Im Gespräch

"Das kostenlose Girokontowird auch in Zukunft nicht dominieren"

Die Sparkasse Darmstadt feiert in diesem Jahr ihr 200-jähriges Bestehen und ist damit eine der zehn ältesten Sparkassen in Deutschland. Wie sehen Sie sich heute am Markt positioniert?

Wir sind in der Bevölkerung fest verankert. Im Privatkundengeschäft liegt unser Marktanteil bei den Girokonten über 40 Prozent. Im Firmenkundengeschäft stehen verifizierbare lokale Marktanteilszahlen nicht zur Verfügung.

Stolz sind wir auf die Ergebnisse einer Firmenkundenbefragung vor wenigen Monaten. 94 Prozent der befragten Kunden haben dabei die Zusammenarbeit mit unserer Sparkasse als ausgezeichnet, sehr gut und gut beurteilt. 97 Prozent würden die Sparkasse Darmstadt Geschäftspartnern empfehlen.

Wir sind kerngesund, ertrags- und kapitalstark, haben hervorragende Mitarbeiter und sind damit für den harten Wettbewerb gut gerüstet.

Welche Konkurrenten spüren Sie am deutlichsten?

Das kann man so pauschal nicht sagen. Wir haben es mit einer Vielzahl von Mitbewerbern zu tun, die temporär unterschiedlich stark auftreten. Zudem spielen in den einzelnen Geschäftsfeldern verschiedene Wettbewerber eine Rolle.

Gibt es Überschneidungen mit anderen Sparkassen - zum Beispiel der Sparkasse Dieburg?

Nein. Die Sparkasse Dieburg ist zwar im gleichen Landkreis tätig. Aber wir haben ein abgegrenztes Geschäftsgebiet.

Inwieweit sind Sie im Wettbewerb von Pendlerströmen betroffen beziehungsweise können davon profitieren?

Das ist für uns ein ziemlich neutraler Vorgang. Die Zahl der Einpendler, die eine Geschäftsbeziehung zu uns unterhalten, und die derjenigen, die wir an andere Institute verlieren, gleicht sich in etwa aus.

Zum Jahresbeginn 2009 wird die Darmstädter Volksbank mit zwei weiteren Häusern zur Volksbank Südhessen fusionieren. Was heißt das aus Sicht der Sparkasse Darmstadt?

Ich halte die Zielrichtung bei den Volksbanken für richtig. Wir selbst sehen den Vorgang aber mit großer Gelassenheit. Die fusionierte Volksbank bleibt deutlich kleiner als die Sparkasse Darmstadt alleine. Ich nehme für uns in Anspruch, dass wir aufgrund unserer betriebswirtschaftlichen Ausgangssituation und unserer Beratungskompetenz das deutlich stärkere Institut bleiben. Insoweit habe ich keinerlei Sorge, dass wir durch diese Fusion in unserer Wettbewerbsposition negativ beeinträchtigt werden.

Haben Sie auch Fusionspläne?

Fusionen müssen für die Kunden, die Träger und die Mitarbeiter Sinn ergeben und die Leistungsfähigkeit der zu fusionierenden Institute insgesamt verbessern. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen brauchen wir keine Fusion. Aber es lägen in einem Zusammenschluss von Sparkassen, die gemeinsam einen größeren Wirtschaftsraum bedienen Chancen, die Wettbewerbsfähigkeit zukunftsorientiert weiter zu verbessern.

Die künftige Volksbank Südhessen hat angekündigt, eine Direktbank aufzubauen. Geraten Sie dadurch in Zugzwang?

Ob dies eine kluge Entscheidung ist, wird sich zeigen. Wir werden sicher in der Lage sein, dem dann vermutlich stark preispolitisch bestimmten Ansatz im Markt in geeigneter Weise zu begegnen.

Wie stehen Sie zu einer Spar-kassen-Direktbank?

Ich vertrete nicht die These, wir müssten das Direktbankgeschäft vorantreiben. Das ist nicht unser Geschäftsmodell. Allerdings würde ich es begrüßen, wenn es gelänge, die Direktbankaktivitäten der Sparkassen-Organisation zu bündeln, um dann mit einer eigenen starken Marke im Wettbewerb agieren zu können, anstatt so zersplittert aufzutreten wie bisher. Das ist aber aktuell mehr eine theoretische als eine tatsächliche Option.

