Nachhaltigkeit

Verantwortliches Investieren - Chancen auf ein Erfolgsmodel?l

Am 20. April 2010 verloren bei der Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon elf Menschen das Leben. Danach floss das Öl aus einem Leck in der Tiefsee monatelang nahezu ungehindert ins Meer. Die bisher größte Umweltkatastrophe der Geschichte kostet den Konzern 20 Milliarden Dollar. Diese Summe muss BP bereitstellen, um Schäden abzudecken. Strafzahlungen sind darin noch nicht enthalten. Der Aktienkurs brach zwischenzeitlich auf fast die Hälfte seines Wertes ein. Denn vor der missglückten Tiefseebohrung stand BP bei Anlegern hoch im Kurs. Das Unternehmen hatte im ersten Quartal sechs Milliarden Euro verdient und die Erwartungen deutlich übertroffen. Zudem war der Konzern für ansehnliche Dividendenzahlungen bekannt. Daher waren auch britische Pensionskassen investiert. Und weil Rentner der Insel Geld verloren, hagelt es seither Kritik. Warum haben Asset Manager Risiken nicht stärker hinterfragt, schimpft vor allem die Dachorganisation Fairpensions.

Keineswegs zu Unrecht: Das Institut hat seit Jahren Investoren zu mehr Engagement aufgefordert. Denn nicht nur das Unglück im mexikanischen Golf wäre ver meidbar gewesen, sagt Fairpensions. So explodierte 2005 die Texas City Oil Refinery von BP, und das Unternehmen musste 137 Millionen Dollar Strafe zahlen. 2006 ver ursachte ein Leck vor der Küste von Alaska eine Ölkatastrophe und veranlasste einen Pensionsfonds zu der Klage, das Un-ternehmen würde die Wartung seiner Pipelines "rücksichtslos vernachlässigen". Der Fall BP führt drastisch vor Augen, dass es nicht reicht, bei Investments allein das Zahlenwerk zu prüfen. Der Druck auf Asset Manager wächst, ihre Verantwortung bei der Kontrolle von Unternehmen, in die sie investieren, stärker wahrzunehmen.

Beispiel Großbritannien

Vor allem Großbritannien setzt neue Maßstäbe. Im Juli 2010 wurde der neue Ste-wardship-Code veröffentlicht, der institutionelle Investoren stärker in die Pflicht nimmt. Es wird ausdrücklich verlangt, dass Stimmrechte bei Unternehmen, in die investiert wird, wahrzunehmen sind. Zudem sind Entscheidungskriterien transparent zu dokumentieren. Im Oktober wurde eine erste Liste von Asset Managern ver öffentlicht, die eine Selbstverpflichtung eingegangen sind. 68 Namen sind darauf zu lesen: Von Aberdeen Asset Management bis zum West Midlands Pension Fund reicht die Liste. Sie müssen sich künftig systematisch mit den Prinzipien von Corporate Governance auseinandersetzen.

Die hohe Zustimmung seitens der Asset Manager kommt nicht von ungefähr. Sir David Walker, ein ehemaliger Aufsichtsratschef von Morgan Stanley, hat dafür gesorgt, dass der Kodex nicht zahnlos bleibt. Er schrieb Anfang des vergangenen Jahres einen Bericht für den britischen Premier minister, um die Einhaltung von Corporate-Governance-Kriterien zu verbessern. Walker griff dabei Regeln auf, die ursprünglich vom Institutional Shareholders, Committee formuliert wurden und übernahm sie in den Stewardship-Code. Doch ihre Einhaltung wird jetzt vom Financial Reporting Council (FRC) kontrolliert.

Diese Institution hat quasi ordnungspolitischen Charakter. "Comply or complain", heißt es seither für britische Asset Manager und Pensionsfonds sowie für alle internationalen Anbieter, die über eine Niederlassung auf der Insel verfügen: Grundsätzlich ist zwar die Teilnahme am Kodex eine Selbstverpflichtung und hat freiwilligen Charakter. Doch wer nicht unterschreibt, muss auf der Website des FRC öffentlich begründen, warum. Und ein solches Coming-Out dürften viele Anbieter scheuen.

Denn verantwortungsvoll zu investieren, hat auf dem größten Finanzplatz Europas ein hohes Gewicht. Schließlich kennt das britische Recht keine unabhängigen Aufsichtsräte, wie sie in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert bei Aktiengesellschaften existieren. Daher wurden die Vorstände in Großbritannien bereits 2003 verpflichtet, ihre Gehälter offenzulegen. Seither ging es auf einigen Hauptversammlungen hoch her. Die Regierung setzt auch bei der Ver pflichtung der Asset Manager bewusst auf die Debatte zwischen Investoren und Unternehmen.

