Privatkundengeschäft

Suche nach individueller Behandlung

Wenn hierzulande von Digitalisierung des Bankgeschäftes die Rede ist, haben viele Banker und auch Beobachter in erster Linie das Geschäft mit Privatkunden im Blick. Alle zwei Jahre ist genau das auch der Fokus einer weltweit durchgeführten Studie. Die Beratungs- und WP-Gesellschaft Ernst & Young hat gerade wieder die Ergebnisse einer Befragung von 55 000 Personen in 32 Ländern aus dem Frühjahr 2016 vorgelegt, da runter bei 2000 Verbrauchern in Deutschland. Wesentlicher Untersuchungsgegenstand war in diesen Zeiten natürlich das digitale Konsumentenverhalten und das digitale Leistungsangebot der Banken.

Besonders hervorgehoben wird ein weltweit zu beobachtender Vertrauensverlust der Bankkunden, der in Deutschland der Tendenz nach noch stärker ausgeprägt ist als im Durchschnitt der befragten Länder. Mehr als jeder Dritte sagt, dass sein Vertrauen in die Banken insgesamt in den vergangenen zwölf Monaten gesunken sei. Interessant ist dabei allerdings, dass der Vertrauensverlust der hiesigen Kunden sich nur auf die Branche allgemein bezieht, während das Grundvertrauen in die eigene Hausbank nur in der Schweiz höher ausfällt. Zu verdanken ist die Verbundenheit der deutschen Kunden mit ihrer Hausbank vor allem dem Sicherheitsaspekt in seinen Ausprägungen Datenschutz, Schutz vor betrügerischen Transaktionen sowie Gebühren- und Kostentransparenz. Viel stärker als in anderen Ländern (45 gegenüber 27 Prozent weltweit) wissen die hiesigen Kunden auch eine zuverlässige Beratung zu würdigen - dem Geschrei der Verbraucherschützer zum Trotz. Und genau das ist ein Aspekt, den die deutsche Bankenszene, bei aller Notwendigkeit mit den Anforderungen der digitalisierten Welt Schritt zu halten, bei ihrer strategischen Ausrichtung im Auge behalten sollte.

Es ist zweifellos ein großes Verdienst von weltweit agierenden Beratungsunternehmen oder auch Finanzdienstleistern, durch einschlägige Befragungen und eigenes Knowhow die Märkte und das Kundenverhalten in vielen Weltregionen zu analysieren. Sie mögen damit die großen Trends erkennen und frühzeitig nützliche Hinweise geben, in welche Richtungen das Bankgeschäft entwickelt werden könnte. Aber all diese Erhebungen bergen ebenso wie die für alle Banken gültigen regulatorischen Vorschriften immer stärker die Gefahr, dass sich weltweit immer ähnlicher werdende Finanzdienstleister entwickeln. Soweit die Banken in einer Welt der Digitalisierung stark von Technik dominiert werden, besteht dabei im Übrigen die Gefahr einer drastischen Margenverengung. Bei solchen Aussichten dürften sich für kleine Häuser mit einem Schwerpunkt auf hohem Sachverstand und persönlicher Beratungskompetenz auch in Zukunft Nischen ergeben, die ein sehr auskömmliches Geschäft erlauben. Das passt zumindest zu dem erwähnten typisch deutschen Akzent der Studienergebnisse. Bei vielen der befragten Kunden gibt es hierzulande eine gewisse Sehnsucht nach individueller Behandlung. Wieso sollte diese nicht eine bessere Chance auf gute Geschäfte bieten als eine allzu einseitig forcierte Technisierung? Die Kunst besteht in der richtigen Mischung.

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