Gespräch des Tages

Sparkassen - Prognosescheu

Nach Entschuldigungsformeln zu suchen, ist eigentlich nicht die Sache von Gerhard Grandke. Von seiner Grundkonstellation neigt der Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen eher zu einer offensiv ausgerichteten und bisweilen kontrolliert angriffslustigen Tonlage. Doch mit Blick auf die zur Halbjahresmitte übliche Darlegung der Planungsrechnung seiner 50 Sparkassen im Verbandsgebiet hat er sehr wohl registriert, dass es ein wenig erklärungsbedürftig ist, seit Jahren auf die Gefahren des Niedrigzinsniveaus hinzuweisen und dann doch immer wieder passable Ergebnisse zu präsentieren.

Diesem bewährten Muster konnte er allerdings auch dieses Mal wieder folgen. Er verwies einmal mehr auf die deutlichen Spuren, die das anhaltend niedrige Niveau der Zentralbankzinsen auf die Betriebsergebnisse seiner Sparkassen haben könnte. Aber angesichts seiner Einschätzung dieses Zinsszenarios als eher langlebiges Phänomen gibt er sich für seine kommenden Amtsjahre recht entspannt. Für das laufende Jahr legen die Zwischenergebnisse des ersten Halbjahres und die weiteren Indikationen für das dritte Quartal 2014 ohnehin schon nahe, dass die Sparkassen in Hessen und Thüringen mit einem Betriebsergebnis nach Steuern von gut einer Milliarde Euro wieder den Vorjahreswert erreichen oder gar noch übertreffen. In jedem Falle fügt er aus heutiger Sicht das Geschäftsjahr 2013 der SGVHT-Sparkassen schon in den Reigen der vergangenen Abschlüsse ein, die allesamt den Ortsbanken Raum für eine Aufstockung der Kapitalreserven gelassen haben.

Als zunehmend bedrohlich stuft der SGVHT-Präsident freilich die Nebenwirkungen der Krisenmedizin ein. Allgemein äußert er dabei seine Bedenken gegen eine Subventionierung neuer Schulden durch niedrige Zinsen. Als konkrete Fehlentwicklungen des niedrigen Zinsniveaus skizziert er den fehlenden Reformdruck auf einige südeuropäische Krisenstaaten, mögliche Fehlallokationen durch mittlerweile längst nicht mehr risikoadäquate Renditeunterschiede auf den Märkten für europäische Anleihen sowie die Gefahr einer Vermögenspreisblase, auch im deutschen Immobiliensektor. In diesem letzten Punkt orientiert sich seine Sichtweise zwar an den wachsamen, aber noch nicht generell bedrohlich klingenden Analysen der Deutschen Bundesbank. Seinen eigenen Sparkassen legt er aber nahe, bei der Weiterentwicklung ihres Immobiliengeschäftes die Lage und die demografische Entwicklung ihrer jeweiligen Geschäftsgebiete gründlich im Auge zu haben.

Eine wachsende Gefahr von Niedrigzinsen als Normalzustand sieht Grandke auch in den damit einhergehenden Strukturverschiebungen im Einlagen- und im Kreditgeschäft. Während die täglich fälligen Gelder bei den hessischen und thüringischen Sparkassen inzwischen weit über die Hälfte der gesamten Kundengelder ausmachen, haben die langfristigen Darlehen mit einer Laufzeit von über fünf Jahren mittlerweile einen Anteil von 87 Prozent erreicht. Um die Zinsänderungsrisiken dieser kurzlaufenden Einlageseite mit der langen Aktivseite in Einklang zu bringen, haben die Sparkassen wie schon in den vergangenen Jahren Zinsderivate eingesetzt. Lag das negative Zinsergebnis aus Derivaten zum Ausgleich der Fristigkeiten im Jahr 2006 noch bei 21 Millionen Euro, ist es 2013 auf 179 Millionen Euro angestiegen.

Bemerkenswert unspektakulär waren die von Grandke aktiv angesprochenen sparkassenpolitischen Themen. Kurz vor der entscheidenden Phase der Veröffentlichung von Stresstest und Bilanzprüfung macht sich der SGVHT derzeit offenbar keine sichtbaren Sorgen um das Abschneiden seiner Landesbank. Zwar hat die angesprochene Kooperation der Helaba mit den 25 Großsparkassen und der Bank of New York Mellon im Bereich der Außenhandelsfinanzierung durchaus das Potenzial zu bundesweiter Relevanz (siehe Leitartikel). Doch die beiden anderen Themen zeugen zumindest derzeit von beherrschbarem Handlungsdruck. Das gilt für die geäußerte Zuversicht, das Filialnetz seiner Sparkassen als atmendes System auch im Zeitalter der Digitalisierung auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu bringen, ebenso wie für die Vollzugsmeldung, die Belastungen aus der LBB-Beteiligung weitgehend verkraftet zu haben.

Völlig entspannt wirkt der Präsident gleichwohl nicht. Bei aller Zuversicht mit Blick auf die Helaba ist ihm irgendwie anzumerken, dass mit der Veröffentlichung der EZB-Ergebnisse in den kommenden Wochen auch beim SGVHT durchaus wieder größere sparkassenpolitische Themen von bundesweiter Relevanz aufgerufen werden könnten.

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