Investment Banking II

Bayern-LB als Vollsortimenter

Wenn der Firmenkundenvorstand der Bayern-LB sein Haus mit sichtbarer Überzeugung als Vollsortimenter im Investment Banking bezeichnet, darf er sich einer großen Aufmerksamkeit im Sparkassensektor sicher sein - und vielleicht auch darüber hinaus. Das weiß Michael Bücker natürlich. Und deshalb hat er umgehend klargestellt, dass diese Selbsteinschätzung nicht mit dem angepeilten Auf- und Ausbau von M&A-Kompetenz in seinem Haus verbunden ist, sondern die Komplettierung der Angebotspalette aus einer exklusiv angelegten Kooperation mit dem Hamburger Privatbankhaus Berenberg erwachsen soll. Letzteres hat eben jene Geschäftsfelder rund um Firmenübernahmen, Börsengänge und Kapitalmaßnahmen in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut, die man in München bewusst nicht zu den Kernkompetenzen rechnet. Hendrik Riehmer, der sich als persönlich haftender Gesellschafter von Berenberg besonders um das Investment Banking kümmert, darf umgekehrt mit Recht auf gute Platzierungen in einschlägigen League Tables für den deutschen Markt verweisen. Im Geschäftsfeld Equity Capital Markets hat es für den deutschsprachigen Raum im vergangenen Jahr der Zahl der Transaktionen nach sogar zu Rang 1 gereicht, dem Volumen nach liegen freilich die großen globalen Anbieter noch weit vorn.

Der besondere Charme der Verbindung liegt für beide Parteien darin, durch eine quasi überschneidungsfreie Bündelung jener Kompetenzen, die der andere jeweils nicht hat, im Investment-Banking der deutschsprachigen DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) auf eine höhere Ebene vorzurücken. Die selbst formulierte Zielsetzung klingt sogar noch ambitionierter. Für die im Fokus stehenden Unternehmenskunden zur "ersten Adresse für Finanzierung und Investment Banking" aufrücken zu wollen, würde im Erfolgsfall gar den Aufstieg in eine andere Liga bedeuten. Mit 28 von 30 Dax-Unternehmen sowie mit 38 von 50 M-Dax-Adressen, so der Kompetenznachweis der Bayern-LB, werden bereits jetzt Geschäftsbeziehungen gepflegt. An der Umsatzgrößenklasse über eine Milliarde Euro gemessen zählt man in München 81 Prozent der bayerischen und immerhin 62 Prozent der deutschen Unternehmen zu den Kunden. Kurzum: Die angelsächsischen Häuser, die Deutsche Bank und allenfalls noch die Commerzbank wären in diesen Segmenten die relevanten Wettbewerber. Aber auch im Geschäft mit kleineren Unternehmenskunden werden die restlichen Landesbanken und kleinere Anbieter im Investment Banking wie das Bankhaus Metzler und das Bankhaus Lampe überlegen müssen, wie sie auf den Vorstoß aus Hamburg und München reagieren sollen.

An Geschäftspotenzial mangelt es aus Sicht beider Kooperationspartner nicht. Beide haben in ihrer Marktbearbeitung des vergangenen Jahres feststellen können, dass es für deutsche Unternehmen bis weit in den Mittelstand hinein derzeit hochattraktiv ist, sich über den Kapitalmarkt zu finanzieren. Michael Bücker hat dabei lernen dürfen, dass die Bayern-LB bei allem Verständnis für die Geschäftsmodelle und die Wertschöpfungskette ihrer Unternehmenskunden bei der Ausgestaltung von Transaktionen außen vor war und erst bei der Finanzierung ins Spiel kam. Und Hendrik Riehmer zufolge ist gerade Berenberg bei so manchem erfolgversprechenden Anfangskontakt bei Börsengängen, Übernahmen und Kapitalerhöhungen nicht wie erhofft zum Zuge gekommen, weil einfach die Größenordnung der gewünschten (Brücken-)Finanzierung und/oder Platzierung im eigenen Haus nicht dargestellt werden konnte. 10 bis 20 Deals, so die gefühlte Einschätzung aus dem vergangenen Jahr, sind an dieser Hürde gescheitert. Mit der Bayern-LB als Partner soll sich das künftig möglichst nicht mehr wiederholen.

Ob die bei der Auftaktveranstaltung verbreitete Euphorie für das Projekt berechtigt ist, kann erst die Praxis zeigen. Es klingt sicher gut und wird möglicherweise gerade auch im Mittelstand hofiert, mit kleinen schlagkräftigen Teams mit hoher Entscheidungsbefugnis den Relationship-Ansatz pflegen zu wollen. Die global agierenden Wettbewerber bis hin zur Deutschen Bank und zur Commerzbank pauschal als "too big to serve" abstempeln zu wollen, ist allerdings gewagt. Denn die Großen mögen zwar aus New York und London gesteuert sein und gewissen Investoreninteressen unterliegen, aber sie sind zumeist lieferfähig aus einer Hand. Das stark personengetriebene Berenberg-Bayern-LB-Projekt hingegen ist und bleibt eine Kooperation, mit allen Unwägbarkeiten, Interessenkonflikten und Reibungsverlusten zwischen zwei unabhängig agierenden Häusern. Wie groß diese sein können, zeigt das Kooperationsmodell zwischen der Hypovereinsbank und Kepler Cheuvreux. Obwohl die Verbindung sogar mit Kapital unterlegt ist, knirscht es an jeder Ecke, und vor allem die Münchner Investment Banker der Hypovereinsbank scheinen "not amused".

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