Versicherer im Bankgeschäft

"Betriebliche Krankenversicherung ist im Bankvertrieb ein neues Pflänzlein" - Interview mit Frank Kettnaker, Wolfgang Holoch und Matthias Sattler

Wie ist das Geschäftsjahr 2012 verlaufen?

Kettnaker: Alles in allem sind wir im Alte Leipziger-Hallesche Konzern mit dem Ergebnis überaus zufrieden. Bei der Alte Leipziger Leben erhöhte sich der laufende Beitrag um zirka 6,8 Prozent, wobei der Gesamtmarkt wahrscheinlich mit einem Minus abschließen wird. Die Hallesche Krankenversicherung konnte die Zahl der Vollversicherten netto um über 6 500 Personen steigern. In der Sachversicherung haben wir im Neugeschäft ungefähr das Vorjahresergebnis erzielt. Entscheidend war hier, dass die Schadenquote um 6,8 Prozentpunkte verbessert wurde. Der breite Zuspruch von Maklern ist darüber hinaus ein Zeichen dafür, dass das Gesamtpaket stimmt und wir uns in diesem anspruchsvollen Segment gut positioniert haben.

Welchen Ausblick können Sie für 2013 geben?

Kettnaker: In den vergangenen zwei Jahren profitierten wir von diversen Schlussverkäufen - zuerst Rechnungszinssenkung, dann Unisex. Deswegen gehen wir für 2013 von einem eher verhaltenen Wachstum aus. Wichtig wäre, dass die Politik uns mit der Flut von Regulierungen aus ihren Fängen entließe, sodass wir Investitionen und Kapazitäten in den Unternehmen wieder auf innovative Arbeiten richten könnten, zum Beispiel die Entwicklung neuer Produkte. Dafür brauchen wir Versicherer Luft zum Atmen.

Wie sehen Sie die aktuelle Marktpositionierung des gesamten Konzerns/der wichtigsten Gesellschaften?

Sattler: Nach den Bestandsgrößen liegt die Alte Leipziger Leben etwa unter den Top 15. Mit den Produkten und Lösungen für die betriebliche Altersversorgung zählen wir sogar zu den Top 5. In der Berufsunfähigkeitsversicherung - eine unserer Kernkompetenzen - dürften wir einer der größten Anbieter im Markt sein. Im Krankenversicherungsmarkt gehören wir zu den zehn führenden Unternehmen. Wir fühlen uns auf jeden Fall im Kreis der Großen gut aufgehoben, auch wenn Größe alleine kein Qualitätsmerkmal ist.

Welches Qualitätsmerkmal zeichnet Sie denn aus?

Kettnaker: Kompetente Beratung und umfassender, individueller Service sind unsere Stärken im Vertrieb. Unseren Geschäftspartnern steht in jeder Sparte ein Spezialist als persönlicher Ansprechpartner zur Verfügung. Anonyme Call-Center passen nicht zu uns.

Sattler: Etwa 90 Prozent des Umsatzes werden über ungebundene Vermittler, das heißt Makler und Mehrfachagenten, erzielt. Daneben haben wir eine relativ kleine eigene Ausschließlichkeitsorganisation. Es ist eine große Herausforderung, sich täglich mit anderen Versicherern am Maklermarkt zu messen. Unser Geschäftserfolg 2012 und in den Jahren zuvor zeigt, dass wir wissen, wie dieser Markt funktioniert und wie man mit unabhängigen Geschäftspartnern zusammenarbeitet.

Wie ist der Vertrieb organisiert?

Kettnaker: Die Ausschließlichkeitsorganisation mit zirka 250 Generalagenten hat einen Umsatzanteil von etwa zehn Prozent. Darüber hinaus sind wir mit sechs verschiedenen Vertriebsdirektionen dezentral aufgestellt. Sie sind nach Sparten - Leben, Kranken und Sach - organisiert. Jede Einheit betreut unabhängige Vermittler und unsere Generalagenten gemeinsam.

Darüber hinaus ist in der Direktion in Oberursel und Stuttgart das Key-Account-Management angesiedelt, das Spezialmakler betreut und den Bankvertrieb verantwortet. Dabei ist Bankvertrieb nicht im klassischen Sinne zu verstehen. Wir sind nicht Exklusivpartner einer Bank, sondern besetzen in diesem Vertriebssegment produktspezifische Nischen und Themenfelder.

Wie wichtig ist Exklusivität angesichts der Marktentwicklungen?

