Rechtsfragen

Abberufung von Bankvorständen

Seit Jahren vertritt das Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft Siegen/Berlin e. V. (IGB), die Auffassung, dass Bankvorstände nicht ohne Weiteres abberufen werden dürfen. Das OLG Frankfurt/Main hat mit Urteil vom 17. Februar 2015 (5 U 111/14) die Abberufung eines Vorstandsmitglieds für unwirksam erklärt, es fehle an dem dafür erforderlichen wichtigen Grund. Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine Bank in der Rechtsform der AG.

Dass AG-Vorstände nur bei erheblichen Gründen abberufen werden dürfen, folgt bereits aus § 84 III S. 1 AktG und bereitet von daher keine besonderen Schwierigkeiten. Gänzlich anders stellt sich die Abberufung von Vorständen bei der Genossenschaft dar. Hier ermöglicht das Gesetz bislang noch aufgrund des § 24 III S. 2 GenG den jederzeitigen Widerruf der Bestellung. In der Literatur wird zum Teil sehr ausdehnend und auch abwegig ausgelegt, ein Vorstandsmitglied dürfe abberufen werden, ohne dass überhaupt Gründe auch nur angegeben werden müssten und der Betroffene besitze nicht einmal ein Anhörungsrecht (Lang/ Weidmüller, Genossenschaftsgesetz, 37. Auflage, § 24 Rn. 73).

Seit Inkrafttreten des Genossenschaftsgesetzes vom 1. August 1889 sind durchaus einige Entwicklungen eingetreten, die die tradierte Formulierung bestenfalls als reformresistentes Relikt erscheinen lassen. Museale Vorschriften werden in der Regel den Anforderungen des modernen Wirtschaftshier Bankwesens nicht unbedingt gerecht. Das IGB warnt seit Jahren davor, dass in der Praxis bereits eine bankaufsichtliche Verwarnung fachunkundige Aufsichtsräte dazu veranlasst, ihre Vorstandsmitglieder umgehend, im vorauseilenden Gehorsam abzuberufen. Dabei gilt seit jüngster Rechtsprechung, dass Aufsichtsräte ihre Sorgfaltspflichten selbst dann verletzen, wenn sie ohne eingehende eigene oder sachverständige Prüfung die Bestellung von Genossenschaftsbankvorständen widerrufen. Zum Teil siebenstellige Schadensersatzansprüche waren Konsequenzen.

Die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern ist bei Kreditgenossenschaften regelmäßig nicht in die Zuständigkeit der Anteilseigner, sondern in die des Aufsichtsrates gegeben. Es ist Erfahrungsgut, dass damit eine hohe Gefahr besteht, Suspendierungen gemäß § 40 GenG und/oder Abberufungen zu beschließen, ohne dass rechtfertigende Gründe für diese gravierenden Entscheidungen vorhanden sind.

Tatsachenbehauptungen der Verbände beziehungsweise der BaFin, die für ehrenamtliche Aufsichtsräte oft nicht transparent sind, stellen eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar (siehe dazu: Glenk, Genossenschaftsrecht - Systematik und Praxis des Genossenschaftswesens, Verlag C.H. Beck, München 2013, Rn. 536, 585 ff.; sowie beispielsweise OLG Brandenburg Urt. vom 23. August 2005 - 6 U 132/04). Dann aber führt die wohlmeinende Absicht des historischen Gesetzgebers, sich rasch von Verantwortlichen trennen zu können, wenn das grundlegende Vertrauen der Mitglieder nicht mehr vorhanden ist, zu nichts anderem als Leichtfertigkeit oder Willkür. Das Reformerfordernis des § 24 III S. 2 GenG verlangt zwischenzeitlich die interne Bindung von Abberufungen an das Erfordernis des wichtigen Grundes analog zum Dienstvertragsrecht.

Hartmut Glenk, Institutsdirektor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB) - Siegen/Berlin

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