Sepa

"Bei Privatkunden rechnen wir mit einem sehr geschmeidigen Übergang" - Interview mit Reiner Ramacher und Harald Roos

Wie Sepa-fit waren die Firmen- und Geschäftskunden der Postbank zum ursprünglich festgelegten Stichtag 1. Februar 2014?

Roos: Der überwiegende Anteil der Firmenund Geschäftskunden der Postbank hatte zu diesem Zeitpunkt bereits erfolgreich auf Sepa umgestellt.

- Bei den Überweisungen von Geschäftskunden betrug die Quote Anfang Februar bereits 96 Prozent.

- Bei den Lastschrifteinreichungen von Firmenkunden lag sie bei rund 95 Prozent.

- Und auch bei den Überweisungen stieg die Sepa-Quote Anfang Februar auf über 90 Prozent.

Es hat sich also bezahlt gemacht, das die Postbank von Anfang an auf allen Kanälen viel Kraft in die Kommunikation sowie in die direkte Unterstützung ihrer Kunden investiert hat. Auf Grundlage dieser sehr guten Umstellungsquoten hätten wir es auch geschafft, unseren noch nicht Sepa-fähigen Kunden über die "Sepa-Hürde" zu helfen. Bis August werden wir sicher noch viele weitere Kunden erreichen. Dennoch bin ich mir sicher, dass selbst dann der eine oder andere Kunde noch nicht auf Sepa umgestellt hat. Das werden vor allem Vereine und kleinere Unternehmen sein. Da wir dies aber heute schon wissen, gehen wir sehr konsequent und zielgerichtet auf diese Kunden zu und geben konkrete Hilfestellung, zum Beispiel im Rahmen von Konvertierungsmöglichkeiten.

Ramacher: Den größten Block der Sepa-Umstellung hatten wir in der Tat Anfang 2014 bereits erledigt. Man darf aber nicht vergessen, dass uns das Thema weiter begleiten wird, beispielsweise mit neuen Anpassungen der Rulebooks oder mit der Umstellung von Kreditkartenzahlungen. Wir werden deshalb Sepa als Projekt in der Postbank fortführen und die Themen, die jetzt noch nicht geregelt sind, aktiv angehen.

War die sechsmonatige Übergangsfrist aus Ihrer Sicht sinnvoll oder nicht?

Roos: Sepa ist ein deutlich komplexeres Projekt als zum Beispiel die Euro-Einführung oder der Jahrtausendwechsel. Der Respekt gegenüber dem Thema war daher auch entsprechend groß. Darüber, welche Gründe im Einzelnen wirklich zur Verschiebung geführt haben, kann man sicherlich nur spekulieren und für sich bewerten. Ein Präzedenzfall für die Zukunft wird diese Verschiebung aber schon aufgrund des Umfangs dieses europäischen Projektes wohl nicht sein.

Ramacher: Wir hätten dafür plädiert, den ursprünglichen Termin zum 1. Februar beizubehalten und waren alle sehr überrascht, als es zu der Verschiebung kam. Am Ende glauben wir, dass eine Verlängerung der Übergangsfrist für die Wirtschaft und die Banken nicht wirklich erforderlich gewesen wäre.

Damit einher gehen höhere Kosten und Kunden fühlen sich dazu verleitet, das, was sie bereits vorangetrieben haben, wieder liegen zu lassen. Aktuell ist die Gefahr somit groß, dass einzelne Firmen die Nichtumstellung noch weiter auf die lange Bank schieben.

Werden die sechs Monate also voll ausgereizt?

Ramacher: Manche Geschäfts- und Firmenkunden haben aus wirtschaftlichen Gründen bis zum letzten Moment gewartet, weil sie durch die Mandatserteilung Umsatzeinbrüche erwarten. Die Befürchtungen gehen dahin, dass Privatkunden bestehende Verträge kündigen, die seit Jahren unbeachtet in der Schublade liegen. Auch haben wir festgestellt, dass Kunden Sepa-Zahlungen durchführen, um zu testen, ob die Umstellung im Unternehmen sauber erfolgt ist. Gleichzeitig reichen diese Kunden weiterhin auch IZV-Dateien bei uns ein. Diese Kunden sind zwar Sepa-ready, lassen die Altverfahren aber laufen, solange sie können.

Auch nutzen Kunden die sechs Monate Schonfrist, um noch auf Lager liegende alte Briefbögen und Überweisungsformulare aufzubrauchen, auf denen noch Kontonummer und Bankleitzahl angegeben sind. Das gilt im Übrigen auch für größere Unternehmen.

Roos: Kleineren Geschäftskunden machen wir seit einiger Zeit im Rahmen der Umstellung das Angebot, sie mit neuen Briefbögen zu unterstützen.