Kettnaker: Mittlerweile befreien sich immer mehr Kreditinstitute - gerade auch Sparkassen - von der exklusiven Partnerschaft mit ihren Verbundversicherern. Diese Versicherungsgesellschaften sind und bleiben strategische Partner der Banken, aber in bestimmten Kundensegmenten und bei besonderen Fragestellungen greift man auf die Angebote der Alte Leipziger Leben zurück. Diese Felder besetzen wir dann gerne. Wir sprechen mit interessierten Banken über Angebote und Produkte und schließen attraktive Kooperationen. Dann kümmern wir uns entweder direkt um die Bankberater vor Ort, schulen eine ganze Einheit und stellen den kompetenten Support sicher. Den Vertrieb übernimmt die Bank selbst.

Sattler: Unser Angebot richtet sich insbesondere an das Geschäft mit vermögenden Kunden und das Firmenkundengeschäft. Im Bereich Leben sind wir mit dem Bankvertrieb bereits seit Längerem aktiv. Zusätzlich wollen wir nun den Ball für die betriebliche Krankenversicherung aufnehmen.

Welche Kundengruppen stehen bei der Hallesche im Fokus?

Holoch: Viele große Konzerne befinden sich gegenwärtig noch in der Planung für die Einführung der betrieblichen Krankenversicherung. Bei unseren Anbahnungsgesprächen stehen deshalb mittelständische Unternehmen in einer Größenordnung von 50 bis 300 Mitarbeitern im Fokus. Sowohl aus Sicht der Kundenbindung als auch hinsichtlich der Vergütung ist das auch sehr interessant für die Kreditinstitute.

Viele Kreditinstitute konzentrieren sich aktuell verstärkt auf das Private-Banking-Geschäft. Verbessern sich dadurch Ihre Vertriebschancen?

Kettnaker: Wir haben traditionell ein großes Know-how im Privatkundensegment und in der Ansprache kleiner und mittelständischer Firmenkunden. Unsere Makler konzentrieren sich seit Jahren auf dieses Segment und "zwingen" uns zu hoher Qualität. Deshalb haben wir bessere Chancen als andere, auf die individuellen Anforderungen einer Bank beziehungsweise ihrer Kunden eine Lösung zu finden. Wenn man als Versicherer exklusiver Kooperationspartner einer Bank ist, neigt man dazu, die Betreuung zu standardisieren. Und genau das tun wir nicht.

Ein Firmenkunde kann sowohl als Unternehmen als auch als Unternehmer auftreten. Versuchen Sie, auch die jeweils andere Seite abzubilden?

Kettnaker: Wenn wir beide Seiten ab bilden, dann nur in Absprache mit der Bank, denn der Kunde ist und bleibt der Kunde der Bank. Natürlich weiß sie, dass der Unternehmer auch Privatmann mit spezifischem Versicherungsbedarf ist. In welcher Form dieser Bedarf gedeckt wird, entscheidet der Berater vor Ort.

Beide Verbünde haben einen Finanzplan respektive ein Finanzkonzept, in dem das Thema Versicherungen ein integraler Bestandteil ist. Müsste nicht dann ein Berater auch dieses Thema ansprechen?

Kettnaker: Der Kundenberater einer Bank oder Sparkasse spricht mit seinem Kunden zunächst über Anlagen und ihre Diversifizierung. Er lenkt das Gespräch dann zunehmend auch auf Versicherungen beziehungsweise Altersvorsorge und private Sachversicherungen. Das anschließende Beratungsgespräch, in dem es um die Details geht, wird von Spezialisten aus der Bank geführt. Dieses Feld besetzen aktuell die Verbundpartner der Kreditinstitute, aber zunehmend mehr wollen wir hier ein Partner werden.

Werden Sie bei den Verbänden vorstellig, um sich hinsichtlich der Finanzkonzepte zu positionieren?

Sattler: Nein, wir gehen direkt auf die Banken zu. Die betriebliche Krankenversicherung ist für den Bankvertrieb ein neues Pflänzlein, das wir kräftig gießen. Im Schwerpunkt wollen wir die Beziehung zu den Banken intensivieren, die sich in der Nähe der beiden Direktionsstandorte befinden. Dort können wir mit unserem Service besonders "punkten".

Preferred Partner wollen Sie aber schon sein?

Holoch: Ein Commitment des Managements sollte zumindest da sein, um der Zusammenarbeit Ernsthaftigkeit zu verleihen. Wir planen schließlich auch Mitarbeiterkapazitäten. Unter Umständen stellen wir auch vertriebliche Aktivitäten zurück, um mit der Bank eine Partnerschaft zu starten.

Ist ein solches Commitment nur vertraglicher Natur, oder werden dort auch Zahlen hinterlegt?

Kettnaker: Für uns als traditioneller Maklerversicherer gilt das Leitbild des ehrbaren Kaufmanns und deshalb brauchen wir keine schriftlichen Umsatzziele. Wir sind es gewohnt, von Unternehmer zu Unternehmer mehrmals im Jahr Gespräche zu führen. Hierbei wird diskutiert, ob Erwartungen erfüllt wurden, wie zufrieden man mit der Zusammenarbeit und der Unterstützung war und wo es Stellschrauben zur Verbesserung gibt. Mit diesem Vorgehen haben wir gute Erfahrungen gemacht.

