Technik im Retail

Bank und Technik - Mobile Banking erfordert plattformübergreifende IT-Strategie

Auf der IT-Seite stehen für die Finanzbranche die Modernisierung und Verbesserung der Oberflächen im Privat- und Firmenkundengeschäft sowie intern im Fokus. Darüber hinaus liegt ein Schwerpunkt auf der Einbindung bisher vernachlässigter Kanäle wie Twitter und Facebook. Gleichzeitig muss die Industrie diese Anwendungen für mobile Geräte optimieren. Für Versicherungen stehen hauptsächlich verbesserte Vertriebsprozesse im Mittelpunkt, während Banken Funktionen und Services neu aufsetzen müssen.

Ein Besuch auf den Webseiten vieler Anbieter zeigt, dass die Auftritte in die Jahre gekommen sind. Das gilt für das Design, aber noch viel häufiger für Seitenstruktur, Menüführung und Bedienfreundlichkeit. Kunden müssen sich bei einigen Banken viel zu lange "durchklicken", bevor sie die Inhalte und Informationen finden, die sie benötigen. Dasselbe gilt auch für die Social-Media-Plattformen und -Foren. So werden Auftritte bei Facebook nicht oder nur selten aktualisiert und auf die Kommentare und Postings der Kunden wird selten eingegangen. Mobile Anwendungen waren in der Vergangenheit fast ausschließlich aus Erwägungen des Marketings konzipiert und programmiert. Dabei wurden die Anwendungslandschaft innerhalb des Unternehmens und die zugrunde liegende IT-Architektur viel zu selten berücksichtigt. In der Konsequenz war der Nutzen sehr gering und die Weiterentwicklung sowie die Wartung solcher Programme sehr aufwendig.

Heruntergebrochen auf die Versicherungsindustrie gilt zu konstatieren, dass Auftritt und Funktionalitäten über alle Online- sowie Mobil-Kanäle über die verschiedenen Sparten oft uneinheitlich sind. Teilweise betrifft das sogar den Auftritt einer kompletten Marke. Daneben ist festzustellen, dass die IT-basierten Lösungen häufig nicht auf die Bedürfnisse der Mediäre wie Ausschließlichkeitsvertrieb, Makler, Exklusivpartner oder die eigene Vertriebsorganisationen zugeschnitten sind. Self-Service-Funktionen, die woanders selbstverständlich sind, werden kaum berücksichtigt.

Defizite beim Mobile Banking

Die Banken stehen vor anderen Herausforderungen. Die Kunden haben sich in den vergangenen Jahren sehr an das Online-Banking gewöhnt. Ebenfalls gut ist das Mobile Banking angenommen worden.

Allerdings erwarten die Verbraucher zusätzliche Informationen und Möglichkeiten, etwa im Rahmen des "Trading". Manche Banken haben diese Funktionalitäten zwar bereits in ihren mobilen Applika tionen berücksichtigt. Allerdings gibt es noch häufig Defizite: So ist teilweise die Gestaltung und Handhabung wenig komfortabel und grafisch ansprechend gestaltet. Bei anderen Banken ist die Funktionalität nur eingeschränkt vorhanden oder Apps sind nicht für alle gängigen Plattformen (iOS, Android, Microsoft Windows) vorhanden.

Für die Zukunft der IT in der Finanzindustrie ist es von elementarer Bedeutung, dass die Unternehmen sich vergegenwärtigen, dass sie sich in einer Welt mit vielen Plattformen bewegen. Dies gilt sowohl für die verschiedenen Geräteklassen - sei es Tablet, Handy oder klassischer Com puter, etwa hinsichtlich der unterschiedlichen Displaygrößen - als auch in verschiedenen Betriebssystem- und Softwareumgebungen. Der Trend, den wir hier be obachten, ist dass klassische Softwarehersteller immer mehr dazu übergehen, auch eigene Hardware und Geräte anzubieten. Unternehmen wie Apple mit dem eigenen Betriebssystem iOS, Google mit Android oder zuletzt Microsoft mit Windows 8 geben die Richtung vor. Entsprechend müssen die Banken und Versicherer ihre IT-Strategie Plattform-übergreifend aufsetzen. Das bedeutet, nicht nur die Website und Smartphones einzubeziehen, sondern auch Sorge dafür zu tragen, dass die verschiedenen Softwareumgebungen berücksichtigt werden. Auch die Schnittstellen zu den anderen "Ökosystemen" müssen bedacht werden.

Um also für die Herausforderungen gewappnet zu sein, muss ganz am Anfang eine Strategie für mobile Anwendungen definiert werden. Auf dieser Basis werden Kosten-Nutzen-Betrachtungen aufgestellt und anhand einer Vorausplanung priorisiert. Danach gilt es, verschiedene Technologieansätze zu bewerten. Hierbei gilt es insbesondere zu entscheiden, ob man die Implementierung mit der Technologie und der jeweils zugehörigen Plattform nutzt oder ob man mit Plattform-übergreifenden Lösungen wie HTML5/mobile Web Entwicklungskosten sparen möchte. Daneben gibt es Zwischenlösungen wie hybride Apps oder Cross-Plattform-Technologien.

Für die Vereinheitlichung der gesamten IT-Strukturen und IT-Architektur ist die Einführung einer eigenen Organisationseinheit häufig sinnvoll. Hierbei ist es wichtig zu fokussieren und die entsprechenden IT-Services zu integrieren. Mobile Anwendungen müssen genauso gepflegt und betreut werden wie die Webportale von Banken und Versicherungen.

Dr. Harald Haller ist Business Unit Leiter der Zühlke Engineering AG, Zürich

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