Wie empfinden Sie den verbundinternen Wettbewerb durch die verschiedenen Direktbankaktivitäten?

Es ist schädlich für den Zusammenhalt der Organisation und verhindert, dass die Kunden die Sparkassenorganisation auch in diesem Bereich als einen bedeutenden Anbieter wahrnehmen.

Wie machen sich die neuen Wettbewerber wie ICICI oder Kaupthing Bank bei Ihnen bemerkbar?

Diese Wettbewerber spüren wir bisher noch nicht. Aus meiner Sicht sind sie bis auf weiteres auch Randerscheinungen. Ich erwarte nicht, dass sie einen ähnlichen Sog ausüben können, wie vor einigen Jahren die ING-Diba. Die Diba ist die einzige Direktbank, der es gelungen ist, eine Marke zu entwickeln. Davon profitiert sie heute noch, obwohl sie von ihren Prinzipien bereits abgerückt ist und damit auch die Grenzen des Direktbankgeschäftes erkennen lässt. Die Marke wird an Glanz verlieren.

Stichwort Marke: Haben die Sparkassen - gerade beim Thema Preiswahrnehmung - ein Imageproblem?

Die Marke Sparkasse ist im Finanzdienstleistungssektor unverändert die Marke, die das höchste Vertrauen genießt und bei der die Menschen die höchste Abschlussbereitschaft haben. Ich denke sogar, dass die Marke Sparkasse angesichts der Entwicklung in den vergangenen zwölf Monaten weiter gewonnen hat. Sparkassen stehen für Vertrauen und Sicherheit und diese beiden Komponenten spielen wieder eine größere Rolle.

Eine Sparkasse kann nicht die Preisführerschaft anstreben, sondern muss sich konsequent auf die Qualitätsführerschaft konzentrieren.

Im Übrigen gilt: Eine Marke darf man nicht durch "marktschreierisches Gehabe" beschädigen. Manche Marktteilnehmer unterschätzen völlig, wie sehr preispolitische Aktionen - wie etwa Sonderkonditionen nur für Neukunden - Vertrauen zerstören und der Marke dauerhaft schaden können.

Was ist den Kunden das Vertrauen in die Stabilität wert? Es gibt sicher Kunden, für die die Präsenz der Sparkasse vor Ort und das starke Engagement in der Region ohne große Bedeutung sind und die sich bei ihrer Entscheidung für einen Finanzpartner nur am Preis orientieren und deshalb in einer bestimmten Lebensphase gegen die Sparkasse. Das heißt aber nicht, dass sie lebenslang verloren sind. Denn ob sechs Euro Kontoführungsgebühr im Monat als viel empfunden werden oder nicht, hängt sehr stark von der Lebenssituation ab. Es kommt durchaus vor, dass jemand in jungen Jahren Sparkassenkunde war, dann wegen der Kontogebühren abgewandert ist und nach der Gründung einer Familie in dieser neuen Lebensphase wieder zur Sparkasse zurückkommt. Dabei liegt insbesondere in der Baufinanzierung eine große Chance.

Darüber hinaus glaube ich nicht daran, dass das gebührenfreie Konto in Zukunft dominieren wird. Die damit verbundenen Cross-Selling-Erwartungen, die den Gebührenverzicht kompensieren sollen, gehen nicht auf.

Diejenigen Kunden, die beim Girokonto sehr preissensibel sind, sind das auch bei anderen Produkten. Wegfallende Erträge kann man dann nur auf der Kostenseite durch Einschränkungen beim Service ausgleichen. Lieber nehme ich eine leichte und überschaubare Erosion in den Kundenbeständen in Kauf, als mich auf diesen Irrweg zu begeben. Einer der Mitbewerber, der das kostenlose Girokonto propagierte, hat jetzt gerade die Halbierung der Öffnungszeiten in den Geschäftsstellen angekündigt.

Meine Überzeugung ist: Wenn man einige Zeit mit solchen Preisangeboten am Markt war, wird man feststellen, dass zwar Konten gewonnen wurden, aber mit diesen Kunden nicht die Geschäfte abgeschlossen werden, die man braucht, um eine solche Preispolitik durchzuhalten. Das "zurück" bringt dann hohe Glaubwürdigkeitsverluste.

An welchen Stellen muss eine Sparkasse dennoch im Preiswettbewerb mithalten?