Auswirkungen auf die Asset Manager

Doch was bedeutet es für Asset Manager, wenn sie eine solche Verpflichtung wie den Stewardship-Code unterzeichnen? Manche machen es sich leicht und übertragen ihre Stimmrechte an einen Anbieter sogenannter Proxy-Votant-Services. Das Stimmrecht geht dabei für eine Vielzahl von Fragestellungen in Abwesenheit des eigentlichen Aktionärs auf einen Dritten über, den sogenannten Proxy. Dieser ist üblicherweise für eine Vielzahl von Aktionären und Kapitalsammelstellen auf den Hauptversammlungen tätig und bündelt die abgegebenen Stimmrechte. Ob das jedoch langfristig reichen wird, ist fraglich.

Bank-Invest hat sich bewusst für einen anderen Weg entschieden. Die dänische Fondsboutique verantwortet seit 2005 eigene Nachhaltigkeitsfonds und hat sich ausdrücklich zum Ziel gesetzt, in Europa zu den Vorreitern in puncto Socially Responsible Investment (SRI), Engagement und Voting zu gehören. Das Haus will damit Maßstäbe setzen und seinen Anlegern dadurch Vorteile verschaffen. Das Thema Active Ownership unterliegt daher ebenso wie der herkömmliche Investmentprozess einer hauseigenen fundamentalen Analyse. Am 11. Februar 2008 unter schrieb das Unternehmen die "Principles for Responsible Investment" (PRI), eine Initiative in Partnerschaft mit der United Nations Environment Program Finance Initiative und dem United Nations Global Compact. Die PRI bestehen aus einer Reihe freiwilliger Selbstverpflichtungen und sollen institutionellen Anlegern eine Orientierungshilfe bieten, wie sie umweltbezogene, soziale und Faktoren guter Unternehmensführung - die ESG-Kriterien in Entscheidungsprozesse einbeziehen können.

SRI als Möglichkeit zur Verbesserung der Reputation

Doch wie weit können Asset Manager gehen, wenn sie solche Kriterien bei herkömmlichen Investments anlegen? Das Problem: Bekanntlich besteht kein direktes Besitzverhältnis zwischen einem Anleger, der einen Fonds kauft, und dem Emittenten einer Aktie, die im Portfolio liegt. Der Fondsanleger, sei er institutionell oder privat, kann daher kein direktes Mandat auf den jährlichen Aktionärshauptversammlungen ausüben - Grund genug für Asset Manager, ihre Kunden, die ja die eigentlichen Anteilseigner sind, zu befragen.

Ende 2009 führte Bank-Invest daher gemeinsam mit der Leuphana Universität in Lüneburg eine Erhebung unter 550 institutionellen Investoren durch. 66 Prozent der Befragten antworteten. Ergebnis: Die Mehrheit hält Corporate-Governance-Kriterien für wichtiger als umweltbezogene und soziale Faktoren. 84 Prozent sprechen sich dafür aus, Stimmrechte bei herkömmlichen Fonds nur dann auszuüben, wenn damit eine gewisse Relevanz für das Investment verbunden ist. Über 70 Prozent der Befragten betrachten SRI als Möglichkeit zur Verbesserung ihrer Reputation und zur Sicherung gegenüber einer kritischen Öffentlichkeit.

Nicht zuletzt durch diese Studie sah sich der Vermögensverwalter in seinem Engagement bestätigt und beschloss Anfang 2010, die PRI-Kriterien der UN-Resolution bei allen Investments anzuwenden. Das Research hierfür erbringt das Londoner Beratungsunternehmen EIRIS (Ethical Investment Research Services). Das von Investoren aus dem kirchlichen Umfeld gegründete ESG-Researchunternehmen ist darauf spezialisiert, Unternehmen im Hinblick auf aktuelle ESG-Performance und deren zukünftige ESG-Strategie und darüber hinaus auf Negativkriterien wie Rüstungsproduktion, Glücksspiel und Alkohol abzuklopfen. Aber auch die Einhaltung von Arbeitsrechten und ökologischen Standards sowie der Verstoß gegen Menschenrechte werden beobachtet.

Nicht-öffentlicher Dialog als Einstieg

Darüber hinaus wurde die Einhaltung einer verbindlichen Liste von Corporate-Gover -nance-Kriterien vereinbart. Betrug, Bestechungsdelikte, falsche Rechnungslegung und anderes Fehlverhalten stehen daher auf der schwarzen Liste. Die Partner entwickelten einen eigenen Voting-Prozess, um Kriterien beim Abstimmungsverhalten auf Hauptversammlungen zu dokumentieren. Bank-Invest gründete zudem ein Responsible Investment Committee, das prominent besetzt wurde, mindestens viermal im Jahr zusammentritt und Entscheidungskompetenz hat, wenn Interessen aufeinander prallen.