Wäre es aus Ihrer Sicht zu den befürchteten ernsten Störungen im Zahlungsverkehr gekommen, wenn es die Übergangsfrist nicht gegeben hätte?

Ramacher: Ich glaube nicht, dass es in Deutschland zu großen Problemen gekommen wäre. Denn die Kreditwirtschaft hat natürlich Möglichkeiten diskutiert, wie man Kunden unterstützen kann, ohne gegen die Regulatorik zu verstoßen. Kunden, die zum 1. Februar nicht Sepa-fähig waren, hätte das Festhalten am Stichtag sicher getroffen. Ob das in sechs Monaten jedoch anders ist, würde ich mit einem großen Fragezeichen versehen.

Roos: Wir waren natürlich auch auf eventuelle Nachzügler eingestellt und hätten keinen Kunden alleine gelassen. Dennoch versuchen wir, den Druck aufrechtzuerhalten und die Kundenkommunikation weiter zu intensivieren.

Wie sah Ihr Plan B für die Nachzügler aus?

Roos: Insbesondere bei kleineren Kunden sind wir auf eventuelle Schwierigkeiten bei der Umstellung auf Sepa eingestellt gewesen. Wir hatten über 300 "Sepa-Schalter" in unseren Postbank Finanzcentern eingerichtet und die Berater vor Ort darauf eingestimmt, dass der Januar und Februar nochmals als "heiße Phase" zur Aufklärung genutzt werden sollte.

Für die Geschäftskunden haben wir in Berlin ein spezielles Business Center, in dem wir bis zu 100 Mitarbeiter eingesetzt haben, um Kundenfragen zu beantworten und konkrete Hilfestellung zu geben. Letztlich sind die befürchteten Schwierigkeiten im Rahmen der Umstellung nicht eingetreten. Der Höhepunkt der Nachfragen fand erwartungsgemäß im Dezember 2013 und Januar 2014 statt, allerdings auch da auf einem erfreulich überschaubaren Niveau. Dabei hatten wir uns auf ein sehr viel höheres Nachfrageaufkommen eingestellt.

Ramacher: Speziell Online-Händler haben noch das Problem, dass sie zum Teil noch nicht über die notwendigen schriftlichen Lastschriftmandate verfügen. Diese Kunden warten bisher noch ab und wollen die nächsten Wochen dazu nutzen, sich ein Bild zu machen, wie sie mit dem Thema zukünftig umgehen.

Es wird sicher Kunden geben, die aus dem Lastschriftmandat herausgehen und auf andere Bezahlverfahren setzen. Ich glaube aber, dass es eine Lösung für das E-Mandat geben muss. Diese wird auch sicher über kurz oder lang kommen.

Sehen Sie es einen größeren Trend, statt auf Lastschrift auf andere Zahlverfahren zu setzen?

Roos: Das kann im Einzelfall möglicherweise so sein. Der eine oder andere Kunde wird vielleicht auf Daueraufträge umstellen, dadurch aber in seiner Finanzbuchhaltung einen ungleich höhe-ren Aufwand bekommen. Deshalb glaube ich, dass die aus Kunden-, Einreicher- und Bankensicht bewährte Lastschrift langfristig erhalten bleibt.

Wie groß ist denn die Nachfrage nach Konvertierungsleistungen?

Ramacher: Wir haben Konvertierungsangebote sowohl für Privatkunden als auch für Geschäfts- und Firmenkunden. Dabei müssen wir natürlich aufpassen, dass wir dies regulatorisch sauber abbilden. Das heißt, wir vermitteln unseren Kunden ein externes Dienstleistungsangebot. Es gibt aber aktuell keine große Nachfrage danach.

Engpässe an dieser Stelle erwarten Sie demnach auch zum 1. August nicht?

Ramacher: Wir werden natürlich auch bis August unseren Kunden mit voller Konzentration zur Verfügung stehen und noch nicht Sepa-fähigen Kunden helfen, nach Möglichkeit noch vor dem 1. August umzustellen.

Bei den großen Zahlungsverkehrskunden ist das Nutzungsverhalten der Sepa-Formate schon Anfang Februar massiv nach oben gegangen, sodass es hier sicher zu keinem Engpass kommt. Bei Vereinen mag das ein anderes Bild ergeben. Roos: Anfang Februar waren zwischen 94 und 96 Prozent der Kunden Sepa-tauglich. Hier sind wir zuversichtlich, dass wir noch den einen oder anderen Prozentpunkt holen werden, sodass die offene Flanke ab August relativ klein sein dürfte.

Die Sorgenkinder sind also tatsächlich primär unter den Vereinen zu suchen?

