Finanzstabilitätsbericht 2015

Das Umfeld des deutschen Finanzsystems ist weiterhin durch außerordentlich niedrige Zinsen geprägt. Diese reflektieren das weltweit niedrige realwirtschaftliche Wachstum und den expansiven geldpolitischen Kurs. Je länger niedrige Zinsen andauern, umso mehr bestehen für die Marktteilnehmer Anreize, erhöhte Risiken einzugehen. Das war die Botschaft der Deutschen Bundesbank bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2015 (siehe auch Gespräch des Tages). Wenn Risikoprämien auf ein außergewöhnlich niedriges Niveau sänken, könnten sich Risiken für die Finanzstabilität aufbauen. Ohne angemessene Reaktion auf diese Herausforderungen bestünde die Gefahr, dass angesichts der aufgebauten Risiken für die Finanzstabilität eine künftig gebotene geldpolitische Normalisierung zu lange hinausgezögert werde. Gerade dies würde jedoch den Aufbau weiterer Risiken fördern.

Auf die Ertragslage und Stabilität des deutschen Bankensystems wirkt sich das Niedrigzinsumfeld bislang nur begrenzt aus. Die Bundesbank hat in den vergangenen Jahren eine höhere Widerstandsfähigkeit der Institute registriert, beispielsweise eine Erhöhung des Eigenkapitals und eine Senkung des Verschuldungsgrades. Die Kernkapitalquote des gesamten deutschen Bankensystems sei von Juni 2014 bis Juni 2015 um 0,6 Prozentpunkte gestiegen und liege jetzt bei 15,6 Prozent. Um die Baseler Vorgaben zur Verschuldungsquote zu erfüllen, müssten acht der großen deutschen Banken inzwischen zusammen weniger als eine Milliarde Euro zusätzliches Kernkapital aufnehmen. Ende 2013 seien es noch rund 18,5 Milliarden Euro gewesen. Ein andauerndes Niedrigzinsumfeld würde vor allem kleine und mittlere Institute treffen, die auf fallende Zinserträge mit verstärkter Risikoübernahme reagieren könnten. Im aktuellen Marktumfeld bleibe es wichtig, dass die deutschen Institute ihre Kosten weiter senken und ihre Abhängigkeit vom Zinsgeschäft mittelfristig verringern.

Für die Versicherer wird in einem fortbestehenden Niedrigzinsumfeld die Gefahr gesehen, dass ihre Erträge nicht mehr ausreichen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. Dauerhaft niedrige Zinsen, so die Bundesbank, würden die Risikotragfähigkeit vieler Versicherer in Frage stellen. Das im August 2014 in Kraft getretene Lebensversicherungsreformgesetz vermindere zwar Mittelabflüsse aus den Unternehmen und stärke die Eigenkapitalausstattung der Versicherer. Nach Analysen der Bundesbank könne diese Entlastung den Effekt der weiter gesunkenen Zinsen nicht aufwiegen, die Unternehmen hätten aber noch Zeit für Anpassungen. Deshalb blieben die Lebensversicherer gefordert, ihre Risikotragfähigkeit weiter zu stärken.

Der Schattenbankensektor hat innerhalb des deutschen Finanzsystems an Bedeutung gewonnen. Besonders das Investmentfondsgeschäft wächst stark. Es handelt sich hierbei aber nicht um einen unregulierten Teil des Finanzsystems. Wesentliche Kennzahlen deuten laut Bundesbank derzeit nicht auf gestiegene Risiken im Schattenbankensektor hin. Allerdings könnten einzelne Investmentfonds aufgrund ihrer Größe für die Stabilität des Finanzsystems relevant werden. Nicht zuletzt deshalb will die Bundesbank den Schattenbankensektor und mögliche zukünftige Risiken im Blick behalten.

Die vom Wohnimmobilienmarkt ausgehenden Risiken für die Finanzstabilität schätzt die Bundesbank derzeit als gering ein, auch wenn sich die dynamische Preisentwicklung in Teilmärkten fortgesetzt hat. Das Wachstum der Immobilienkredite ist dem Bericht zufolge im längerfristigen Vergleich weiterhin moderat. Zwar sei das Risiko einer Preiskorrektur bei gleichzeitig starken Ausfällen von Immobilienkrediten gegenwärtig gering. Dennoch sei eine intensive Beobachtung der Entwicklung erforderlich. Da es zudem in Deutschland bislang keine makroprudenziellen Instrumente zur Regulierung der Wohnimmobilienfinanzierung gibt, hat der Ausschuss für Finanzstabilität im Juni 2015 der Bundesregierung empfohlen, die Rechtsgrundlage dafür zu schaffen.

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