Bezahlbaren Wohnraum schaffen: Wohnraumförderung in Hamburg

Ralf Sommer, Foto: Ulrich Perrey_IFB Hamburg

Bei aller föderalen Ausrichtung der Bundesrepublik und der Verankerung des Gebots der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Grundgesetz zeigt die Praxis auch hierzulande Wanderungsbewegungen in die Ballungsgebiete. Und besonders in den vergangenen Jahren ist die Förderung von bezahlbarem Wohnraum zu einem wichtigen Thema im politischen Diskurs geworden. Dass das Mietpreisniveau und der Mietenanstieg in der Metropole Hamburg, der in einer gerade erschienenen Studie in Deutschland die dritthöchsten Preise für Eigentumswohnungen im Bestand bescheinigt werden, in den vergangenen Jahren in Hamburg vergleichsweise moderat geblieben sind, führt der Autor nicht zuletzt auf das schon im Jahre 2011 initiierte Bündnis für das Wohnen in Hamburg zurück, das in Zusammenarbeit von Politik, den Verbänden der Wohnungswirtschaft, der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft und der Mietervereine getragen wird. (Red.)

Elbe, Alster, Hafen: Hamburg ist eine äußerst attraktive Metropole. Mit einem vielfältigen Angebot an Kultur, Bildung und Wissenschaft. Mit prosperierenden Unternehmen, mit Jobs und einer verlässlichen Infrastruktur. Kein Wunder also, dass die Stadt alljährlich um mehr als 20 000 Einwohner wächst. Vor allem junge Menschen zieht es in die Hansestadt und das schon seit Jahren.

Druck auf den Wohnungsmarkt

Auf den aus dem Zuzug resultierenden Druck auf den Wohnungsmarkt hat Hamburg reagiert: Bereits 2011 wurde das "Bündnis für das Wohnen in Hamburg" etabliert, das deutschlandweit neue Maßstäbe in der Förderung des Wohnungsneubaus setzte. Senat, Verbände der Wohnungswirtschaft, die kommunale Wohnungsbaugesellschaft SAGA, die Mietervereine und die Bezirke vereinbarten konkrete Maßnahmen und Zielsetzungen für eine aktive, sozialverträgliche Weiterentwicklung des Wohnungsmarktes.

6 000 Neubauwohnungen, davon 2 000 öffentlich geförderte Mietwohnungen für kleinere und mittlere Einkommen, sollten alljährlich geschaffen werden. Diese Zahlen wurden nicht nur erreicht, sondern im Jahr 2016 für die aktuelle Legislaturperiode nochmals erhöht. Seitdem gilt die ambitionierte Zielsetzung, jährlich Baugenehmigungen für mindestens 10 000 Wohnungen zu realisieren, darunter 3 000 für geförderte Mietwohnungen. Senat und Bezirke verpflichteten sich zu einem strafferen Genehmigungsverfahren, zu einer Bereitstellung bezahlbarer städtischer Flächen und einer weiteren Erhöhung der Wohnraumförderung.

Modular aufgebaute Förderung

Diese Förderung wird von der Hamburgischen Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg) bereitgestellt. Mit ihr einher geht eine Bindung des Mietpreises und der Belegung. Der Vermieter sagt gegenüber der Stadt zu, die Wohnungen für mindestens 20 oder maximal 30 Jahre nur an Personen zu vermieten, die die Voraussetzungen für den Bezug einer geförderten Wohnung erfüllen. Die Miete ist begrenzt. Je nach Förderart darf sie nur alle zwei Jahre um einen bestimmten maximalen Satz erhöht werden.

Mit ihren Kombinationen aus zinsgünstigen Darlehen und Zuschüssen trägt die IFB Hamburg zur Entstehung von bezahlbarem Wohnraum bei. Der Investor kann zwischen zwei verschiedenen Förderwegen wählen, die sich hinsichtlich der Einkommensgrenze, der Anfangsmiete und der Förderhöhe unterscheiden. Die Förderung ist modular aufgebaut. Das Grundmodul aus Darlehen und einmaligen sowie laufenden Zuschüssen kann ergänzt werden durch Module für zum Beispiel eine besonders energiesparende Bauweise, barrierefreies Wohnen oder Kompaktwohnungen. Beiträge zu modernen Mobilitätskonzepten wie etwa das Carsharing oder Investitionen in die Ladeinfrastruktur sind in den Programmen integriert.

