Genossenschaftsbanken II

Handwerk statt Mundwerk

Geno Haus Stuttgart, Quelle: BWGV

In verhältnismäßig knappen Worten trug Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV), die Zahlen für das Geschäftsjahr 2020 vor. Dabei schlugen sich die 159 Volksbanken und Raiffeisenbanken im Ländle gar nicht schlecht, gemessen an den Umständen. Die Bilanzsumme kletterte um 15,5 Milliarden Euro beziehungsweise 8,9 Prozent auf 188,8 Milliarden Euro. Kundenforderungen erhöhten sich von 108,3 Milliarden Euro 2019 auf 115,0 Milliarden Euro und damit um 6,2 Prozent. Davon entfielen rund zwei Drittel auf Privatkunden, eines auf Firmenkunden. Treiber der positiven Entwicklung waren Immobilienkredite mit langer Zinsbindung zu günstigen Konditionen. Auf der Einlagenseite waren angesichts erhöhter Vorsicht und Konsumstau große Zuwächse zu verzeichnen, vor allem bei täglich fälligen Einlagen. Diese wuchsen um 10,4 Milliarden Euro beziehungsweise 11,7 Prozent auf 99,3 Milliarden Euro, während Termineinlagen um 1,1 Milliarden Euro und damit um 15,1 Prozent auf 6,6 Milliarden sanken. Insgesamt stiegen die Kundeneinlagen um 9,1 Milliarden Euro oder 6,9 Prozent auf 141,6 Milliarden Euro.

Mit einem Anstieg des Kernkapitals um 0,7 Milliarden Euro oder 4,8 Prozent auf 15,5 Milliarden Euro und damit einer Kernkapitalquote von 16,1 Prozent (2019: 15,7 Prozent) scheinen sich die Häuser des BWGV wetterfest machen zu wollen, auch wenn Glaser betonte, dass es bisher nicht zu größeren Verwerfungen bei Gewerbekunden gekommen sei. Bei weiterhin unsicheren Aussichten für 2021 und einer gespaltenen Konjunktur gebe es aber Anzeichen für Schwierigkeiten, sollte nicht bald eine Besserung der wirtschaftlichen Bedingungen anstehen.

Gemäß der Unwetterstimmung war auch die Ertragsentwicklung 2020 im BWGV negativ. Der Zinsüberschuss sank wegen des Einlagenüberhangs und für die Banken weniger wertvoller Kredite um 0,1 Milliarden Euro oder 3,1 Prozent auf 2,66 Milliarden Euro. Dies konnte nur leicht mit einem um 0,02 Milliarden Euro gestiegenen Provisionsüberschuss von 1,14 Milliarden Euro ausgeglichen werden. Der leichte Anstieg ist auf einen Beratungsschwerpunkt bei der Geldanlage im Fondsgeschäft zurückzuführen. Bei sich seitwärts bewegenden Verwaltungskosten von 2,65 Milliarden Euro (2019: 2,64 Milliarden Euro) steht am Ende ein Betriebsergebnis vor Bewertung von 1,17 Milliarden Euro im Vergleich zu 1,23 Milliarden Euro im Vorjahr.

Trotz des Ergebnisrückgangs sieht der BWGV das Jahr 2020 als solide an. Besonders die Kernkapitalentwicklung wurde in der Präsentation positiv herausgestellt. Zwar gab Glaser im Anschluss an die Geschäftszahlen verschiedene Mahnungen im Hinblick auf die Niedrigzinspolitik der EZB, die europäische Vergemeinschaftung der Haftung für notleidende Banken unter dem Vorwand des pandemiebedingten Krisenmanagements sowie Regulatorik und den pauschalen Dividendenstopp, denen es jeweils an Proportionalität mangeln würde. Diese Kritikpunkte wurden aber von anderen bereits mehrmals und mitunter eindringlicher formuliert. Wesentlich wichtiger ist, und das wurde durch das Fehlen einer Brandrede verdeutlicht, dass die Institute sich mit den widrigen Umständen arrangieren und Lösungen für die angesprochenen Probleme finden. Und anstatt Zeit und Kraft auf Kritik zu verschwenden, die dann auf taube Ohren fällt, muss es dort unter allen Umständen, trotz Pandemie, Niedrigzinsen, Regulatorik, stoisch heißen: Schaffe, schaffe ...

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