Direktbanken

Verschenktes Potenzial im Firmenkundengeschäft

Mehr als jede vierte Direktbank in Deutschland bietet auf Firmenkunden zugeschnittene Finanzlösungen an. 42 Prozent der Unternehmen wissen jedoch nicht, dass Direktbanken gezielt Angebote für Firmenkunden entwickelt haben. Sie gehen davon aus, dass sich die Institute ausschließlich auf Privatpersonen konzentrieren. Den Direktbanken entgehen damit wichtige Geschäftspotenziale im Firmenkundengeschäft.

Um sich vom Discounter-Image für Privatkunden zu lösen und mehr Aufmerksamkeit bei den Unternehmen zu wecken, bieten sich Instituten ohne Filialnetz zwei Marketing-Kanäle besonders an: das Internet und die Weiterempfehlung von Bestandskunden. Denn 92 Prozent der Firmenkunden von Direktbanken sind über einen dieser beiden Kanäle auf ihr Institut aufmerksam geworden. Das ist das Ergebnis der Studie "Electronic Banking 2010". Die PPI AG hat dafür in Zusammenarbeit mit ibi research Direktbanken-Angebote analysiert und 150 Unternehmen zu deren Nutzung befragt.

Die größte Bedeutung für die Ansprache potenzieller Firmenkunden hat das Internet. 61 Prozent der Direktbankkunden sind durch Onlinerecherchen auf ihr Institut aufmerksam geworden.

An zweiter Stelle für den Akquisitionserfolg liegen persönliche Empfehlungen. Denn knapp jeder dritte Kunde eines Direktinstituts entschied sich aufgrund einer Weiterempfehlung durch Geschäftsfreunde oder Bekannte für eine Bank ohne Filialnetz.

Dagegen steuern Anzeigen oder der Einsatz von Direktmailings kaum zur erfolgreichen Kundengewinnung bei. Die Institute sollten daher genau überlegen, wie sie die Onlinekanäle und Empfehlungseffekte in Zukunft bestmöglich nutzen, um potenzielle Firmenkunden für die Direktbank zu gewinnen.

Mehr Zeit und Geld in Kundenansprache investieren

Für die Kommunikation mit Unternehmen investieren nur wenige Institute Zeit und Geld. So geht nur eine Minderheit aktiv auf potenzielle Unternehmenskunden zu und erschließt damit margenträchtiges Geschäftspotenzial. Um zur Top-Firmenkundenbank zu werden, sollten die Vertriebsabteilungen der Institute mit dieser Zielsetzung stärker auf ihren Leistungsauftritt im Internet achten. Es gilt beispielsweise, die Lösungen zu präsentierten, mit denen sich Direktbanken im Wettbewerb von den traditionellen Anbietern unterscheiden und so als attraktive Alternative zu den Filialbanken wahrgenommen zu werden. Denn ein Angebot, von dem niemand weiß, kann auch keiner nutzen.

Doch nicht nur bei der Kundenansprache über das Internet zeigen Direktinstitute erheblichen Nachholbedarf. Empfehlungen durch Kunden lassen sich ebenfalls forcieren, indem Banken bei ihren Bestandskunden aktiv darum werben. Dafür gilt es zunächst einmal zu ermitteln, wer die bisherigen Empfehlungsgeber sind und weshalb sie das Institut ihren Freunden und Bekannten nahegelegt haben. Gleichzeitig lässt sich so ermitteln, warum andere Kunden zu keiner Empfehlung bereit waren. Ein möglicher Grund könnte beispielsweise sein, dass die Bank für ihre Kunden keine Anreize schafft, die eigenen positiven Erfahrungen an potenzielle Interessenten weiterzugeben. Mit diesem Wissen lassen sich Empfehlungen gezielt steuern. Von seinen Kunden empfohlen zu werden, ist dabei nicht nur eine besonders wirkungsvolle, sondern zugleich auch preiswerte Methode, Neukunden zu gewinnen.