Der 1. Förderweg stellt den Bau klassischer Sozialwohnungen sicher, für Menschen, deren Einkommen maximal 45 Prozent über den im Hamburgischen Wohnraumförderungsgesetz festgelegten Grenzen liegt. Die anfängliche Nettokaltmiete, die Vermieter maximal verlangen dürfen, liegt bei 2019 bewilligten Wohnungen bei 6,60 Euro pro Quadratmeter.

Mit dem 2. Förderweg unterstützt die IFB Hamburg Menschen mit mittlerem Einkommen, die angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt ebenfalls an ihre Grenzen stoßen. Bezugsberechtigt sind Haushalte, deren Einkommen maximal 65 Prozent über der im Gesetz definierten Grenze liegt. Die monatliche Anfangsmiete beträgt hier maximal 8,70 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche netto/kalt.

Begrenzung von Mietpreisniveau und Mietpreisanstieg

2018 konnte die IFB Hamburg Förderbewilligungen für 3 001 Wohnungen aussprechen. Der größte Teil davon, nämlich 2 546 Wohnungen, entfiel auf den 1. Förderweg, hinzu kamen 455 Wohnungen im 2. Förderweg. In Anspruch genommen wurde die Förderung von verschiedenen Investorengruppen: 36 Prozent der bewilligten Sozialwohnungen realisiert die SAGA, weitere 27 Prozent Wohnungsbaugenossenschaften, 15 Prozent private Investoren und 22 Prozent Sonstige (zum Beispiel Stiftungen).

Über sämtliche von der IFB Hamburg angebotenen Wohnungsbauprogramme wurden 2018 Förderbescheide über Darlehen in nomineller Höhe von insgesamt 424,9 Millionen Euro und Zuschüsse in Höhe von 236,2 Millionen Euro erteilt. Dabei werden mit KfW-Durchleitungsdarlehen aus Bundesmitteln die Landesfördermittel ergänzt.

Imposante 11 243 Baugenehmigungen erteilte die Stadt im vergangenen Jahr. 2018 war damit das dritte Jahr in Folge, in dem die Stadt ihr Ziel, 10 000 neue Wohnungen auf den Weg zu bringen, nicht nur erreichte, sondern sogar deutlich überschritt. Über 20 000 Sozialwohnungen im Neubau wurden seit der Etablierung des "Bündnisses für das Wohnen in Hamburg" gefördert - und das überall in der Stadt, auch an nachgefragten innerstädtischen Lagen. Insgesamt summiert sich die Zahl der Baugenehmigungen seit 2011 auf 83 512.

Flankierung durch weitere Bausteine

Dies ist als ein großer Erfolg zu werten. Der forcierte Wohnungsbau verfehlte seine Wirkung auf den Markt nicht. Er hat zusammen mit einem hohen Anteil an Wohnungen in der Hand der städtischen SAGA und der Wohnungsbaugenossenschaften, die gemeinsam über einen Bestand von rund 263 000 Wohnungen verfügen, wesentlich dazu beigetragen, dass das Mietpreisniveau und der Mietenanstieg der vergangenen Jahre in Hamburg vergleichsweise moderat geblieben sind. Laut Mietenspiegel lagen 53 Prozent des Wohnungsbestandes 2017 unter 7,50 Euro pro Quadratmeter, die Durchschnittsmiete betrug 8,44 Euro netto/kalt pro Quadratmeter. Zum Vergleich: In München stieg die Durchschnittsmiete zwischen 2015 und 2017 auf 11,23 Euro.

Den Wohnungsbau in Hamburg unterstützt die IFB Hamburg mit weiteren Bausteinen - etwa mit einem speziellen Förderprogramm für Baugemeinschaften. Rund 20 Prozent der für den Geschossbau geeigneten Grundstücke, die von der Stadt verkauft werden, sind für Baugemeinschaften reserviert. Auch der Erwerb von selbst genutztem Eigentum, insbesondere für Familien mit Kindern, wird gefördert. Hinzu kommt die Modernisierung von Wohnraum, um Wohnungen veränderten Bedürfnissen oder dem aktuellen technischen Stand anzupassen, insbesondere aus energetischen Gesichtspunkten. Auch diese Förderangebote führen teilweise zu Mietpreis- und Belegungsbindungen, sodass die Mieten bezahlbar bleiben.

