Gespräch des Tages

Mittel- und Osteuropa - Eine Region, aber kein einheitlicher Wirtschaftsraum

Mit den Wachstumsraten der Emerging Markets in Asien können die Staaten Mittel- und Osteuropas (CEE) nicht mithalten. Dennoch werden diese sogenannten Converging Markets oft noch unterschätzt, so lautet die Botschaft der in Wien ansässigen und geschäftlich traditionell in diesen Staaten aktiven Erste-Bank-Gruppe. Für den Aktienmarkt in Osteuropa erwarten deren Analysten in der zweiten Jahreshälfte 2011 kein starkes Momentum, aber dennoch einen moderaten Aufwärtstrend. Was zunächst eher unspektakulär klingt, lässt sich leicht ins Positive wenden: Langsames, aber stetiges Wachstum muss kaum Ängste in Bezug auf eine Überhitzung der Märkte oder eine Blasenbildung schüren. Zudem wächst die Wirtschaft in den acht Kernländern der Region (das sind Kroatien, die Tschechische Republik, Ungarn, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakei, und die Ukraine) laut Erste Group mit prognostizierten 3,3 Prozent zwar weniger stark als vor der Krise, aber doch deutlich schneller als der Durchschnitt der Euro-Länder mit 2,0 Prozent.

Ihr Vorteil ist in der aktuellen Krise auch gleichzeitig ihr Nachteil: die geografische, politische und wirtschaftliche Nähe zu Europa. Denn die Schwierigkeiten aufgrund der Staatsverschuldungen im Euro-Raum belasten auch die Marktentwicklung in Osteuropa erheblich. Dass sich viele Investoren derzeit eher abwartend verhalten, vermag also kaum zu verwundern. Die Wiener, die sich mit der wirtschaftlichen und politischen Öffnung dieser Länder sehr früh mit Tochterunternehmen im Bankenmarkt Mittel- und Osteuropas stark engagiert haben, empfehlen hingegen durchaus erwartungsgemäß einen aktiven Ansatz, das Stockpicking. Kernaussagen ihrer Analyse: Es gibt keine Sektoren, die das Wachstum in der gesamten Region besonders stark tragen - am ehesten sind das noch die Chemiebranche und die Versorger. Auch zwischen den einzelnen Ländern differenziert die Studie. Während beispielsweise Ungarn noch ein sehr weiter Weg aus der Krise vorausgesagt wird und der Aufwärtstrend trotz des insgesamt sehr positiven Ausblicks noch als volatil eingestuft wird, gilt die Tschechische Republik als absolut stabil. Für Letztere wird im Jahr 2011 ein Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes von 2,3 Prozent prognostiziert, für 2012 ein Plus von 2,5 Prozent. In der Slowakei existiert der Studie zufolge noch kein relevanter Aktienmarkt, in Russland wird er nach wie vor in starker Abhängigkeit vom Ölpreis gesehen.

Ihre Analyse der Staaten Mittel- und Osteuropas verbindet die Erste Bank mit einer allgemeinen Kritik an den Ratingagenturen: Während die Länder-Ratings für Japan und USA tendenziell eher zu gut ausfielen, würden kleinere Nationen in Osteuropa oftmals schnell heruntergestuft, aber nur sehr langsam wieder aufgewertet. Am Markt für Kreditversicherungen (CDS), so der Hinweis, werden die verbesserten Fundamentaldaten der CEE-Länder bereits positiv eingepreist, in den Ratings seien sie noch nicht angekommen.

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