Roos: Je größer die Unternehmen, desto höher war der Umstellungsaufwand, aber auch die Professionalität im Umgang mit dem komplexen Thema Sepa. Unsere Sorgenkinder sind diejenigen, die das Thema ganz aktiv und bewusst in die Zukunft schieben. Gerade bei Vereinen ist es häufig schwierig, den richtigen Ansprechpartner zu finden, und ein Vereinsvorstand ist nicht immer mit dem entsprechenden Sepa-Know-how ausgestattet. Auch im August werden wir deshalb noch Vereine finden, die nicht verstehen, was sie eigentlich mit Sepa zu tun haben.

Immer wieder war der Vorwurf zu hören, die Politik habe zu spät über Sepa informiert und die Kreditwirtschaft mit der Aufgabe allein gelassen. Stimmen Sie dem zu?

Ramacher: Das würde ich so nicht sagen. Die Informationslage war deutlich besser als in der Öffentlichkeit häufig dargestellt. Es gab schon sehr früh Informationen zum Thema Sepa. Auch wir haben festgestellt, dass Interesse bei unseren Kunden erst anstieg, je näher der Umstellungstermin auf sie zu kam. So haben wir zirka 100 Kundenveranstaltungen zur Information und Hilfestellung durchgeführt, die durchweg eine sehr hohe Resonanz hatten. Auch wurde das "Postbank-Webinar" für Geschäfts- und Firmenkunden im Internet ab dem dritten Quartal 2013 immer intensiver als Informations- und Aufklärungsquelle genutzt.

Lässt sich beziffern, wie viel Sepa die Postbank gekostet hat?

Roos: Sepa ist für uns ein Thema im Rahmen unserer ganzheitlichen IT-Infrastruktur. Insgesamt aber hat die Postbank natürlich einen hohen Betrag investiert, nicht nur in die IT, sondern beispielsweise auch in Mailings und die Schulung ihrer Mit arbeiter.

Ramacher: Ohne die Übergangsphase hätten wir die IZV-Systeme früher abschalten können. Jetzt müssen wir für sechs Monate die alten Systeme zusätzlich am Laufen halten. Aus diesem Parallelbetrieb zweier Systeme ergibt sich natürlich eine zusätzliche Kostenbelastung.

Roos: Aktuell wird mir persönlich im Zusammenhang mit Sepa viel zu viel über die damit verbundenen Kosten und Probleme gesprochen. Lassen Sie uns Sepa doch auch mal von seiner Grundidee her betrachten. Wir reden hier doch vor allem über eine Investition in die Zukunft. Wir erleben gerade eine Phase, in der erstmals ein einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum geschaffen wird. Kunden werden zukünftig keine Unterschiede mehr zwischen nationalen und grenzüberschreitenden Zahlungen erkennen. Das ist eine ganz neue Erfahrung, deren Vorteile heute offensichtlich noch gar nicht so richtig von allen erkannt worden sind.

Erkennen Unternehmen mittlerweile den Nutzen von Sepa?

Roos: Bislang wird primär über den Aufwand argumentiert. Selbst kleine Unternehmen mussten teilweise fünfstellige Beträge investieren, um Sepa umzusetzen. Die Vorteile werden die Unternehmen wohl später sehen. Ich bin mir sicher, dass die Resonanz in einem Jahr deutlich positiver ausfallen wird, als dies heute der Fall ist.

Wie stark nutzen Unternehmen die neuen Sepa-Formate bei der Rechnungstellung? Und inwiefern trägt dies dazu bei, auch den Privatkunden in die neue Welt hinüberzuhelfen?

Roos: Hier befinden wir uns in einer Umstellungsphase. Viele Unternehmen, die Sepa-fähig sind, verschicken ihre Rechnungen statt mit der IBAN immer noch mit Kontonummer und Bankleitzahl. Ein Grund könnte sein, dass zunächst noch alte Bestände an Briefbögen und Überweisungsträgern aufgebraucht werden oder die Umstellung primär nur in der Finanzbuchhaltung stattgefunden hat. Ein anderer Grund ist teilweise auch darin zu sehen, dass man dem Kunden die auf den ersten Blick sperrige IBAN nicht zumuten möchte.

Das Online-Banking der Postbank bietet hierzu eine sehr praktische Hilfestellung an. Mittels eines "IBAN-Rechners" wird aus der alten Kontonummer und der Bankleitzahl die IBAN errechnet und angezeigt. Insofern findet hier schon ein schleichender Gewöhnungsprozess an die IBAN statt. Hinzu kommt, dass unsere Kunden ihre IBAN und den BIC bereits seit längerem auf ihren Kontoauszügen und Karten vorfinden. Ebenfalls haben die meisten Kunden in den letzten Monaten verstärkt Post von Firmen erhalten, in denen sie von Lastschrifteinreichern um eine Überprüfung ihrer IBAN gebeten wurden. Insofern rechne ich bei Privatkunden mit einem sehr geschmeidigen Übergang.

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