Privatkundengeschäft

Das genossenschaftliche Organisationsprinzip schützt Verbraucherinteressen

Aktuell überschlagen sich Politiker und Verbraucherschützer mit neuen Vorschlägen zur Regulierung der Finanzbranche. In diesem "Ideenwettbewerb" stehen mal die Geschäftspolitik der Finanzinstitute, mal deren Berater und Führungskräfte in der Kritik. Doch sind neue Vorschriften der einzige Weg, Kundeninteressen zu schützen? Und warum hat Verbraucherschutz im Finanzwesen eine besondere Bedeutung?

Verbraucher benötigen immer dann Schutz, sobald Interessenskonflikte zwischen Kunden und Unternehmen bestehen. Ein Bankberater hat in Finanzfragen zumeist mehr Kompetenz und Informationen als sein Kunde. Dieser aber kann sich nicht sicher sein, dass sein Berater diese Asymmetrie ausschließlich im Kundensinne nutzt. Zudem ist die Geldanlage und die persönliche Finanzplanung ein sensibles Gut mit zumeist weitreichenden Folgen, sodass die Kundenbeziehung im Finanzwesen im besonderen Maße auf Vertrauen beruht. Daher ist die Finanzbranche schon seit jeher hinsichtlich des Schutzes von Verbraucherinteressen eine der am stärksten regulierten Branchen.

Aber wie lassen sich Unternehmensinteressen mit Kundeninteressen auch außerhalb von Regulierung und Gesetzen in Einklang bringen? Da Unternehmensinteressen durch die Unternehmenseigner bestimmt sind, ist die logische Konsequenz, Kunden de facto zu Unternehmenseignern zu machen. Dieses Modell ist für viele Branchen sinnvoll, auch für das Finanzwesen. So werden in der genossenschaftlichen Rechtsform Kunden zu Mitgliedern ihrer Bank. Damit differenzieren sich Genossenschaftsbanken deutlich von anderen Rechtsformen, denn keine andere Rechtsform bietet Kunden vergleichbaren Einfluss.

Die Einflussmöglichkeiten eines Kunden als genossenschaftliches Mitglied sind aus zwei Gründen deutlich stärker ausgeprägt als über den Besitz von Aktien der Privatbanken oder durch indirekte Einflussnahme mittels politischer Wahlen im öffentlichrechtlichen Sektor. Erstens wird das Stimmrecht in Genossenschaften im Rahmen der Mitgliederversammlung nach Köpfen und nicht nach Kapitalanteilen ausgeübt. Eine einzige Stimme ermöglicht es, mit allen anderen Anteilseignern gleichberechtigt Einfluss zu nehmen.

Förderung der Mitglieder als Unternehmenszweck verankert

Zweitens setzt sich der Aufsichtsrat ausschließlich aus Mitgliedern zusammen, sodass die Kontrolle im Sinne der Mitglieder nicht nur über zwei Gremien ausgeübt wird. Es ist auch sichergestellt, dass Mitglieder ausreichende Informationen erhalten, um ihren Einfluss geltend zu machen (siehe Abbildung).

Darüber hinaus ist die Förderung der Mitglieder als Unternehmenszweck in § 1 der Satzung einer jeden Genossenschaftsbank verankert. Somit ist der Gleichklang der Unternehmensinteressen mit den Kundeninteressen festgeschrieben. Selbstverständlich ist Gewinnerzielung auch für Genossenschaftsbanken existenziell notwendig, aber sie ist eigentlich nur Mittel zum Zweck, den Förderauftrag zu erfüllen.

Überschüsse werden als Rückvergütung oder Dividende an die Mitglieder ausgeschüttet.

Leitprinzip "Hilfe zur Selbsthilfe"

Um zu verstehen, warum die Kontrollmöglichkeiten in Genossenschaftsbanken so umfangreich für jedes einzelne Mitglied angelegt sind, ist ein Blick in die Geschichte notwendig.

Gegründet wurden Genossenschaftsbanken im 19. Jahrhundert, in einer Zeit, die nicht nur von Armut und Hunger für breite Teile der Bevölkerung gekennzeichnet war, sondern auch durch exklusiven Zugang zu Finanzdienstleistungen. Handwerkern und Bauern war aufgrund fehlender Bonität Zugang zu Krediten quasi unmöglich. Nach dem Prinzip "Hilfe zur Selbsthilfe" gründeten Hermann Schulze-Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen Vereine zur Bündelung von Geldmitteln, um Kreditvergabe an Mitglieder zu ermöglichen.

Aus dem genossenschaftlichen Leitgedanken der "Hilfe zur Selbsthilfe" leitet sich auch das Solidaritätsprinzip ab. Die genossenschaftliche Sicherungseinrichtung institutionalisiert das Prinzip der Hilfe auf Gegenseitigkeit. Genossenschaftsbanken treten gegenseitig füreinander ein. Dabei gehen Schutzmaßnahmen der institutseigenen Sicherungseinrichtung deutlich über gesetzliche Bestimmungen hinaus.

