Das E-Recruitingsystem einer Spezialbank

Alexander Popp, Personalreferent, Bank für Sozialwirtschaft AG, Köln - Die Bank für Sozialwirtschaft AG hat sich auf die Branchen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft spezialisiert. Sie betreibt mit rund 380 Mitarbeitern 16 Standorte in Deutschland und ein Büro in Brüssel. Das Kreditinstitut, das mit einer Bilanzsumme von rund 8,6 Milliarden Euro unter den zehn größten deutschen Genossenschaftsbanken rangiert, hat in den vergangenen Jahren sein Personal kontinuerlich aufgestockt. Im November 2013 hat die Bank ein neues Karriereportal online gestellt, um ihr Bewerbermanagement zu verbessern und den Bekanntsheitgrad des Institutes bei potenziellen Mitarbeitern zu erhöhen. Durch die Vereinfachung auf der organisatorischen Seite des Auswahlprozesses, so die positive Bilanz des Autors, ist der Zeitaufwand der Personalabteilung für Neueinstellungen deutlich zurückgegangen. (Red.)

In den letzten Jahren ist die Bank für Sozialwirtschaft (BFS) entgegen dem Trend in der Bankenbranche stark gewachsen. Dieses Wachstum zeigt sich auch beim Personalbestand: Hatte die BFS im Jahr 2002 noch 244 Angestellte, so waren es Ende 2013 bereits 381 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Personalaufbau bringt es mit sich, dass jedes Jahr knapp 2000 Interessenten um zahlreiche Jobs konkurrieren. Dabei wurde in der Bank immer deutlicher, dass die bisherige Form des Bewerbermanagements der hohen Zahl an eingehenden Bewerbungen nicht mehr gewachsen war.

Um den administrativen Aufwand zu reduzieren und eine optisch ansprechende Karriereplattform für die Bewerber zu schaffen, suchte die Bank für Sozialwirtschaft eine neue technische Lösung für das Bewerbermanagement. Diese sollte zum einen die Prozesse im Bewerbungsverfahren optimieren und beschleunigen. Zum anderen sollte sie potenziellen Mitarbeitern die Bank als attraktiven Arbeitgeber präsentieren und die Kommunikation mit den Bewerbern intensivieren. Nach umfassender Analyse der Bewerbersituation und der Definition von exakten Anforderungen an eine neue Lösung entschied sich die Bank für die Einführung der Recruiting-Software der Firma Rexx-Systems.

Entscheidungsprozess

Die Auswahl eines passenden Anbieters fiel nicht leicht. Das neue System sollte die breite Akzeptanz der am Rekrutierungsprozess beteiligten Anwender innerhalb der Bank finden und die Arbeit erleichtern, sodass nur ein klar strukturiertes Vorgehen schließlich zum Ziel führte. Zunächst wurde eine Investitionsbetrachtung mit Parametern wie Anzahl der Stellenangebote, Anzahl der Bewerbungen, bisherige Verwaltung der Bewerbungen, gesetzliche Bestimmungen und damit verbundene Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten durchgeführt. Anschließend wurden die in der Bank etablierten Prozesse zur Rekrutierung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter analysiert. Hieraus ergaben sich die benötigten Kernfunktionen wie beispielsweise das Management von Initativbewerbungen, Massenaktionen, automatische Rankingfunktionen, Korrespondenz, Verwaltung von Talentpools, Terminplanung und Archivierung.

Nach Erstellung des Anforderungskatalogs wurde der Markt hinsichtlich der angebotenen Recruitingsysteme betrachtet. Auf den ersten Blick stellten die meisten Systeme die notwendigen Anforderungen bereit, dies jedoch in unterschiedlicher Ausprägung der Übersichtlichkeit und Anwendbarkeit. So bedeutete die Möglichkeit des Anlegens einer Stelle innerhalb des Systems nicht gleich, dass diese auch automatisch über die genutzten Kanäle verbreitet werden konnte. Und Bewerbungen per E-Mail zu akzeptieren hieß noch nicht, sie automatisch in das System zu bekommen.

Auch die Designvorgaben des Hauses sollten sich auf der Karriereseite wiederfinden. Nur das Einbinden des Logos oder die Anpassung der Tabellenfarbe reichte daher bei der Selektion passender Anbieter nicht aus. Vor allem aufgrund des niedrigen Bekanntheitsgrades der BFS in der relevanten Zielgruppe der Bewerber stellte das "look and feel" ein unabdingbares Kriterium hinsichtlich der Außenwirkung dar. Das zukünftige System sollte in der Lage sein, das Image der Bank in die entsprechende Zielgruppe zu transportieren.