Für mich ist die Baufinanzierung ein ganz wesentliches Ankerprodukt. Anders sehe ich den Bereich Tagesgelder, da es sich oftmals um sehr volatile Gelder handelt.

Hier sollte man nicht alles mitmachen. Aber man muss dafür sorgen, dass die Verbindung mit einem Kunden auch im Bereich der Geldanlage nie völlig abbricht.

Schadet nicht auch die ständige Diskussion um das Drei-Säulen-Modell der deutschen Kreditwirtschaft und um die Zukunft der Sparkassen dem Kundenvertrauen?

Dies ist die Hoffnung unserer Mitbewerber.

Die große Mehrheit der Menschen in Deutschland will hier keine Veränderung und setzt zu Recht auf selbstständige kommunale Sparkassen auch in Zukunft.

Die Sparkasse Darmstadt ist mit einer Cost Income Ratio von 55,8 Prozent im Jahr 2007 eine der effizientesten in Deutschland. Ist damit in Ihrem Haus das Ende der Fahnenstange im Hinblick auf Kostenoptimierung erreicht?

Wir haben in den vergangenen Jahren den Fokus eher auf die Ertragssteigerung gelegt, denn auf Kostenreduktionen, wobei wir die Effizienz unseres Tuns immer im Auge haben. Die Cost Income Ratio ist selbstverständlich auch stark beeinflusst von Zinsstrukturen. Bei der derzeitigen flachen Zinskurve ist diese Cost Income Ratio ohne extreme Einschnitte im Kostenbereich nicht zu halten. Das akzeptieren wir.

Solange es uns weiterhin gelingt, in einem Korridor von 55 Prozent bis 65 Prozent zu wirtschaften, ist dies durchaus akzeptabel. Damit liegt unsere Sparkasse um Längen vor der entsprechenden Kennzahl vieler Geschäftsbanken. Mindestens genauso stark wie auf die Cost Income Ratio achten wir jedoch auf die Marktanteilsentwicklung.

Wo sehen Sie in der Sparkas-sen-Gruppe noch Einsparpotenziale?

Als Sparkassenorganisation haben wir auf der Kostenseite unsere Möglichkeiten noch nicht voll ausgeschöpft. Durch weitere Verbesserung von Prozessen und durch Kooperation von einzelnen Häusern kann hier noch vieles erreicht werden.

Outsourcing ist hingegen nicht zwangsläufig der richtige Weg, weil dies im Regelfall Umsatzsteuer auslöst. Diese 19 Prozent durch Kostenreduktion zu erreichen, ist oft nicht einfach. Insofern kommt der Eigenoptimierung die größte Bedeutung zu.

Ich denke, dass wir durch die Zusammenfassung der IT in einem einzigen Rechenzentrum in den nächsten Jahren in der Lage sind, für alle Sparkassen noch deutlich kostengünstiger zu werden.

An welcher Stellen kooperieren Sie mit anderen Sparkassen?

Bei der Sparkassen-Dienstleistungs-Zentrum Südhessen GmbH haben wir gemeinsam mit neun weiteren Gesellschaftersparkassen den beleghaften Zahlungsverkehr ausgelagert. Darüber hinaus arbeiten 52 Mandanten aus unterschiedlichen Bundesländern mit dieser Servicegesellschaft zusammen.

Außerdem haben wir seit vier Jahren eine Kooperation mit drei weiteren südhessischen Sparkassen vereinbart. Ziel der Zusammenarbeit ist die weitere Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Häuser durch die gegenseitige Übernahme von "Best-Practice"-Ansätzen zur Kostensenkung und Ertragssteigerung. Sofern Kooperationsfelder unter Einbeziehung der Sparkassen-Dienstleistungsgesellschaft Südhessen umgesetzt werden können, wird diese einbezogen. Zurzeit werden Themen wie Bilanzanalyse, Rating und Auslandszahlungsverkehr konkret geprüft.

Stichwort Ertragssteigerung. Sind bankferne Leistungen für Sie eine Option? Beispielsweise der Vertrieb von Handy-Verträgen oder Postdienstleistungen beziehungsweise das Untervermieten von Filialteilen an eine Bäckerei, zur Erhöhung des Publikumverkehrs?