Eine Betragsbegrenzung des Einlagenschutzes gibt es nicht. Der Schutz gilt nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für Unternehmen, Vereine und Stiftungen. Der gegenseitige Schutz umfasst nicht nur Kundeneinlagen, sondern sichert die Existenz eines jeden einzelnen Instituts. Dadurch ist das Bonitätsrisiko der genossenschaftlichen Bankengruppe deutlich reduziert. Durch diesen Institutsschutz ist auch die Rückzahlung aller Inhaberschuldverschreibungen inklusive der Zertifikate der genossenschaftlichen Bankengruppe geschützt.

Genossenschaftsbanken sind rechtlich selbstständig und historisch in der Region verwurzelt. Mit rund 1200 Banken und über 13 000 Bankstellen geben sie ein klares Bekenntnis zur Breitenversorgung mit Finanzdienstleistung ab. Und zwar nicht nur über Onlinebanking und Brokera-ge-Anwendungen, sondern über persönliche Beratung vor Ort. Der Bankberater kennt seine Kunden persönlich und damit auch ihre Bedürfnisse und ihre wirtschaftlichen Verhältnisse. Der Kunde steht im Mittelpunkt der Beratung - nicht einzelne Produkte. Der Förderauftrag spiegelt sich ganz konkret im Leistungsversprechen der Genossenschaftsbanken wider. Im Fokus der genossenschaftlichen Vertriebskultur steht die verantwortungsvolle und ganzheitliche Beratung des Kunden.

Leistungen der Zentralinstitute am Bedarf der Primärbanken messen

Darüber hinaus ist die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung integraler Bestandteil der Geschäftspolitik. Nicht nur dass Unternehmenssteuern, Arbeitsplätze und Investitionen in der Region für die Region wirken. Jährlich fließen über 100 Millionen Euro als Spenden und Sponsoring in lokale Aktivitäten, die häufig zusätzlich durch persönliches Engagement von Vorständen und Mitarbeitern unterstützt werden.

Regionalität bedeutet auch Risikobegrenzung in der Geschäftspolitik. Das Prinzip der "Hilfe zur Selbsthilfe" setzt sich im Geschäftsverhältnis zwischen den Genossenschaftsbanken und den genossenschaftlichen Zentralbanken und Spezialinstituten fort. Den Zugang zum Kapitalmarkt stellt die DZ Bank als Zentralbank sicher, sodass sich lokale Genossenschaftsbanken auf die originären Aufgaben einer Bank für die Menschen in der Region und die lokale Wirtschaft fokussieren können. Das Wachstum des Kreditvolumens während der Finanzkrise - allein 2009 um 3,4 Prozent - belegt diese Verantwortung.

Subsidiarität bedeutet aber auch, dass sich im Gegensatz zu Filialorganisationen im genossenschaftlichen Geschäftsmodell Leistungen der Zentralbanken und Spezialinstitute am Bedarf der Genossenschaftsbanken und ihrer Kunden messen lassen müssen. Dieses selbstregulierende System ist die Basis einer hohen Beratungs- und Produktqualität im bilateralen Geschäftsverhältnis innerhalb des genossenschaftlichen Finanzverbundes.

Die DZ Bank bietet beispielsweise den Genossenschaftsbanken ein breites Leistungsangebot für die Beratung im Wertpapiergeschäft an. Dies erstreckt sich von bedarfsgerechten Informationspaketen über hochwertige Anlageprodukte bis zu integrierten technischen Plattformen für Informationsbeschaffung und Abwicklung. Dabei ist ein hoher Qualitätsstandard Maßgabe. Bereits seit mehreren Jahren wird der Produktentwicklungsprozess von Akzent Invest Zertifikaten durch die Zertifizierung nach der ISO-Norm 9001 des TÜV Süd und von Lloyd, s Register regelmäßig überprüft. Anlagebedürfnisse der Kunden sind die Richtlinie für Produktausgestaltung und Kommunikation unserer strukturierten Produkte und Zertifikate.

Verbraucherinteressen im operativen Geschäft verankert

Auch bei den Spezialinstituten der DZ Bank Gruppe sind Verbraucherinteressen im operativen Geschäft verankert. Beispielsweise bei der Team-Bank. Der Ratenkreditspezialist legt nicht nur Wert auf eine verbraucherfreundliche Produktausgestaltung des Easy Credit. So ist die Restschuldversicherung durchgängig optional und der Kunde wird bei möglichen Zahlungsschwierigkeiten nicht allein gelassen, sondern durch individuelle und flexible Maßnahmen begleitet. Zudem setzt sich Easy Credit durch die Stiftung "Deutschland im Plus" mit Präventionsmaßnahmen und aktiver Hilfestellung für Überschuldungsprävention bei privaten Haushalten ein.

Mit unserem Anspruch an Qualität, Transparenz und Information gepaart mit der genossenschaftlichen Vertriebskultur, die den Menschen mit seinen Bedürfnissen in den Mittelpunkt stellt, leistet der genossenschaftliche Finanzverbund bereits heute mit den bestehenden Gesetzen inhärenten Verbraucherschutz.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors beim Privatkundenforum 2010.

Lars Hille , Vorsitzender des Vorstands , V-BANK AG, München
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