Bankenaufsicht

"Was wäre, wenn ..."

Was wäre, wenn es in Europa zu einem drastischen Konjunktureinbruch käme? Welche Konsequenzen hätte das für die Ergebnisse und die Eigenkapitalausstattung der Banken, die unter anderem unter geringeren Einnahmen und höheren Kreditausfällen zu leiden hätten? Genau dieses Szenario ließ die EBA im Laufe dieses Jahres von 48 europäischen Instituten im aktuellen Stresstest durchrechnen. Als einziges Szenario vorgegeben wurde ein Rückgang des BIP von im Schnitt acht Prozent. Dabei schwanken die Vorgaben je nach Land, um für ein vergleichbares Ausgangsszenario zu sorgen. Für das wachstumsstarke Deutschland beispielsweise lag die Annahme bei 10,1 Prozent Rückgang, für Italien dagegen nur bei 6,7 Prozent. Übungen dieser Art, gleich ob Stresstests oder Asset Quality Reviews, sind für die betroffenen Institute längst vertraut, gehören sie seit einigen Jahren doch schon zum aufsichtlichen Instrumentarium. Schließlich will sich kein Aufseher vorwerfen lassen, man hätte aus der Krise nichts gelernt und würde immer noch zu lax mit der Kreditwirtschaft umgehen.

Entsprechend gelassen gaben sich auch die Verantwortlichen des Bundesverbandes privater Banken kurz vor Veröffentlichung der Ergebnisse am 2. November. Stresstests seien ein Diagnosetool für die Aufseher, die wertvolle Informationen liefern können, hieß es da. Sie leisteten trotz aller Limitierung einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit einzelner Banken wie auch des Bankensystems insgesamt. Sie seien aber auch keine Wunderwaffen, die alle Probleme beseitigen würden. Begrüßt wurde darüber hinaus eine Neuerung, nämlich dass es ab sofort in Stresstests keine "Hürde" und damit auch keine "Durchfaller" mehr gäbe. Allerdings gibt es natürlich Banken, die in diesem Szenario mehr oder weniger Kapitalbedarf aufweisen werden. Die Gefahr der Stigmatisierung und der Verwerfung an den Märkten ist also keineswegs gebannt. Auch der daraus abzuleitende Interpretationsspielraum für die breite Öffentlichkeit ist natürlich weiterhin gegeben. Eine klare Wertung der Ergebnisse wird es nicht geben.

Was also lernen nun die Aufseher über die täglich von ihnen überwachten Banken Neues? Hoffentlich nicht viel, möchte man meinen. Außer vielleicht, dass in dem ein oder anderen Haus vielleicht in einem so extrem gewählten Szenario - ein Einbruch des Bruttoinlandsproduktes um mehr als acht Prozent in der Breite über ganz Europa wäre ein echtes Novum - doch höhere Risiken schlummern, als bislang geahnt. Was würde man in einem solchen Fall erwarten? Vielleicht die berüchtigte "Manndeckung", sprich einen intensiveren Kontakt seitens der Aufsicht mit dem betreffenden Institut. Aber doch bestimmt keine harten aufsichtlichen Maßnahmen. Genau dies könnte/ wird aber passieren. Denn Aufseher können die Ergebnisse des Stresstests, die auf einem einzigen höchst unwahrscheinlichen, hypothetischen und willkürlich gewählten Szenario basieren, hernehmen und in einen SREP-Zuschlag münden lassen. Denn diese Institute brauchen in einem solchen Fall - der wohl nie eintreten wird - ja mehr Eigenkapital. Man kann einmal mehr nur staunen über die Vorgehensweise der Aufsichtsbehörden. Doch offensichtlich kann man es mit den Banken und Sparkassen machen, denn der Aufschrei über solche Eigenkapitalaufschläge, die immerhin Geld kosten, bleibt aus. Entweder hat man sich schon daran gewöhnt oder der Respekt vor den Aufsehern ist zu groß, um den Finger zu heben. Aber kann es denn richtig sein, dass aus einer Diagnose mit den erwähnten unwahrscheinlichen Annahmen gleich schon die Therapie abgeleitet wird?

Was wäre, wenn die Aufsicht den Banken endlich eine harte Kernkapitalquote von 100 Prozent vorschreiben würde? Sicher wären diese dann auf jeden Fall ...

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