Von Europa lernen

Länderübergreifendes Marketing als Erfolgsfaktor

Die regionale Expansion in neue Märkte stellt eine Vielzahl von neuen Herausforderungen an die expandierenden Unternehmen. Nicht nur Rechtsstruktur, Standortfaktoren und Wirtschaftsumfeld unterscheiden sich von jenen des Heimmarktes, auch die wichtigen Stakeholder - die Kunden - "ticken" hier anders. Es ist aber genau diese Gruppe, die mit entsprechenden, an die länderspezifischen Bedürfnisse angepassten Marketingmaßnahmen, rasch und effizient erreicht werden muss. Dabei gilt es, globale Gemeinsamkeiten zu entdecken und für länderübergreifendes Marketing zu nutzen.

Die Erste Group, die auf eine mittlerweile mehr als zehnjährige Erfolgsstory bei der Expansion in die Länder Ost- und Zentraleuropas verweisen kann, ist mit dieser Tatsache tagtäglich aufs Neue konfrontiert. Marketingkonzepte, die über viele Jahre erfolgreich in den bestehenden Märkten praktiziert wurden, sind einem ständigen Weiterentwicklungsprozess ausgesetzt. Sie werden für die Übertragung in das Ausland evaluiert, adaptiert und mit bestehenden Marketingkonzepten verschmolzen - all das vor dem Hintergrund, dass die Identität der Gruppe immer gewahrt und ein einheitlicher Auftritt nach Außen gewährleistet werden muss.

Die 1819 als Erste oesterreichische Spar-Casse gegründete Erste Group hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der führenden Finanzdienstleister Zentral- und Osteuropas entwickelt. Heute betreuen über 52 000 Mitarbeiter in etwa 3 100 Filialen rund 17 Millionen Kunden in acht Ländern. Neben dem Heimatmarkt Österreich ist die Erste Group in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Rumänien, Kroatien, Serbien und der Ukraine tätig. Über ihre Tochtergesellschaften und die österreichischen Sparkassen ist die Bankengruppe zudem auch in Slowenien, Oberitalien, Bosnien-Herzegowina, Moldawien und Montenegro am Markt präsent.

Osteuropäier bevorzugen internationale Marken

Diese Entwicklung von der österreichischen Hausbank zu einem internationalen Bankennetzwerk ist das Ergebnis einer Wachstumsstrategie, die auf strategischen Akquisitionen in Zentral- und Osteuropa basiert. Vor mehr als zehn Jahren startete die Expansion mit der Übernahme der Mezöbank in Ungarn. Nach einigen kleineren Akquisitionen in Kroatien setzte die Erste Group mit der Übernahme der führenden Retailbank Tschechiens (Ceska sporitelna) sowie der größten Bank der Slowakei (Slovenska sporitelna) entscheidende Meilensteine in der Unternehmensentwicklung. Weitere Akquisitionen in Kroatien, Ungarn, Serbien und der Ukraine sowie der Anteilserwerb an der größten rumänischen Bank - der Banca Comerciala Romana S. A mit 4,5 Millionen Kunden und einem Marktanteil von 32 Prozent - komplettierten die beeindruckende Akquisitionsreihe. Mit ihrer strategischen Ausrichtung auf das Retailgeschäft sowie kleine und mittelgroße Unternehmen zählt die Erste Group - gemessen an Kundenzahl und Bilanzsumme - heute zu den größten Finanzdienstleistern in Zentral- und Osteuropa.

Durch diese rapide Expansion - die Kundenzahl erhöhte sich in rund zehn Jahren von 600 000 auf 17 Millionen - war die Erste Group innerhalb kürzester Zeit mit zahlreichen neuen Märkten mit Marktbedingungen, die sich teilweise beträchtlich von jenen am Heimatmarkt Österreich unterschieden, konfrontiert.

Vertrauen in das betreuende Institut bildete damals wie heute für Kunden das entscheidende Kriterium bei der Auswahl der Bank, dies gilt in Westeuropa, umso mehr aber noch in den Ländern Zentral- und Osteuropas. Anders als in Österreich wird heimischen Marken in Zentral- und Osteuropa nicht unbedingt ein generell höheres Vertrauen entgegen gebracht. Oft werden internationale Marken hinsichtlich ihrer Kompetenz und ihrer Vertrauenswürdigkeit höher bewertet. Im Bankenbereich war diese Affinität zu internationalen Marken gegen Ende der neunziger Jahre besonders ausgeprägt, da das Bankwesen in vielen ost- und südosteuropäischen Staaten noch keine gefestigten Strukturen aufwies und mit einer Vielzahl von Unsicherheiten behaftet war. Vereinzelt waren übernommene Banken unter ihrem staatlichen Vorbesitzer Gegenstand negativer Publicity oder standen gar nahe dem Bankrott.