Firmenkunden durchaus an Direktbanken interessiert

Immer dann, wenn Direktinstitute die bestehenden Potenziale im Firmenkundengeschäft nutzen, stehen die Chancen gut, dass sie sich zu ernstzunehmenden Wettbewerbern klassischer Filialbanken entwickeln. Denn prinzipiell stehen die Unter nehmen den Instituten ohne Filialnetz positiv gegenüber. Gut die Hälfte der Firmen, die derzeit noch keine Kundenbeziehung zu einer Direktbank unterhalten, kann sich dies künftig vorstellen. Wichtigster Grund dafür sind die günstigen Angebote.

So sind für 88 Prozent der Unternehmen bessere Konditionen als bei einer Filialbank ausschlaggebend dafür, ein Direktinstitut zu nutzen. Und wenn die Firmen sich erst einmal für eine Direktbank entschieden haben, werden ihre damit verbundenen Erwartungen in der Regel nicht enttäuscht. Vier von fünf Firmenkunden würden ihr Institut sogar weiterempfehlen.

Den einzelnen Leistungen geben die Betriebe durchweg gute Noten. Mit der einfachen Durchführung von Transaktionen sind die Kunden besonders zufrieden. In Schulnoten ausgedrückt, bekommen die Direktinstitute für diesen Aspekt ein "sehr gut". Fast ebenso positive Rückmeldungen gibt es für die günstige Gebührenstruktur vieler Banken ohne Filialnetz. Die Abwicklung der Kontoeröffnung, die Möglichkeiten zur Absicherung der Transaktionen und der Umfang an gebotenen Bankdienstleistungen werden mit "gut" benotet. Keine der angebotenen Leistungen stufen die Direktbankkunden hingegen schlechter als "befriedigend" ein.

Nach konkreten Attributen befragt, beurteilen die Firmenkunden daher ihre Direktbank insgesamt als einfach, lukrativ und unaufdringlich.

Wollen die Direktinstitute mit diesen Vorschusslorbeeren verstärkt ins Firmenkundengeschäft vordringen, sollten sie zunächst detailliert analysieren, welche Angebote von Unternehmensseite besonders gefragt sind.

Girokonten, kurzfristige Anlagen und Kreditkarten am häufigsten genutzt

Die größte Nachfrage besteht derzeit bei Girokonten. Zwei Drittel der Firmenkunden führen ein solches Konto. Weitere elf Prozent können sich die Eröffnung eines Girokontos bei einer Direktbank vorstellen. Aufgrund der günstigen Konditionen sind sie für Unternehmen besonders attraktiv, denn die Kontoführung ist in der Regel kostengünstiger als bei einer Bank mit Filialnetz.

Neben dem Girokonto unterhält außerdem knapp jedes zweite Unternehmen bei seinem Direktinstitut ein Tagesgeld- oder Geldmarktkonto. Dagegen werden Firmenkreditkarten, Kreditkonten, Wertpapierdepots oder Termingeldkonten derzeit noch von wenigen Unternehmen genutzt. Allerdings dürfte sich auch bei diesen Angeboten künftig einiges ändern. So ziehen beispielsweise 34 Prozent der befragten Unternehmen in Erwägung, zumindest in Zukunft ein Kreditkonto zu eröffnen.

Chancen im Finanzmanagement

Im Finanzmanagement bieten sich den Direktinstituten zusätzliche Chancen, die Unternehmen bei der Abwicklung ihrer Bankgeschäfte noch stärker zu unterstützen. Knapp 90 Prozent der analysierten Banken ermöglichen zwar bereits den Download von Umsatzdateien wie beispielsweise zur Weiterverarbeitung in unternehmensinternen Systemen, jedoch fast ausschließlich manuell über ihr Portal.

Warnhinweise, die etwa per SMS die Bewegungen festgelegter Kontostände oder Zahlungseingänge anzeigen, bieten erst vier von zehn Instituten. Dabei würden 43 Prozent der befragten Unternehmen künftig gerne automatisierte Benachrichtigungen bei bestimmten Zahlungseingängen und 35 Prozent bei Überschreitung oder Unterschreitung bestimmter Kontostände nutzen. Hier haben Institute die Gelegenheit, auf die Bedürfnisse der Firmenkunden mit passgenauen Angeboten zu regieren.

