Blickpunkte

Finanzkrise – Punkte-Katalog für Lehman-Opfer

Kulanz-Regelungen für Lehman-Anleger, wie sie Haspa und Fraspa praktizieren, sind von den Medien zwar als Geste des guten Willens gewürdigt worden. Die Intransparenz des Verfahrens, die es nicht nachvollziehbar macht, wer in welcher Höhe entschädigt wird, blieb indessen der Hauptkritikpunkt. An eben diesem Punkt setzt die Lösung an, die die Citibank mit der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ausgearbeitet hat. Auch hierbei handelt es sich um eine reine Kulanzregelung ohne jede Rechtspflicht, wie die Citibank ausdrücklich betont. Dennoch ist es für die Verbraucherschützer, die zuvor straf- und zivilrechtliche Schritte geprüft hatten, eine akzeptable Lösung, um Geschädigten schnell und transparent zu einer Zahlung zu verhelfen. Wie die rund 27 Millionen Euro, die die Bank für besonders hart getroffene Kunden bereitstellt, verteilt werden, wird indessen mit einem festen und veröffentlichten Kriterienkatalog ermittelt, sodass jeder Betroffene mit einem "Lehman-Rechner" selbst ausrechnen kann, ob und in welcher Höhe er mit einer Entschädigung rechnen kann. Der hierzu erstellte Punkte-Katalog erinnert ein wenig an Lösungen, wie sie Unternehmen mitunter zum sozialverträglichen Arbeitsplatzabbau verwenden. Punkte gibt es fürs Alter, für die gewählte Anlagestrategie, den Depotanteil Lehman, das liquide Vermögen, das Datum der Zeichnung und die angebliche Risikoüberschreitung auf Kundenwunsch. Jedes der Kriterien fließt dabei mit unterschiedlicher Gewichtung in die Bewertung ein. Unter dem Strich wird dabei nichts wesentlich anderes herauskommen als bei den Sparkassen auch. Auch bei der Citibank kann nur etwa jeder vierte Betroffene mit einer Entschädigungszahlung von im Schnitt 50 Prozent des Anlagebetrags rechnen, bei einer Spanne von etwa 30 bis 80 Prozent. Auch hier erhalten ältere Kunden mit dokumentierter geringer Risikobereitschaft, wenig Erfahrung mit Anlageprodukten und geringem übrigen liquiden Vermögen, letztlich die höchsten Entschädigungsbeträge. Auch bei der Citibank mögen sich Kunden, die den genannten Kriterien nicht entsprechen, durch die getroffene Auswahl benachteiligt fühlen aber zumindest nicht willkürlich übergangen, vielleicht gar vergessen. Dass das Auswahlsystem für die Entschädigung gemeinsam mit Verbraucherschützern entwickelt wurde und das Verfahren obendrein von der Parlamentarischen Staatssekretärin im Verbraucherschutzministerium, Ursula Heine-Esser, als Schirmherrin begleitet wird, ist eine Art "Gütesiegel" für den fairen Umgang mit den Betroffenen. Das Ministerium bezeichnet es sogar als Lösung mit Modellcharakter. Der Citibank sichert dies die Aufmerksamkeit der Medien, wohlwollende noch dazu. Und die genießt die Citibank, die oft genug in der Kritik der Verbraucherschützer steht, nicht allzu oft. sb

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