbesitz haben öfter eine Verbindung zu einer Direktbank als andere. Zusammengefasst: Besonders abwanderungsgefährdete Kunden sind jung, haben ein tendenziell höheres Vermögen und/oder Einkommen und sind besonders wertpapierafin.

Partizipation der Sparkassen nach Deka-Vorbild?

Eine eigene Direktbank der Sparkassenorganisation ist daher zwingend geboten. Sie sollte mit dem roten S auftreten und ihre Herkunft aus dem Sparkassenlager keinesfalls leugnen - wie auch der S-Broker. Die Konditionen müssen sich selbstverständlich an den Angeboten der Mitbewerber orientieren.

Die Anreize müssen so gesetzt sein, dass es für die Berater in den Sparkassen nur dann attraktiv ist, ihre Kunden an die Direktbank abzugeben, wenn sie für das Haus ohnehin verloren sind.

Je nach Art der Geschäfte, die der Kunde bei der Direktbank tätigt, sollten die Sparkassen über eine Einmalzahlung oder über eine Provision - ähnlich dem bei der Deka praktizierten Modell - an dem Ertrag, den die Direktbank aus der Kundenbeziehung generiert, partizipieren.

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