Schließlich wurden sechs Anbieter eingeladen, ihre Lösungen zu präsentieren. Einige Firmen gaben die Möglichkeit, ihr System für einen bestimmten Zeitraum zu testen, um ein Gefühl für die Brauchbarkeit und die Bedienung (usability) des Recruitingtools zu bekommen. Dadurch konnten diese wichtigen Kriterien ebenfalls mit in die Auswahl einbezogen werden. Nach abschließender Betrachtung aller Anbieter fiel im Herbst 2012 letztlich die Entscheidung für das Bewerbermanagementsystem der Firma Rexx-Systems.

Implementierungsphase

Für die Implementierung wurde bewusst ein Zeitpuffer eingeplant, um ein bestmögliches Ergebnis zu erhalten und gegebenenfalls Unvorhergesehenes wie beispielsweise neue Anforderungen, die noch mit umgesetzt werden müssten, berücksichtigen zu können. Nach der Erstellung des Pflichtenheftes im Rahmen eines Workshops, der Programmierung und der Schulung der beteiligten Mitarbeiter wurde das System im November 2013 live geschaltet. Parallel hierzu wurde innerhalb der Implementierungsphase des Bewerbermanagementsystems die Neugestaltung des Layouts der Stellenausschreibungen vorgenommen. Zielsetzung hierbei war es, das Alleinstellungsmerkmal der Bank für Sozialwirtschaft herauszustellen und zielgruppengerecht zu adressieren. Um einen einheitlichen Auftritt auf dem Bewerbermarkt zu gewährleisten, konzentrierte sich die Bank bei der Gestaltung auf drei Teilbereiche des Hauses (Informationstechnologie, Kundenbetreuung, kaufmännischer Bereich).

Das Grundgerüst der aktuellen Ausschreibungen besteht nun aus einem Bild, welches im Kontext zum beworbenen Berufsbild steht und einen oder mehrere Angestellte in einer für sie typischen Situation zeigt (Kundengespräch, Teammeeting, Wartung eines Servers), einer Einführung zum Unternehmen sowie der Stellentitel, der Standort, die Anforderungen und der Hinweis auf das Karriereportal der Bank für Sozialwirtschaft. Somit fügen sich die neugestalteten Stellenanzeigen harmonisch in den gesamten Internetauftritt ein. Das Design entspricht dem Corporate Design und gewährleistet so eine einheitliche Wahrnehmung der Bank für Sozialwirtschaft bis in den Bewerbungsprozess hinein.

Positive Erfahrungen beim Bewerbermanagement

Schon wenige Wochen nach der Liveschaltung waren die positiven Auswirkungen des Recruitingsystems erkennbar. Der Prozess wurde von Beginn an von allen in ternen Anwendern unterstützt und an genommen. Durch den automatischen Versand von Eingangsbestätigungen und die Möglichkeit der Massenaktivitäten wie etwa die gleichzeitige systemseitige Weitergabe mehrerer Bewerbungen an den entsprechenden Fachvorgesetzten wurde der Zeitaufwand pro Bewerbung merklich reduziert, sodass die Personalabteilung konzeptionellen und stra te gischen Themen mehr Zeit widmen konnte. Binnen weniger Monate erhöhte sich der Anteil an Bewerbungen, die direkt über das Karriereportal eingingen sukzessive. Gleichzeitig reduzierte sich der Anteil der Post- und E-Mail-Bewerbungen, die eine manuelle Nachbearbeitung durch die Überführung in das System notwendig machen. Sobald eine neue Bewerbung eingegangen ist, versendet das Recruitingsystem eine Information an den zuständigen Personaler und zeigt die Eingänge auf dessen persönlicher Übersicht (Dashboard) an. Nach einer Analyse und Einordnung der Bewerbung in ein A-, B- und C-Schema leitet die Software infrage kommende Bewerbungen an die jeweilige Führungskraft in der Fachabteilung weiter. Diese wird gebeten, innerhalb einer Woche ein Feedback zu geben.

