Im Gespräch

"Wir sind ein Naturschutzpark für vermögende Privatkunden" Interview mit Jens Hagemann

Die V-Bank ist jetzt seit fünf Jahren am Markt. War der Marktstart im Umfeld der Lehman-Pleite rückblickend ein glückliches Timing?

Die Idee, eine Bank für unabhängige Vermögensverwalter zu gründen, geht zurück auf das Jahr 2007. Schon damals gab es anzahlmäßig genügend Depotbanken für diese Kundengruppe. Allerdings keine, die Vermögensverwalter als Aktionäre beteiligt. Von daher war es ein ambitioniertes Projekt. Den Ausbruch der Finanzkrise hatten wir allerdings nicht auf dem Schirm. Mitte 2007 stand der Entschluss fest, die Bankgründung zu wagen. Dann ging es in neun Monaten von der Einholung der Banklizenz bis zum Aufbau einer technischen Infrastruktur ganz schnell, sodass der offizielle Start im Juni 2008, vier Wochen vor der Lehman-Pleite erfolgte.

Im zweiten Halbjahr 2008 waren die unabhängigen Vermögensverwalter und deren Kunden mehr damit beschäftigt, sich sturm- und krisensicher zu machen. Die Wahl einer neuen Depotbank stand da nicht im Fokus. Dennoch sammelten wir bis zum Jahresende rund 400 Millionen Euro ein. Das war jedoch deutlich weniger als wir erwartet hatten.

Aus heutiger Sicht war der Zeitpunkt unseres Marktstarts jedoch ein glücklicher. In der Krise wurde das Vertrauen der vermögenden Privatkunden in die Institution Bank deutlich geschmälert. Das war für viele unabhängige Vermögensverwalter die Chance, ab 2009 kräftiger zu wachsen. Hier sind wir mit unserer Geschäftsentwicklung ein Spiegelbild der Branche. Die Krisenjahre haben die Marktanteile der Vermögensverwalter von rund drei auf aktuell über fünf Prozent steigen lassen. Von diesem Zuwachs der Branche haben wir in den letzten vier Jahren üperproportional profitiert.

Ist das eine nachhaltige Entwicklung?

Die Erschütterung des Vertrauens in die Banken und ihre Beratung sitzt tief. Verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen dauert sehr lange. Das Thema der tatsächlich Interessensfreien Finanzberatung findet immer mehr Akzeptanz, gerade bei vermögenden Privatkunden. Und immer mehr Bankberater wechseln zu unabhängigen Vermögensverwaltern. Wir rechnen deshalb mit einem weiteren Wachstum der Marktanteile.

Die Politik drängt ja auf mehr Honorarberatung bei Banken. Wenn Banken Honorarberatung generell als Option mit anbieten würden - welche Konsequenzen hätte das für die Branche der unabhängigen Vermögensverwalter und damit auch für die V-Bank?

Unabhängige Vermögensverwalter werden in jedem Fall am Markt bestehen, wenn sie sich auf ihre Stärken besinnen: Sie haben schlanke Kostenstrukturen und sind vor Ort dauerhaft präsent. Sie begleiten den Kunden als Person häufig über Jahrzehnte, stehen zumeist mit ihrem Namen für die Qualität der Dienstleistung ein. Das zentrale Motiv der Unternehmensgründung ist, gemeinsam mit seinem vermögenden Privatkunden Erfolg zu haben. Wir gehen davon aus, dass sich der Marktanteil unabhängiger Vermögensverwalter in den nächsten Jahren verdoppeln wird und wir im Windschatten der Branche weiter überdurchschnittlich wachsen werden.

Wann werden Sie die DAB-Bank eingeholt haben?

Bis zu meiner Pensionierung möchte ich noch einmal sagen können, dass ich für den Marktführer arbeite.

Ist die Branche genug reguliert, um die immer wieder geforderten einheitlichen Qualitätsstandards sicherzustellen?

Die KWG-Novelle 1998 war die Aufsichtsrechtliche Geburtsstunde des unabhängigen Vermögensverwalters, wie wir ihn heute kennen. Es war ein wichtiger Schritt, das Vertrauen in diese Form der Finanzberatung zu stärken. Heute werden unabhängige Vermögensverwalter in der Beratung absolut gleich und in der Unternehmensführung vergleichbar zu Banken und Sparkassen reguliert. Die regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen steigen - auch für unabhängige Vermögensverwalter - immer schneller. Dies wird zu Veränderungen der Branche führen.

Das hat aber weniger mit der Qualität der Beratung zu tun, sondern ist eher eine Frage der Organisationsstruktur. Denn allein um die aufsichtsrechtlich geforderten Funktionstrennung zwischen Markt- und Marktfolge adäquat besetzen zu können, braucht man eigentlich mehrere Personen. Damit sie sich das wirtschaftlich nachhaltig leisten können, brauchen sie eine gewisse kritische Größe als Geschäftsgrundlage.

Die Entwicklung geht also weg von Einzelkämpfern zu größeren Organisationsstrukturen und zu einer Mindestunternehmensgröße, die sich an einem gemanagten Kundenvermögen von etwa 100 Millionen Euro festmachen lässt.

Ein Haftungsdach bieten Sie nicht an?