Der Neubau aber bleibt das beste Mittel, um die Wohnungsknappheit zu bekämpfen. Dabei schreibt die Stadt bei allen größeren Projekten ein Drittel öffentlich geförderter Wohnungen vor, auch in besonders nachgefragten Gebieten wie der Hafencity. Hamburg verfolgt dabei eine Doppelstrategie: Zum einen wächst die Stadt im Inneren nach dem Leitmotiv "Mehr Stadt in der Stadt", nutzt Innenverdichtungspotenziale, baut höher und dichter. Mehr als 80 Prozent der Entwicklungsflächen für den künftigen Wohnungsbau liegen in bestehenden Siedlungsgebieten. Zum anderen entwickelt sie neue Siedlungsgebiete an ihren grünen Rändern - nach dem Ansatz "Mehr Stadt an neuen Orten".

Das größte und bekannteste Projekt ist Oberbillwerder im Osten der Stadt, das zu Hamburgs 105. Stadtteil werden soll. Nördlich der S-Bahn-Station Allermöhe entstehen auf einer Fläche von 124 Hektar 7 000 Wohnungen, unterteilt in fünf Quartiere mit jeweils einem eigenständigen Charakter und bis zu 5 000 Arbeitsplätzen. Arbeit und Wohnen, Bildung, Kultur, Freizeit, Sport und Erholung soll der neue Stadtteil miteinander verbinden. Das Ziel ist auch hier, ein breites Angebot an bezahlbarem Wohnraum zu schaffen.

Kapazitätsengpässe und Personalmangel bei den Baufirmen

In der Stadt selbst ragen überall Baukräne in den Himmel. Etwa in der Neuen Mitte Altona. Auf dem ehemaligen Bahngelände entstehen 3 500 Wohnungen, die ersten Bewohner sind bereits eingezogen. Gleich gegenüber, auf dem Gelände der ehemaligen Holsten-Brauerei, sind weitere bis zu 1 500 Wohnungen geplant. Und auch die Hafencity wächst weiter, an deren östlichen Ende womöglich ein spektakuläres Gebäude entstehen wird: der 235 Meter hohe Elbtower.

Wie in anderen Ballungsräumen ergeben sich auch in Hamburg durch den Bauboom und die damit verbundene hohe Nachfrage Kapazitätsengpässe und Personalmangel bei den Baufirmen. Dies führt unter anderem zu den derzeit drastisch gestiegenen Baukosten. Diese Baukostensteigerungen lagen im Vorjahr deutlich über der Inflationsrate, was die Stadt Hamburg dazu veranlasste, neben der alljährlich pauschalen inflationsbedingten Erhöhung der Förderung eine weitere erhebliche Förderausweitung bei den Einmal- und laufenden Zuschüssen vorzunehmen.

Das Ziel der Politik ist, Hamburg als "Eine Stadt für Alle" zu bewahren. Dazu zählen auch soziale Erhaltungsverordnungen, die vor allem in innerstädtischen Altbauquartieren Zweckentfremdungen von bestehendem Wohnraum und Luxusmodernisierung verhindern sollen. Demselben Zweck - Schutz vor Verdrängung - dient die Umwandlungsverordnung, die in den Erhaltungsgebieten unzulässigen Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen entgegentritt.

Entwicklungspotenziale im Blick

Entwicklungspotenziale bestehen an vielen Orten: auf großen und kleinen Konversionsflächen, in klugen Rochaden von Flächennutzungen, in den meist locker bebauten Siedlungen der 1950er, 60er und 70er Jahre oder an lückenhaft und niedrig bebauten Rändern von Magistralen. Von einem Potenzial von 130 000 neuen Wohnungen bis 2030 in Hamburg geht die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen aus, davon zirka 70 000 Wohnungen in der inneren Stadt. Die Stapelung von Wohnraum auf wohnverträglichem Gewerbe steht dabei ebenso auf der Agenda wie die serielle Typen-Bau weise oder der Vorrang des mehrgeschossigen Bauens auch in städtischen Randlagen.

Die Hamburger Stadtentwicklungspolitik hat zentral dazu beigetragen, eine deutliche Dynamik im Wohnungsbau zu erzeugen. Mit dem "Bündnis für das Wohnen in Hamburg" ist eine qualitative Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen in den Wohnungsbau verbunden. Die Nachfrage bleibt aber unverändert hoch. Die Bevölkerung und mit ihr die Zahl der Haushalte wird weiter wachsen. Deshalb gibt es keinen Grund, sich auf den bisherigen Erfolgen auszuruhen. Es bedarf weiterer gemeinsamer Anstrengungen aller Beteiligten. Das Wohnungsangebot muss weiter ausgeweitet werden - insbesondere für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen.

Ralf Sommer Vorsitzender des Vorstands, Hamburgische Investitions- und Förderbank, Hamburg
Ralf Sommer , Vorsitzender des Vorstands, Hamburgische Investitions- und Förderbank
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