Der Londoner Dienstleister verfolgt seither jede Aktie und jede Anleihe, in die die Fondsmanager des Asset Managers investiert haben oder die sie auf ihre Kauflisten setzen. Stufen die Experten in London einen Wert als kritisch ein, unterzieht ein hauseigenes Team die Fondsposition nochmals einer Analyse. Dabei wird zunächst auf den nicht-öffentlichen Dialog gesetzt und die Unternehmen mit den Vorwürfen konfrontiert. Unerlässlich ist dabei stets die Einhaltung der Prinzipien guter Unternehmensführung (Corporate Governance).

Das vorrangige Entscheidungskriterium, um eigene Prüfungen in den Bereichen Umweltkriterien und soziale Aspekte zu initiieren, ist bei traditionellen Investments die finanzielle Relevanz. Einmal pro Quartal oder im Bedarfsfall bei Ad-hoc-Entscheidungen kommt das Responsible Investment Committee zusammen. Hier stellen die Fondsmanager kritische Positionen im Detail vor. Das Gremium fällt Entscheidungen über Sütibmumngrench, tsausß erordentliche Portfolioausschlüsse und andere Maßnahmen.

Ausschluss aus dem Portfolio möglich

Ziel ist es, Unternehmen, die wichtige Standards verletzen, rechtzeitig auszumachen. Während zahlreiche Nachhaltigkeitsinvestoren seit dem Unglück den gesamten Energiesektor meiden, will Bank-Invest auch weiterhin in den Sektor investieren, der nachhaltigen Cash-Flow erzielt. Auch Unternehmen, die neue Vor kommen erschließen und damit Risiken nicht ausschließen können, gelangen ins Portfolio. Sollen jedoch auf Kosten der nächsten Generation Gewinne erzielt werden und Unternehmen gängige Vorsichtsmaßnahmen außer Acht lassen, sind Investments schwierig. Eine der ersten Entscheidungen des Investmentkomitees fiel diesbezüglich bereits Ende März 2010. Damals wurde die Aktie des britischen Minenbetreibers Rio Tinto plc aus allen SRI-Portfolios des Hauses ausgeschlossen. Nach unbefriedigenden Dialogbemühungen stiegen später auch die übrigen Fonds des Hauses aus.

Der Grund: Rio Tinto betreibt in Indonesien die größte Gold- und Kupfermine der Welt. Die Anlage arbeitet mit besonders niedrigen Förderkosten. Doch gemäß EIRIS besteht der Verdacht, dass das Ökosystem rund um diese Mine nachhaltig negativ beeinflusst wird. Täglich fallen rund 700 000 Tonnen Abfälle an. Ein Großteil davon ist hoch giftig und wird durch die Flüsse Otomona und Aghawagon abtransportiert und im Ajkwa-Fluss entsorgt. EIRIS geht davon aus, dass durch Ablagerungen dauerhaft zwischen 21 und 63 Quadratkilometer Mangrovenwälder zerstört worden sind.

Erste Auswirkungen lassen sich bereits auf Satellitenbildern erkennen. Rio Tinto verstößt dabei gegen ein Gesetz. Denn die Praxis der Flussentsorgung (das sogenannte Riverine Disposal) ist auch in Indonesien gesetzlich verboten.

Doch Warnsignale, die EIRIS wahrnimmt, enden hier nicht immer mit dem Ausschluss aus dem Portfolio. So melden sich immer wieder kritische Stimmen zu Gazprom. Der WWF bemängelt, dass die Erschließung neuer Gasvorkommen auf der Sakhalin-Insel die letzte lebende Grauwal-Population gefährdet. Zudem berichten Medien, dass angeblich schwimmende Atomkraftwerke die Energie für den Gasabbau liefern sollen. Von anderer Seite ist zu hören, dass die schwedische Staatsanwaltschaft wegen Korruptionsversuchen ermittelt.

Gleichzeitig gilt Gazprom als das profitabelste Unternehmen der Welt. Im November 2010 übertrafen die Gewinnschätzungen für das Gesamtjahr nochmals die Erwartungen. Fondsmanager und Analysten sind begeistert vom Potenzial der Aktie. Gazprom ist der größte Erdgaslieferant weltweit und das Verbrennen von Gas ist deutlich CO2-ärmer als das Verbrennen von Öl oder Kohle. Nach jahrelangen Bauarbeiten soll zudem ab Herbst 2011 Flüssiggas durch die Ostseepipeline North Stream fließen.