Ikonografische Vereinheitlichung

Nicht nur das Marktumfeld in den von der Erste Group betreuten Ländern zeigte große Unterschiede, in einem relativ kurzen Zeitraum wurden auch Marken mit sehr unterschiedlicher Markenstärke in die Gruppe integriert. So verfügten die in Tschechien und der Slowakei übernommenen Sparkassenmarken zwar über eine fast hundertprozentige Bekanntheit, hatten aber auch mit den Imageproblemen von Ex-Monopolisten als "inflexible Dinosaurier" zu kämpfen. Bei der Wahl einer einheitlichen Markenstrategie hat die Erste Group nunmehr folgende Überlegungen mit einbezogen:

Ein international einheitlicher Markenname kann bei internationalen Geschäftskunden das Signal einer hohen Beratungs- und Servicekompetenz bei grenzüberschreitenden Transaktionen setzen.

Für die lokalen Marken sprechen ein hoher Bekanntheitsgrad und die langjährige Vertrautheit durch Präsenz.

Zusätzlich können in manchen Ländern der lokale Patriotismus sowie historische Reminiszenzen die Umbenennung in eine deutschsprachige Marke weniger vorteilhaft erscheinen lassen.

Die Erste Group entschied sich daher für einen Mittelweg: Eine ikonografische Vereinheitlichung aller Marken unter Beibehaltung der lokalen Markennamen in Tschechien, der Slowakei und Rumänien. So wurde auf Basis dieser Überlegungen in den Ländern Ungarn, Kroatien und Serbien auf die starke internationale Marke "Erste Bank" gesetzt, während in Tschechien, der Slowakei und Rumänien, wo jeweils die größten Banken des Landes übernommen wurden, die sehr traditionsreichen Marken

beibehalten wurden. So war beispielsweise die 1825 gegründete tschechische Ceska sporitelna bei der Übernahme seit 175 Jahren am Markt tätig, die 1824 gegründete slowakische Slovenska sporitelna gar 176 Jahre. Der Kundenstamm beider Traditionsbanken bestand zum Zeitpunkt der Übernahme überwiegend aus Privatkunden sowie Klein- und Mittelbetrieben.

Vor diesem Hintergrund erfolgte das Rebranding in den einzelnen Märkten im Rahmen eines "Smart Bang". Dabei wurden Identitätsträger - wie das lokale Headquarter, die zentralen Filialen, die klassische Kommunikation sowie die Drucksorten - schlagartig umgestellt. Diesem Prozess folgte eine schrittweise Umstellung der restlichen Filialen und der anderen Markenträger. Begleitend dazu startete die Erste Group umfangreiche Kommunikationskampagnen, die die Kunden in den einzelnen Ländern vor allem auf der emotionalen Ebene erreichten. All diese Kampagnen signalisierten Veränderung und Aufbruch, um die Kunden so für zukünftige Produkt- und Serviceverbesserungen zu sensibilisieren.

Österreichische Sparkassen einbezogen

Im Rahmen dieser ikonografischen Vereinheitlichung wurden auch die bis dahin optisch eigenständig auftretenden regionalen Sparkassen in Österreich einbezogen. So wurde das rote Sparkassen-S in das Erste Group Logo integriert. Heute stellt sich die nationale und internationale Markenlandkarte der Erste Group ganz in blau mit dem roten Sparkassen-S dar.

Neben der Wahl der Art des Rebranding war auch der zeitliche Horizont dieser Maßnahme von übergeordneter Bedeutung. Vorab führte die Erste Group in den übernommenen Banken erste für die Kunden sichtbare Verbesserungsmaßnahmen, wie Produktinnovationen oder Serviceangebotserweiterungen, durch. Vielfach launchte die Erste Group Produkt- und Serviceleistungen im Sinne eines "Migrate up" gezielt rund um den Logo- beziehungsweise Markennamenswechsel. Als Ergebnis dieser Maßnahmen entwickelten sich beispielsweise die Ceska sporitelna sowie die Slovenska sporitelna bereits wenige Jahre nach der Übernahme zu Seriensiegern bei prestigereichen Qualitätsawards für ihr jeweiliges Land. Beispielweise konnten die Erste-Group-Töchter die Auszeichnung Mastercard Bank of the Year, den Euromoney Awards for Excellence, den Deutsche Bank Excellence Award oder den Global Finance Best Bank Award für sich verbuchen.

Umbenennungen bei Imageproblemen

Während die vorab durchgeführten Verbesserungsmaßnahmen bei den gut etablierten Markennamen für den Erfolg des Rebrandingprozesses ganz wesentliche Erfolgsfaktoren bildeten, konnten die Imagewerte der Banken in jenen Ländern, in denen regionale oder weniger starke Marken in die internationale Marke "Erste Bank" umbenannt wurden, bereits durch die reine Umbenennung signifikant erhöht werden. Dies galt im speziellen für Marken, die massive Imageprobleme hatten. Die positiven Entwicklungen bei Image- und Kundenzahlen belegen, dass der von der Erste Group gewählte Mittelweg - Umbenennung, wenn erforderlich, ansonsten lediglich eine ikonografische Internationalisierung der Marke - die richtige Entscheidung war.

