Sparkassen

Ein Geschäft mit Risiken und Nebenwirkungen

Mit dem ihm eigenen Talent zu pointierten Kommentaren hätte Gerhard Grandke seine Berichterstattung über die Halbjahresergebnisse 2016 der hessischen und thüringischen Sparkassen sicherlich mehrfach mit einer bissigen Schelte der Verantwortlichen für die unerwünschten Nebenwirkungen der (geld-)politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen anreichern können. Aber zumindest bei seiner Präsentation der Zahlen hielt sich der Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen mit allzu kritischen Anmerkungen zurück. Gleichwohl wurde mehrfach deutlich, wie wenig sich die hiesigen Sparkassen wie auch die anderen Institute den aktuellen Rahmenbedingungen entziehen können.

Dass sich seine Sparkassen nur schwerlich vorstellen können, die negativen Einlagenzinsen der EZB an die privaten Kunden weiterzugeben, ist derzeit auch über die Sparkassenorganisation hinaus weitgehend konsensfähig. Doch was passiert eigentlich, wenn immer mehr Institute dieses Prinzip aufweichen, die Kunden daraufhin ihre Einlagenkonten plündern und Gelder zu jenen Instituten transferieren, die wenigstens die Nullverzinsung halten? Auf Schätzungen des DSGV gestützt veranschlagt Grandke die Subventionierung der Sparer durch den positiven Zins auf der Einlagenseite heute schon auf jährlich 500 Millionen Euro. Sollten die Negativzinssätze der EZB noch anziehen und/oder wirklich wichtige Wettbewerber Einlagen ihrer privaten Anleger mit Negativzinsen belegen, könnten auch die Sparkassen einen möglichen Zustrom von Kundengeldern kaum auffangen. Im ersten Halbjahr haben die 50 Sparkassen des SGVHT den Bestand an Kundeneinlagen mit 91,266 Milliarden Euro - das liegt 0,3 Prozent unter dem Vorjahreswert - weitgehend stabil gehalten.

Eine verstärkte Kreditvergabe als Ventil hat mit einem Plus von 1,8 Prozent im ersten Halbjahr den Gesamtbestand der hessischen und thüringischen Sparkassen auf 69,924 Milliarden Euro ansteigen lassen und damit den Einlagenüberhang sogar verringert. Aber gerade im florierenden Geschäft mit der privaten Baufinanzierung sorgt allen aktuellen Zahlen nach die Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie seit April für einen messbaren Dämpfer. Seitdem im Zuge des Paradigmenwechsels bei der Kreditwürdigkeitsprüfung nicht mehr in erster Linie auf die Sicherheit der Immobilie abgestellt wird, sondern auf das hochzurechnende perspektivische Einkommen der Kreditnehmer, werden messbar weniger Baufinanzierungskredite an Private ausgereicht. Ob und inwieweit das nun auf Vorzieheffekte und/oder eine Zurückhaltung der Sparkassen und Banken zurückzuführen ist, kann man angesichts der kurzen Beobachtungsfrist von einem halben Jahr noch nicht abschließend beurteilen. Aber der Effekt ist da und zeigt sich ähnlich bei den Genossenschaftsbanken. So melden die Ortsbanken des RWGV im Vorjahresvergleich einen Rückgang der Bewilligungen um 15 Prozent und beklagen die fehlende Folgenabschätzung für ältere Kunden und junge Familien.

Trotz eines Minus von 5,3 Prozent für den aggregierten Zinsüberschuss in der aktuellen Prognoserechnung für das zweite Halbjahr stellt der SGVHT für das laufende Jahr auch dank des nach wie vor unauffälligen Bewertungsergebnisses wieder ein auskömmliches Ergebnis in Aussicht. Aber angesichts der diversen Unsicherheitsfaktoren der weltwirtschaftlichen Entwicklungen im Zuge von Freihandelsabkommen, von Brexit und Digitalisierung bis hin zu den offenen geldpolitischen Strategien der großen Notenbanken bleibt das Sparkassengeschäft in Hessen und Thüringen wie auch darüber hinaus auf absehbare Zeit mit großen Risiken und Nebenwirkungen behaftet.

Übrigens: Mit öffentlichen Anmerkungen zu möglichen Szenarien rund um eine weitere Landesbankenkonsolidierung kann sich Gerhard Grandke derzeit vornehm zurückhalten. Sollten sich im Zuge des Verkaufs der HSH Nordbank beziehungsweise rund um die Stabilisierung der Nord-LB im Umfeld der Schifffahrtskrise Bedingungen ergeben, die eine Sicherstellung der Zentralbankfunktion für die dortigen Sparkassen notwendig machen, wird er die Leistungsfähigkeit der Helaba schon rechtzeitig zu kommunizieren wissen. Dass die Frankfurter Landesbank solche Dinge kann, hat sie in Nordrhein-Westfalen gezeigt.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X