Nein. Wir unterstützen unsere Geschäftspartner bei allen bankspezifischen Themen rund um die Transaktionsabwicklung und Depotführung in gleicher Art und Weise. Dieses Profil würden wir mit einem eigenen Haftungsdach ein Stück weit verwässern. Denn dann wären wir nicht mehr neutraler Partner, sondern direkter Konkurrent.

Ihre Marktdurchdringung bei den Vermögensverwaltern geben Sie mit über 50 Prozent an. Wie viel Luft ist da noch nach oben?

Im letzten Jahr gab es knapp 25 Neugründungen, aber auch Lizenzrückgaben. Unter dem Strich war die Zahl der Vermögensverwalter in Deutschland etwa konstant. Sieht man sich die durch das BaFin lizensierten Gesellschaften näher an, gibt es derzeit rund 500 aktive und wirklich unabhängige Vermögensverwalter. Ein Teil von diesen ist schon heute in zukunftsfähigen Organisationsstrukturen aufgestellt. Das sind die Partner, mit denen wir besonders gerne zusammenarbeiten würden.

Aktuell zählen wir über 270 Geschäftspartner, davon etwa 230 in Deutschland. Bis zur theoretischen hundertprozentigen Ausschöpfung unserer Kernzielgruppe gibt es noch Luft nach oben, die zunehmend dünner wird. Denn es wird uns sicher nicht gelingen, jeden Vermögensverwalter in Deutschland als Kunden zu gewinnen.

Wir wachsen jedoch nicht nur durch neue Geschäftspartner. In den letzten vier Jahren sind wir jedes Jahr um rund 50 neue Kooperationen gewachsen. Wenn bei bestehenden Geschäftspartner neue Berater an den Start gehen, vor allem aus Banken und Sparkassen, dann gelingt es diesen häufig, ihre alten Kunden vom neuen Beratungsmodell zu überzeugen. Das betreute Kundenvolumen wächst auch bei uns.

Deshalb glauben wir, dass wir unseren Wachstumspfad in der Größenordnung, die wir heute haben, auf ab sehbare Zeit fortschreiben können. Wir hatten in den letzten vier Jahren ein Wachstum beim betreuten Kundenvermögen von rund 1,5 Milliarden Euro im Jahr. Im Durchschnitt flossen uns jeden Monat 100 Millionen Euro an Nettomitteln neu zu.

Wen sehen Sie als Ihre wichtigsten Wettbewerber?

Marktführer ist nach Marktanteilen - sicher noch eine ganze Weile - die DAB Bank. In Reichweite liegt bereits die Deutsche Bank. Die V-Bank hat sich bereits auf Platz drei vorgearbeitet mit deutlichem Abstand zu weiteren Anbietern.

An welcher Stelle unterscheiden Sie sich vom B-to-B-Geschäft der DAB-Bank und anderen Wettbewerbern?

Unser Wachstum zeigt, dass der Markt eine deutliche Differenzierung sieht. Wir selbst bezeichnen uns gern als den letzten "Naturschutzpark für vermögende Privatkunden": Es gibt kein eigenes Privatkundengeschäft, keine eigenen Produkte. Wir sind also vom Konzept her nicht konkurrenzierend aufgestellt. Für unsere Mitbewerber dagegen ist Private Banking ein strategisches Kerngeschäftsfeld. Unser Anspruch als moderne Privatbank ist es dabei, ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis zu liefern.

Was diese konsequente Unabhängigkeit in der Praxis bedeutet, lässt sich an drei Beispielen veranschaulichen:

Wenn ein Vermögensverwalter unser Depot-A sehen möchte, zeigen wir es ihm. Das ist bei Banken nicht üblich. Unsere Bilanz kann jeder lesen und verstehen.

Wir machen unseren Vermögensverwaltern keine Konkurrenz, in dem wir beispielsweise zur eigenen Kundengewinnung Zinsangebote machen.

Wenn es interessante Neuemissionen zum Zeichnen gibt, nehmen Banken mit umfangreichem Eigenhandel zunächst einmal die Stücke gerne auch auf ihr eigenes Buch. Wir hingegen reichen die Anleihen eins zu eins durch, was sich positiv auf die Zuteilungsquoten auswirkt.

Als Bank der Vermögensverwalter haben wir schließlich vom Start weg unabhängige Vermögensverwalter an der V-Bank beteiligt. Sie halten gut ein Drittel der Anteile. Über einen Beirat prägen diese Kunden die Entwicklung der V-Bank entscheidend mit.

Welche besonderen Leistungen bieten Sie zum Beispiel?

Da wir nicht im Wettbewerb um den vermögenden Privatkunden stehen, schaffen wir über verschiedene Wege Marktzugänge für unabhängige Vermögensverwalter. Zum Beispiel, indem wir mit klassischer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oder Medienkooperationen Interessierte gewinnen. Wenn unsere Vermögensverwalter neue Berater suchen, unterstützen wir diese ebenfalls nach besten Kräften.

Ist die Konzernunabhängigkeit gesichert?

Ja. Unsere Aktionäre haben gerade auf der Hauptversammlung einem Entherrschungsvertrag zwischen der Wüstenrot & Württembergische AG und der V-Bank zugestimmt. Damit wird absolut eindeutig dokumentiert, dass eine Konzernunabhängigkeit von beide Seiten gewollt ist. Sie ist zentraler Bestandteil unseres Selbstverständnisses und ein Wettbewerbsvorteil.

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