Rechtsfragen

Prüfungsverbände: Effiziente Kontrolle oder Papiertiger?

Dass die genossenschaftlichen Prüfungsverbände einerseits der Qualitätskontrolle und andererseits der Staatsaufsicht unterliegen, ist an und für sich nichts Ungewöhnliches. Die Regelungen der §§ 63 ff. GenG und § 64 GenG entspringen möglicherweise der Einsicht des Gesetzgebers, dass die antiquierten Vorschriften bezüglich Zwangsmitgliedschaft und Prüfungsmonopol einer besonders eingehenden Überwachung der Prüfungsinstitutionen bedürfen: Der Qualitätskontrolle unterliegen zwar auch Wirtschaftsprüfer (siehe zudem die Regeln des IDW), aber ihre Verantwortung ist lange nicht so weitgehend wie die der Genossenschafts- oder Sparkassenprüfer mit ihren Aufgaben als "Zwangsberater-, betreuer" und Kontrolleure der Zweckmäßigkeit der Tätigkeit von Vorstand und Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrat.*)

Bei der Konstruktion der Qualitätskontrolle der Genossenschaftsprüfer ist dem Gesetzgeber ein gravierender Fehler unterlaufen. Prüfer der Qualitätskontrolle können nämlich gemäß § 63f GenG an erster Stelle "Prüfungsverbände", dann auch Wirtschaftsprüfer oder WP-Gesellschaften sein. Die Kontrolle ist deshalb in Wahrheit "Selbstkontrolle", auch dann, wenn sie durch eigene Wirtschaftsprüfer oder WP-Gesellschaften durchgeführt werden sollte, an denen ein Prüfungsverband beteiligt ist. Angesichts der Tatsache, dass außer dem Genossenschaftsverband e. V. in Neu-Isenburg nur noch wenige Prüfungsverbände existieren, ist die Gefahr groß, dass genau die Regeln gebrochen werden, die bei unabhängigen Wirtschaftsprüfern als Tabu gelten: Selbstprüfung, Abhängigkeiten durch persönliche oder berufliche (Ver-)Bindungen und Befangenheit.

Bei Genossenschaftsbanken wiegen diese lobbyistischen Normresultate weit schwerer als bei Kreditinstituten anderer Rechtsform: Bei den Volks-, Raiffeisen- und Spardabanken sind nämlich von Missständen und Fehlentwicklungen mittelbar die Mitglieder und Kunden betroffen. Hier sei als Beispiel nur das weite Feld der Wertberichtigungen genannt: Laut § 33 GenG ist ausschließlich der Vorstand - unter Mittätigkeit des Aufsichtsrates - für das Rechnungswesen und die Aufstellung des Jahresabschlusses verantwortlich. Die Bewertung der Sicherheiten findet häufig nicht die Billigung des Verbandes. Das ist so lange kein Problem, wie der Prüfer seine abweichende Bewertung nachvollziehbar begründen und die Bank überzeugen kann. Steht allerdings eine "politisch" gewollte Fusion an, lassen sich Übereinkünfte schwer erreichen. Belegt der Verband die von der Bank festgestellten Sicherheiten mit pauschalen Abschlägen und erhöht diese so lange, bis das Kreditinstitut die Wertberichtigungen aus eigener Kraft nicht mehr darstellen kann, sind allgemeingültige und berufsspezifische Grundsätze gebrochen. Zudem ist an strafrechtliche Relevanz zu denken.

Die Konsequenzen für die Bankorgane sind in jedem Falle schwerwiegend: Kommen sie den Vorstellungen des Verbandes nicht nach, kann eine Anzeige an die BaFin mit Androhung eines Korrekturpostens auf das Eigenkapital und Aufsichtsgespräch/Verwarnung die Folge sein. Folgt der Vorstand gegen seine Überzeugung dem Verband, manipuliert er damit Rechnungswesen und Jahresabschluss und berichtet den Anteilseignern in der entsprechenden Versammlung bewusst falsch. Strafbar machen sich dann sowohl der Vorstand gemäß § 147 II Nr. 1 GenG als auch der Verband gemäß § 150 GenG und 266 StGB (Untreue) - die Schadensersatzpflicht beruht auf § 62 GenG.

Die auf solcher Basis gefassten Beschlüsse sind schwebend unwirksam: Anfechtungs- oder gar Nichtigkeitsklage stehen im Raum. Deshalb kommt der Qualitätsprüfung ein besonderer Stellenwert zu. Dass der Gesetzgeber die Genossenschaftsbanken jährlich, die Verbände aber nur sechsjährlich geprüft sehen will, ist ein Paradoxon für sich. Ebenso, dass der Gesetzgeber einen Satz "ausgelassen" hat, nämlich: "Die Qualitätsprüfung erfolgt auch auf Antrag eines Mitglieds des Prüfungsverbandes". Stattdessen heißt das eigentümliche Unikat: "§ 63 g I S. 2 GenG. Er (der zu prüfende Prüfungsverband, der Verf.) erteilt einem Prüfer für Qualitätskontrolle den Auftrag zur Durchführung der Qualitätskontrolle." Dass die bisherigen Regelungen bei der nächsten Reform auf den Prüfstand gehören, dürfte offenkundig sein. Das gilt auch für die "Staatsaufsicht", bei der seit Jahrzehnten gerätselt wird wer, wie und auf wessen Initiative diese tatsächlich und konkret in der Praxis durchgeführt werden soll. Das alles muss aber nicht heißen, dass auch aus Böcken gute Gärtner werden können.

Hartmut Glenk, Institutsdirektor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB) - Siegen/Berlin

*) siehe statt aller: Beuthien, Genossenschaftsgesetz, 14. Auflage 2004, § 53 Rdnrn. 4 ff., Glenk, Genossenschaftsrecht: Systematik und Praxis des Genossenschaftswesens, Verlag C.H. Beck, 2. Auflage 2013, Rdnrn. 805ff.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X