Die Führungskräfte in den Fachabteilungen haben einen eigenen Zugang in das System und können hierüber auf ihre Vakanzen sowie auf alle weitergeleiteten Bewerbungen zugreifen. Ein Ampelsystem macht den Fachentscheider gleichzeitig auf offene Bearbeitungen aufmerksam. Um den Bewerbungsprozess nicht unnötig zu verzögern, gibt es nur drei Möglichkeiten, ein Feedback auf eine Bewerbung über das System abzusetzen (Einladung, parken, uninteressant). Auch hierbei unterstützt das System den Anwender: Wird der Status "uninteressant" gesetzt, so entfernt das System die Bewerbung aus dem Dashboard des Fachentscheiders und bereitet eine Absage vor.

Soll ein Kandidat zu einem persönlichen Gespräch eingeladen werden, setzt der Fachentscheider den Status "Einladung" und der zuständige Personaler erhält eine entsprechende Information durch das Recruitingsystem. Zur Terminplanung für das Bewerbungsgespräch ist das System mit den Kalenderfunktionen von Outlook verknüpft. Steht der Zeitpunkt fest, wird der Bewerber automatisch über den geplanten Gesprächstermin informiert. Im Nachgang des Gesprächs ist es möglich, zusätzliche Informationen und Notizen in der Bewerberakte zu hinterlegen.

Die Einführung des elektronischen Bewerbermanagementsystems vereinfachte auch das Verfahren zur Anhörung des Betriebsrates bei Neueinstellungen. Wegen der dezentralen Organisation der Bank für Sozialwirtschaft und seines Betriebsrates erfolgte dieses bislang schriftlich und war daher verhältnismäßig umständlich und zeitaufwendig. Kommt nun ein Bewerber nach einem Bewerbungsgespräch als Mitarbeiter in Betracht, so benachrichtigt das System alle Mitglieder des relevanten Gremiums über die Anhörung. Gleichzeitig erhalten alle beteiligten Personen Zugriff auf die Jobakte und damit auf alle bislang eingegangenen Bewerbungen. Dies ermöglicht es dem jeweiligen Gremium, sich alle Unterlagen anzusehen und sich eine fundierte Meinung für die Anhörung zu bilden. Abschließend wird das Votum des Betriebsrates über das System an die Personalabteilung zurückgemeldet. Auf diese Weise konnte insgesamt ein transparenter und effektiver Prozess für das Recruiting etabliert werden.

Erfolgskontrolle

Zur Erfolgskontrolle des Bewerbungsprozesses hat die BFS ein System von Key-Performance-Indikatoren entwickelt. Dazu gehören unter anderem die Anzahl der Bewerbungen pro Kanal, die Kosten pro Kanal und Bewerbung, der Quotient aus der Anzahl der Interviews pro Stelle zur Anzahl der Bewerber und der Quotient der Anzahl der Pageviews des Karrierebereichs zur einzelnen Stellenanzeige (clickthrough rate). Gut ein Jahr nach Einführung des Recruitingsystems kann die Bank eine positive Bilanz ziehen.

Das Karriereportal ist seit seinem Start vor etwa einem Jahr zu einem Aushängeschild geworden, das die Bank bei der relevanten Bewerberzielgruppe bekannter macht. Es trägt dazu bei, dass sich die Bank als attraktiver Arbeitgeber präsentieren kann. Innerhalb der Vorstellungsgespräche haben Bewerber durchwegs ein positives Feedback hinsichtlich des neuen Auftritts vermittelt.

Das Karriereportal ist mittlerweile die "Zentrale" der Aktivitäten im Bereich Personalmarketing und Recruiting geworden. Damit ist die Bank aber noch lange nicht am Ziel. Der Auftritt wird sukzessive weiter ausgebaut. Eine weitere Rubrik mit dem Titel "Mitarbeiter berichten" ist vorgesehen, um die Authentizität als Kernwert der Arbeitgebermarke BFS zu unterstreichen. In regelmäßigen Abständen sollen hier einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Auszubildende über ihre Tätigkeiten, ihren Werdegang und die Bank als Arbeitgeberin berichten. Darüber hinaus ist geplant, aktuelle Informationen über die Personalmarketingaktivitäten (Auftritte auf Jobmessen, Tag der offenen Tür und so weiter) in dem Portal zu veröffentlichen. Das Karriereportal ist unter https://karriere.sozialbank.de/stellenangebote.html zu finden.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X