Vier Fonds von Bank-Invest sind in Aktien und Anleihen von Gazprom investiert. Doch die Kritik stimmt nachdenklich. Kann man den Titel wirklich bedenkenlos halten? Die Firmenzentrale in Moskau wird direkt mit den Vorwürfen konfrontiert. Die Geschäftsführung lässt sich zwar Zeit, lässt dafür aber keine der kritischen Fragen offen:

"In puncto Grauwale haben wir im Juli 2010 die seismischen Studien abgeschlossen", heißt es in dem Schreiben. "Wir haben sie 2009 nach Protesten von Umweltschützern unterbrochen. Danach wurde von Sakhalin Energy und dem Western Gray Wale Advisory Panel ein Programm entwickelt, um die Beeinträchtigungen für die Grauwal-Population möglichst gering zu halten."

Im direkten Dialog

Die Stellungnahme zu den Korruptionsvorwürfen fällt ausführlicher aus: "Wir hatten 2008 mit einem Professor der Universität Gotland eine Studie vereinbart, für die wir 500 000 US-Dollar zahlen wollten. Danach wurde ein Ermittlungsverfahren gegen den Professor eingeleitet. Auch ein technischer Direktor der North Stream AG wurde dazu befragt. Die Anschuldigungen wurden im Juli 2009 fallen gelassen. Wir hatten jedenfalls nie die Absicht, etwas Falsches zu tun. Fakt ist: Die Universität und Gazprom haben ein Studienprojekt im Wert von fünf Millionen Dollar abgeschlossen, um die Auswirkungen der Pipeline durch die Ostsee auf das Ökosystem zu erforschen."

Für Bank-Invest räumen die Antworten erst einmal die Bedenken aus. Der Fall zeigt: Selbst die mächtigsten Unternehmen der Welt lassen sich auf einen Dialog ein, wenn kritische Anleger nachfragen. Die Fondsmanager nehmen daher Warnsignale, die EIRIS liefert, sehr ernst. So auch bei der deutschen Aktie Heidelberg-Cement.

Beispiel Heidelberg-Cement

Der Dax-Aufsteiger fiel nicht nur bei den Vorstandsgehältern auf der Hauptversammlung durch und musste nachbessern. Nach dem neuen Gesetz zur Vorstandsvergütung dürfen auch Ex-Vorstände, die nicht mindestens 25 Prozent der Anteile halten, erst mit einer Frist von zwei Jahren in den Aufsichtsrat wechseln. Hier gab es bei Heidel-berg-Cement einen Grenzfall. Denn der Konzern hatte 2007 das britische Baustoffunternehmen Hanson übernommen. Damals wurde vereinbart, dass der dortige CEO Alan Murray ein Jahr lang die Integration des Unternehmens begleiten und in den Vorstand bei Heidelberg-Cement eintreten sollte. Danach sollte er nach einer Pause von einem Jahr in den Aufsichtsrat wechseln. Dieser Wechsel fiel genau in die Zeit, als das Gesetz in Kraft trat. Was nicht bekannt war: Das Unternehmen hatte institutionelle Anleger, die zusammen mehr als 25 Prozent der Anteile hielten und die Nominierung unterstützten.

In punkto Emerging Markets liefert EIRIS ab 2011 das systematische Research. Einzelfälle zeigen schon jetzt, wie stark Anfragen kritischer Investoren die Lage verbessern können. So trieben bei der indischen ICICI Bank jahrelang Gangs Schulden säumiger Schuldner mit Gewalt ein. Viele Menschen wurden dabei schwer verletzt. Nach jahrelangem Hin und Her versicherte das Unternehmen gegenüber EIRIS jetzt glaubhaft, dass diese Praxis gestoppt worden sei. Søren Bertelsen, verantwortlich für den Bank-Invest Emerging Markets Corporate Debt (EMCD) Fonds fand die Anleihen lange schon attraktiv, hielt sich bis zu diesem verbindlichen Feedback des Unternehmens aufgrund ethischer Überlegungen mit Investments jedoch zurück. Nachdem der Fondsmanager den Titel eine ganze Weile beobachtet hatte, stellt ICICI Bank aktuell sogar die größte Position im EMCD-Fonds der Dänen dar.

Egal ob BP, Gazprom, Rio Tinto oder ICICI - wer verantwortlich investiert, hat langfristig die Nase vorn - auch wenn nicht jeder Skandal derart starke Auswirkungen zeigen wird wie das offene Bohrloch von BP.

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