Bankenaufsicht

Zu viel Lärm

Raimund Röseler, Exekutivdirektor, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Frankfurt und Bonn

© Schafgans DGPh / BaFin

Die deutschen Institute haben im jüngsten Stresstest der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA schlecht abgeschnitten. In einem Extremszenario, das einen drastischen Konjunktureinbruch europaweit um 8 Prozent, einen signifikanten Anstieg der Arbeitslosenquote sowie einen spürbaren Verfall bei Immobilien- und Verbraucherpreisen simuliert, sank der Eigenkapitalpuffer über die kommenden drei Jahre mit einem Rückgang um 5,86 Prozentpunkte stärker als im europäischen Durchschnitt. Für die insgesamt untersuchten 48 europäischen Banken stand ein Abschmelzen der Eigenkapitalpositionen von im Schnitt 14,2 Prozent auf noch 10,1 Prozent zu Buche. Besonders hart getroffen hat es die Nord LB, die aber auch mit denkbar schlechten Voraussetzungen in den Check-up gestartet ist. Ihre harte Kernkapitalquote sackte in dem angenommenen Krisenszenario um 6,08 Prozentpunkte auf 7,07 Prozent ab.

Auch die Deutsche Bank musste einen heftigen Rückgang ihres Kapitalpuffers auf nur noch 8,1 Prozent hinnehmen. Allerdings wurde die Bilanz 2017 als Grundlage genommen, was laut Deutscher Bank zu einigen Verzerrungen führte. Denn es wurde ein wesentlicher Teil der Handelsverluste, die 2016 beim Abbau von Bilanzpositionen in der "Non-Core Operations Unit (NCOU)" entstanden waren, über drei Jahre fortgeschrieben, obwohl die NCOU Ende 2016 geschlossen wurde. Nach dem gleichen Prinzip fallen Verluste aus dem Verkauf des Privat- und Firmenkundengeschäfts in Polen im vierten Quartal 2017 in jedem der drei Prognosejahre erneut an. Die Commerzbank hätte nach Durchlaufen des Krisenszenarios Ende 2020 noch einen Kapitalpuffer von 9,93 Prozent. Ähnlich schlecht wie die deutschen Banken schnitten in diesem Stresstest nur noch die Briten ab.

Für die EBA liegen die Gründe der spürbaren Kapitalrückgänge auf der Hand: die mangelnde Profitabilität dies- wie jenseits des Kanals. Das kann nun aber wirklich nicht mehr überraschen. Seit Jahren beklagen die Banken selbst, aber auch die Aufseher die enormen Lasten aus der EZB-Null- und -Strafzinspolitik und den enormen administrativen Aufwand zur Erfüllung der aufsichtlichen Anforderungen (siehe hierzu auch die Glosse Private Banken).

Für diejenigen, die seit Jahren über das deutsche Kreditgewerbe schimpfen, liefern die Stresstest-Ergebnisse dennoch ausreichend Stoff. "War doch zu erwarten", "Ein sehr schlechtes Ergebnis", "Es muss endlich etwas passieren", was war nicht alles zu hören. Und natürlich wurde auch gleich wieder das hohe Lied der Konsolidierung, der Kostensenkung und der Steigerung der Provisionserlöse durch noch mehr Beratung angestimmt. Gleichzeitig konnten sich aber auch die eher neutralen Beobachter ihre Argumente aus dem Stresstest ziehen. Raimund Röseler, Chef der Bankenaufsichtssparte der BaFin, beispielsweise sieht Fortschritte: "Alle deutschen Banken haben in dem für Deutschland besonders starken Abschwung-Szenario gezeigt, dass sie widerstandsfähig sind." Auch die Bundesregierung sieht nach dem Ergebnis des EU-Banken-Stresstests für die deutschen Institute keinen Anlass zu besonderer Sorge. "Unser Eindruck ist doch, dass die deutschen Banken sich insgesamt solide geschlagen haben", sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums. Der Test zeige, dass die Institute im Falle einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage über ein ausreichendes Finanzpolster verfügten. Der eine so, der andere so. Und dafür so viel Stress und Aufregung!

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