Blickpunkte

Mitarbeiter - Schwule Banker

"Diversity" - also eine bunte Mischung bei den Mitarbeitern nach Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe und anderen Gesichtspunkten - gehört nicht nur bei Banken und Versicherern längst zum guten Ton. Und vor allem die Großbanken machen damit auch gerne Werbung. Das schwul-lesbische Mitarbeiternetzwerk der Commerzbank mit Namen Arco, das im Juni sein zehnjähriges Bestehen feiern konnte, wurde zwar nicht von der Bank initiiert, aber doch unterstützt und arbeitet eng mit der Personalabteilung zusammen. Per Pressemitteilung gratulierte man deshalb zum Jubiläum - und begründet: Am Arbeitsplatz komme immer wieder einmal Privates zutage. Und wer stets über sein Privatleben schweige, der falle irgendwann auf. Dank des Netzwerks müsse aber niemand seine Identität verstecken. Mehr als 80 Prozent der 400 Arco-Mitglieder hätten sich privat und in der Bank geoutet.

So weit so gut. Und doch stimmt das zehnjährige Bestehen des Netzwerks nachdenklich. Wenn "Diversity" so selbstverständlich ist, wie es von offizieller Seite stets betont wird - wozu brauchen dann homosexuelle Commerzbanker ein besonderes Netzwerk, das ihnen den Mut gibt, sich zu erklären? Und was bringen die offiziellen Strategien überhaupt? Natürlich ist es wichtig, dass die Personalpolitik sicherstellt, dass niemand - gleich aus welchem Grund - bei Einstellungen oder Beförderungen benachteiligt wird. Auch darf ein Arbeitgeber keine offen zutage tretenden Verhaltensweisen zulassen, die zum Mobbing gegen einzelne Personen oder Personengruppen führen.

Ebenso selbstverständlich ist es aber auch, dass eine offizielle "Diversity"-Strategie niemals die Denkweisen der Mitarbeiter regulieren kann. Schräge Blicke oder ein gerade nur angedeutetes Stirnrunzeln oder Grinsen, wenn etwa jemand von seinem gleichgeschlechtlichen Partner spricht, kann es allen offiziellen Bekenntnissen zum Trotz deshalb immer geben. Und offenbar gibt es sie tatsächlich immer noch. Denn wenn alle im Unternehmen mit der Thematik locker umgingen, hätte sich das Netzwerk durch seine Arbeit wohl längst selbst überflüssig gemacht. Oder ist es das längst selbst und fungiert heute noch nur noch als eine Art Club oder Kontaktbörse? Auch das wäre den Mitgliedern zu gönnen. Red.

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