Lücken im Angebot

Die Studienergebnisse zeigen zudem, dass bei der Dienstleistung zur Ermittlung von IBAN und BIC noch eine Lücke zwischen den Wünschen der Firmenkunden und den Angeboten der Direktbanken besteht. So wird dieser Service bereits von mehr als zwei Drittel der Unternehmen bei anderen Instituten genutzt. Aber keine einzige der untersuchten Direktbanken bietet diesen Service an. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Abfrage valutarischer Salden. 57 Prozent der Firmen nehmen diesen Dienst bei anderen Banken in Anspruch oder würden ihn zukünftig gerne nutzen. Aber erst ein Direktinstitut hat die Abfrage im Angebot.

Möglichkeiten zum automatischen Kontenausgleich oder Liquiditätsprognosen, an denen immerhin noch zwischen 31 und 40 Prozent der Unternehmen interessiert sind, unterstützt ebenfalls keine der Direktbanken. Ebenso wie im Finanzmanagement besteht auch im Bereich Kontoverwaltung noch Optimierungspotenzial. Keines der Institute bietet beispielsweise die Einrichtung eines Zugriffs für Steuerberater, die Erteilung beziehungsweise Änderung von Vollmachten, die Rückgabe von Lastschriften oder die Anpassung des Dispositionskredits an. Dabei zeigt die Befragung der Firmenkunden, dass bei den Unternehmen durchaus ein praktischer Bedarf besteht, diese Angebote zu nutzen.

Mobile Banking von geringer Bedeutung

Überraschend sind die Aussagen der Firmenkunden zum Thema Mobile Banking. So nutzten 75 Prozent der Direktbankkunden den Zugriff von unterwegs seltener als einmal im Monat. Bei Filialbanken beträgt dieser Prozentsatz 57 Prozent. Mobilen Handyzugriff zur regelmäßigen Kontostandabfrage werden gerade einmal von acht Prozent der Direktbank- und zehn Prozent der Filialbankkunden genutzt.

76 Prozent der Befragten geben an, dass Zugriffe von unterwegs nicht erforderlich sind. Sicherheitsbedenken stellen mit 38 Prozent den zweitwichtigsten Grund dar, auf mobile Zugriffe zu verzichten. Beim Ausbau des Angebots sollten Kreditinstitute daher den noch recht geringen Bedarf berücksichtigen, andererseits jedoch die Sicherheitsbedenken im Blick haben, unabhängig ob Filial- oder Direktbank.

Bisher nur Zweitbank

Als Fazit lässt sich festhalten: Direktbanken haben gute Chancen, mit einer gezielten Ausrichtung auf die Wünsche von Firmenkunden neue Marktanteile zu erobern. Dabei profitieren sie von der allgemeinen Wahrnehmung in Unternehmenskreisen, für kostengünstige Leistungen zu stehen. Mit dem Ausbau der Angebotspalette, die sich an den besonderen Wünschen der Firmenkunden orientiert, haben Direktinstitute zudem gute Möglichkeiten, die Unternehmen positiv zu überraschen.

Derzeit sehen die Unternehmen die Institute zwar vor allem noch als Zweitbank an. Fast kein Firmenkunde vertraut ausschließlich auf eine Direktbank. Die große Mehrheit der Kontoinhaber bleibt ihrer Filialbank gleichzeitig treu. Die Studienergebnisse zeigen aber, dass Direktbanken durchaus Potenzial besitzen, sich das Firmenkundengeschäft besser zu erschließen. Im Bereich Electronic Banking ist dies bereits gelungen. Insgesamt bewerten die Firmenkunden die Electronic-Banking-Leistungen der Direktbanken mit "gut". Vor allem mit der Aktualität der Kontoinformationen, der Antwortzeit bei Datenübertragungen und der Rückmeldungen der Banken sind die Firmenkunden zufrieden.

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