Wenn der Individualkundenberater erfolgreich auf Sie überleitet - wie viel verdient er daran?

Sattler: Unsere Betreuer für die Banken werden nicht, wie teilweise bei Mitbewerbern, als Handelsvertreter auf Basis § 84 HGB erfolgsabhängig bezahlt, sondern sie stehen in einem Angestelltenverhältnis. Das gibt der Bank die Sicherheit einer kundengerechten und unabhängigen Betreuung.

Holoch: Unsere Betreuer sind in der Regel keine "Endkundenverkäufer". Wie im Maklervertrieb treten sie als Multiplikatoren in Richtung Bank auf. Natürlich können sie die Bank im Endkundengeschäft unterstützen, gerade wenn es um spezielle Themen wie betriebliche Krankenversicherung oder betriebliche Altersversorgung geht. Im Regelfall liegt der Abschluss aber bei dem in der Bank zuständigen Mitarbeiter.

Wo sehen Sie das Pflänzchen Bankvertrieb in fünf Jahren?

Holoch: Der Bankvertrieb spielt für die betriebliche Krankenversicherung bei Weitem noch nicht die Rolle wie für die Lebensversicherungsprodukte, bei denen er einen Umsatzanteil von mehr als 25 Prozent hat und weiter zunehmen wird. Unsere Zielgruppe für die betriebliche Krankenversicherung sind Firmenkunden; hier wollen wir uns nachhaltig positionieren. Für dieses Produktthema sehen wir in Zukunft einen großen Markt. Denn für jeden Arbeitgeber stellt sich die Frage, wie er Fachkräfte bekommt und diese halten kann. Nur mit der Implementierung einer betrieblichen Altersversorgung alleine ist Mitarbeiterbindung heute nicht mehr realisierbar.

Kettnaker: In unserer unternehmerischen Ausrichtung verfolgen wir mittel- und langfristige Ziele. Als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, der als Treuhänder die Kundengelder verwaltet, gehen wir planvoll und nachhaltig vor. Das wird im Markt anerkannt und geschätzt. Auch eine Bank hat kein Interesse daran, alle drei Jahre den Partner zu wechseln. Deshalb würde ich mir wünschen, bei Genossenschaftsbanken und Sparkassen stärker Fuß zu fassen. Unsere Kulturen passen zusammen. Realistisch haben wir es in fünf Jahren geschafft, dass die betriebliche Krankenversicherung immer ein Thema im Beratungsgespräch ist und erfolgreich vertrieben wird. Im Bereich Leben wollen wir es in fünf Jahren schaffen, die strategischen Bankpartnerschaften, die wir heute haben, zu festigen und neue zu gewinnen.

Schildern Sie doch bitte kurz das Besondere an Ihrer Lösung einer betrieblichen Krankenzusatzversicherung. Warum sollte eine Bank dieses Produkt ihren Firmenkunden anbieten?

Holoch: Für ein erfolgreiches Unternehmen ist es entscheidend, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und langfristig zu binden. Die betriebliche Altersversorgung spürt der Arbeitnehmer immer erst dann, wenn er bereits das Unternehmen verlassen hat, nämlich im Ruhestand. Bei der betrieblichen Krankenversicherung sieht er sofort den Nutzen, etwa in Form von Zuschüssen bei Zahnersatz oder Vorsorgeuntersuchungen.

Unser Angebot einer betrieblichen Gesundheitsförderung besteht aus zwei Komponenten: Die erste Komponente ist das betriebliche Gesundheitsmanagement mit individuellen Konzepten und Maßnahmen zur Gesundheitsförderung.

Die zweite Komponente ist die betriebliche Krankenversicherung. Sie bietet nach den Vorgaben des Unternehmens eine hochwertige Absicherung der Mitarbeiter im Krankheitsfall Mit der Einführung einer solchen betrieblichen Gesundheitsförderung können die Unternehmen nicht nur Kosten senken, sondern auch die Treue ihrer Mitarbeiter belohnen. Dabei wird der Aufwand für den Arbeitgeber so niedrig wie möglich gehalten.

Prädestiniert für dieses Produkt sind doch sicherlich auch zahlreiche Volksbanken Raiffeisenbanken und Sparkassen selber. Passen die nicht auch in Ihre Zielgruppe?

Sattler: Das könnte der Gesprächseinstieg sein. Wenn die betriebliche Krankenversicherung in der eigenen Bank implementiert ist, kann man als Berater mit viel mehr persönlichem Engagement darüber sprechen.

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