Der nächste Schritt und damit die nächste Herausforderung nach der erfolgreichen Umsetzung des Rebrandings, das von verstärkten Marketingmaßnahmen begleitet wurde, bildete die Etablierung langfristiger Marketingkonzepte, die auf länderspezifische Besonderheiten Rücksicht nehmen sowie die Gruppenidentität mittragen mussten.

Die strategische Ausrichtung und die Steuerung all dieser Markenaktivitäten erfolgt zentral durch die Holdinggesellschaft - die Erste Group Bank AG -, die Implementierung lag und liegt im lokalen Verantwortungsbereich. Das bedeutet aber auch, dass alle lokalen Markenpositionierungen immer und überall mit der definierten Gruppenstrategie in Übereinstimmung gebracht werden müssen. Der Geschäftsfokus der Erste Group liegt dabei klar auf dem Privatkundengeschäft/Retailbanking. Die Positionierung der Banken ist folglich eindeutig Richtung "mass market" ausgerichtet.

Das Branding liegt im Verantwortungsbereich der Holding, nur so kann die Vermittlung eines einheitlichen Gruppenbildes sichergestellt werden. Dabei bildet ein starkes und einheitliches Corporate Design einen wesentlichen Schlüsselfak-tor für ein erfolgreiches und stringentes Branding: Das optische Erscheinungsbild eines Unternehmens, das durch das Corporate Design definiert wird, repräsentiert das Unternehmen gleichermaßen gegenüber dem externen Publikum, wie Kunden, Shareholder und Partnern, aber auch gegenüber dem internen Publikum, den Mitarbeitern. Dieses einheitliche Corporate Design und die einheitliche Kundenansprache produziert einerseits einen hohen Wiedererkennungswert und ermöglicht andererseits, mit den laufend wechselnden Kundenbedürfnissen Schritt zu halten - unabhängig davon, in welchem Land ein Kunde die Filiale betritt.

Werbliche Kommunikation im lokalen Verantwortungsbereich

Auf Basis der von der Holding vorgegebenen Richtlinien, liegt die werbliche Kommunikation im lokalen Verantwortungsbereich der einzelnen Tochtergesellschaften. Dadurch soll die gewünschte Positionierung der gesamten Bankengruppe erreicht werden, wobei auch das unterschiedliche Lokalkolorit des jeweiligen Landes berücksichtigt wird. Vorteile der lokal umgesetzten werblichen Kommunikation sind:

Lokales Marktwissen ist ein Schlüsselfaktor und kann nur lokal umgesetzt werden.

Lokale Entscheidungen können schneller getroffen werden.

Durch lokale Verantwortung ist man näher am Kunden.

Unterscheidung zu den Mitbewerbern wird gewährleistet.

Wie bei allen anderen regionalen Aktivitäten ist die Erste Group auch bei der werblichen Kommunikation immer bestrebt, Synergien innerhalb der Bankengruppe zu nützen. Dadurch werden einerseits Ressourcen gespart, andererseits wird die gruppenweite Identität gestärkt. So konnte beispielsweise die slowakische Werbekampagne "Familie Vesely" sehr erfolgreich in Ungarn implementiert werden. Dies trifft ebenso auf die österreichische Kampagne "Peter Presenter" zu, die in der Ukraine großen Erfolg erzielen konnte. Andererseits zeigten intensive Marktforschungsaktivitäten, dass diese Kampagne für den rumänischen Markt nicht geeignet ist.

Creative Pool fördert gruppenweite Zusammenarbeit

Um die gruppenweite Zusammenarbeit der Marketingabteilungen zu fördern und Synergien noch besser zu nutzen, launchte die Erste Group Anfang 2009 ein "Creative Pool". Diese gruppenweite Onlineplattform ermöglicht allen Tochterunternehmen:

Überblick über alle Marketing-Aktivitäten der Erste Group,

Zugriff auf "Best Practice" Beispiele,

Zugriff auf Stockbilder,

Information über Corporate-Design-Richtlinien sowie

einfachen und raschen Datenaustausch.

Laufend setzt die Erste Group auch gruppenweite und damit länderübergreifende Initiativen um, wie zuletzt die Initiative "The Money Guide", in deren Rahmen die Berater gemeinsam mit den Kunden deren finanzielle Situation, das Budget sowie die Perspektiven analysieren und daraus adäquate Maßnahmen ableiten. Durch die Initiative "The Money Guide" unterstützt die Erste Group ihre Kunden dabei, ihre finanzielle Situation zu verstehen und ihre finanziellen Kenntnisse zu verbessern, um damit auch die Selbstverantwortung zu erhöhen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X