Diese Fragestellung wurde im Haus schon öfter diskutiert, aber bisher immer wieder verworfen. Dass uns bankfremde Leistungen weiterhelfen - zu diesem Schluss sind wir bisher noch nicht gekommen. Vordergründig werden sie zwar als Innovation gesehen, doch unter Ertragssteigerungsaspekten haben sie höchstens eine marginale Bedeutung.

Ein anderer Trend geht dahin, die SB-Geräte wieder in die Filiale hinein und damit näher an die Berater heranzuholen, um wieder einen besseren Zugang zum Kunden zu haben.

Das praktizieren wir schon seit Jahren: Die SB-Geräte werden aus kleinen, engen Foyers herausgeholt und in das Kundencenter integriert. Allerdings ist auch hier der Blick für die Realität wichtig. Wenn jemand nur in die Bank kommt, um schnell Geld abzuheben oder seine Auszüge zu holen, dann hat er üblicherweise keine Zeit für ein längeres Beratungsgespräch. Wir sind daher darum bemüht, mit möglichst vielen Kunden Termine zu vereinbaren, die dann gut vorbereitet beiderseitigen Nutzen stiften.

Was bringt die Integration der SB-Zone in die Filiale dann wirklich?

Allein durch den gelegentlichen Kontakt und die Freundlichkeit wird die Kundenbindung gestärkt. Es ist wichtig, dass man das ganz Normale, Alltägliche mit Qualität tut. Das wird häufig unterschätzt. Oft wird nur auf Spektakuläres gesetzt. Mein Eindruck ist jedoch, dass die Menschen sich sehr viel stärker daran orientieren, wie sie ihren Partner in der täglichen Zusammenarbeit wahrnehmen. Dazu gehört auch, einen Kunden am SB-Gerät freundlich zu begrüßen, ohne dass dies gleich mit einem

Beratungsgespräch verbunden sein muss.

Deshalb ist es sinnvoll, die SB-Geräte während der Öffnungszeiten so weit wie möglich in die Nähe der Mitarbeiter zu rücken. Wir haben übrigens in einigen Stellen an vier Tagen abends bis 18 Uhr geöffnet und am Samstag zwischen zehn und 13 Uhr.

Eine Steigerung der Erträge ist die eine Seite. Doch wie reagieren Sie auf der anderen Seite auf wegbrechende Erträge? Zum Beispiel in der Bargeldversorgung, bei der immer mehr Institute ihre Kunden auf die Kreditkarte verweisen, was den Sparkassen den Einfluss auf die Gebührenhöhe für Fremdverfügungen entzieht.

Hier sind die Gestaltungsmöglichkeiten des einzelnen Hauses beschränkt. Es kann allerdings nicht sein, dass insbesondere die Direktbanken zulasten der Sparkassen ihre Wettbewerbsnachteile zu kompensieren versuchen.

Insoweit habe ich Verständnis für Kollegen, die ihre Automaten für Kreditkarten von -Direktbanken sperren, weil die Nutzung nicht ausreichend vergütet wird.

Woher kommen neue Ertragsquellen? Wie lassen sich Ertragsausfälle kompensieren?

Die Frage lässt sich nur in Verbindung mit der jeweiligen Wettbewerbssituation beantworten. Ich bin der Meinung, dass alle Kreditinstitute in den letzten zwei bis drei Jahren beispielsweise in der gewerblichen Finanzierung keine ausreichenden Erträge generiert haben. Das wird in einer schwierigeren Konjunkturphase wieder allen Marktteilnehmern aufstoßen, weil die Margen im Blick auf die Risikokosten nicht ausreichend sind.

Wir legen Wert darauf, dass wir mit allen Produkten und Dienstleistungen permanent als Anbieter mit einer konstant guten Leistung wahrgenommen werden. Diese Verlässlichkeit zahlt sich aus, weil sie zu einem nachhaltigen Kundenvertrauen führt.

Die alleinige Fixierung des Bankmarketings auf den Preis wird auch durch die aktuelle Finanzkrise wieder eine Korrektur erfahren. Ertragsquellen der Vergangenheit im Investmentbanking werden auf mittlere Sicht verschlossen sein und im Privatkundengeschäft wird der harte Wettbewerb keine Ertragsverbesserung zulassen. Es wird eine längere Phase geben, in der sich die gesamte Kreditwirtschaft auf geringere Erträge einstellen muss.

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