Aufsätze

Die Zukunft des Transaction Banking - Trends, Visionen und Gestaltungsmöglichkeiten

Im Zuge der globalen Finanzkrise von 2008 hat das Transaction Banking dank einer Rückbesinnung auf die Grundfeste der Disziplin und ihre Kernaspekte - Stabilität, Transparenz und seine Rolle als Katalysator des Wirtschaftslebens - wieder vermehrt Aufmerksamkeit erfahren. Obwohl diese zentralen Prinzipien seit Langem Bestand haben und sich in dieser Hinsicht auch keine Änderungen abzeichnen, herrscht in der Branche alles andere als Stillstand.

Faktoren des Wandels

Das globale Transaction Banking - Oberbegriff für die Geschäftsfelder Handelsfinanzierung und -abwicklung, Cash Management und grenzüberschreitender Zahlungsverkehr - befindet sich aktuell in einer Phase des Umbruchs. Zum einen steigen die Zahlungsvolumina. So belief sich die Anzahl der weltweiten bargeldlosen Transaktionen im Jahr 2011 laut Cap Gemini und Royal Bank of Scotland auf rund 307 Milliarden Transaktionen. Dies stellt im Vergleich zum Vorjahr ein Wachstum von 8,8 Prozent dar. Zum anderen erlangte das Thema "Risikobegrenzung" infolge der Kreditklemme eine erhöhte Priorität. Dadurch entstand zunehmender Bedarf an ausgefeilten Lösungen rund um die Themen Cash und Working Capital Management. Die traditionellen kaufmännischen Werte des Transaction Banking, wie Transparenz, Beziehungspflege und die Förderung eines offenen Dialogs, wurden vermehrt geschätzt. Doch auch nachdem die offensichtlichen Probleme nach der Krise beseitigt wurden, stehen weitere Veränderungen bevor. Ohne Zweifel wird die Zukunft des Transaction Banking von einer Reihe branchen-, marktbeziehungsweise kundengetriebener Entwicklungen gesteuert, die die Frage aufwerfen: Wie können Banken sicherstellen, dass sie (und ihre Kunden) gerüstet sind, um die bevorstehenden Herausforderungen zu meistern?

Bei näherer Analyse stechen vor allem diejenigen Änderungen ins Auge, die sich auf Branchenebene vollziehen. Hierbei geht es primär um das neue regulatorische Umfeld. Kürzlich in Kraft getretene Vorhaben wie Basel III und Dodd-Frank fordern eine breitere Kapitalunterlegung und stellen umfassendere Anforderungen an die Höhe der vorzuhaltenden Liquidität und Transparenz. Außerdem verlangen sie strengere Vorschriften mit Blick auf die Offenlegung. Banken müssen in der Lage sein, detailliert und in Echtzeit über den Risikostatus zu informieren. Dies beinhaltet das Bereitstellen von Reporting-Mechanismen, die Auskunft über die untertägige Kontenentwicklung erteilen und ein Nachverfolgen aller Zahlungsströme ermöglichen.

Branchenkonsolidierung schreitet voran

Die im Rahmen der Anpassung an die neuen Standards anfallenden Kosten, die die ohnehin unter Druck geratenen Margen zusätzlich belasten, haben viele Banken dazu veranlasst, sowohl die Produktbereiche als auch die geografische Ausrichtung auf den Prüfstand zu stellen. Solche Analysen haben einige Banken zu einer Rückbesinnung auf ihr Kerngeschäft bewogen. In der Praxis ist die Bandbreite der denkbaren Szenarien sehr umfassend und reicht von verminderten Investitionen in ohnehin marginale Aktivitäten bis zum kompletten Rückzug aus einem Geschäftsbereich oder Markt. Das Ergebnis ist eine Branchenkonsolidierung, die mit dem zunehmenden regulatorischen Druck und der Veränderung der Marktbedingungen zusätzlich an Fahrt gewinnt. Parallel dazu haben sich die Kundenbedürfnisse gewandelt.

Auch Unternehmen und Finanzinstitute außerhalb der Bankenbranche sind mit strikteren Offenlegungspflichten konfrontiert. Sie sind ebenfalls auf der Suche nach Reporting-Tools, die ihnen direkten Zugang zu umfassenden Daten und Analysen gewähren. Diese erhöhte Transparenz ist in Bezug auf alle Etappen innerhalb des Transaktionsverlaufs zu gewährleisten und erfordert letztlich die Nachverfolgbarkeit der Zahlungsströme von A bis Z sowie den Zugriff auf umfassende Echtzeitdaten, insbesondere im Hinblick auf die untertägige Liquidität. In diesem Zusammenhang stehen Banken vor der großen Herausforderung, nicht nur auf Kundenbedürfnisse zugeschnittene Lösungen zu bieten, sondern darüber hinaus mehr Transparenz mit Blick auf die Gebühren und Transaktionsflüsse sowie die eigene Liquiditätsausstattung und die Bilanzpolitik zu schaffen.

Folgen der Schuldenkrise

Gleichzeitig hat uns der krisenbedingte Liquiditätsengpass die Notwendigkeit vor Augen geführt, Effektivität und Effizienz des Cashflow Managements zu steigern. Dies kann entweder in Form einer sinnvolleren Nutzung bislang brachliegender Cash-Bestände oder durch Sicherstellung sowohl zeit- als auch kosteneffizienter Transaktionen geschehen. Gewinnorientierte Organisationen jeder Größe - von lokalen Anbietern bis hin zu den größten multinationalen Konzernen - erachten die Optimierung des Working Capital und Cashflow Management als unerlässlich. Dies bedeutet umgekehrt, dass sie höhere Anforderungen als je zuvor an die Transaktionsbanken stellen, indem sie Lösungen erwarten, die Mehrwert bieten und weit über die reinen Produktattribute und -Funktionalität hinausgehen.

Letzten Endes hat der Markt im weiteren Sinne selbst einen tief greifenden Umbruch erlebt. So leidet die Eurozone nach wie vor unter den Folgen der Schuldenkrise. Die Erholung der US-amerikanischen Wirtschaft verlief schleppend. Selbst die Schwellenländer-Giganten Indien und Brasilien - die leuchtenden Funken in den tristen Jahren nach der Krise - zeigen nun nach Jahren spektakulären Wachstums erste Anzeichen einer Verlangsamung der Wirtschaftsaktivität. Die Zeiten ändern sich - und Veränderung bringt Herausforderungen.

Marktharmonisierung drückt auf die Margen

Natürlich ist nicht alles so negativ, wie es zunächst aussieht. Neue Initiativen wie Sepa (Single Euro Payments Area) zielen auf eine deutliche Verbesserung in puncto Marktharmonisierung und einen höheren Standardisierungsgrad ab. Eine solche Anpassung von Prozessen und Standards ist durchaus wünschenswert, wenngleich damit ein erhöhter Druck auf die Banken einhergeht. Zudem wird der Wettbewerb im Zahlungsverkehr verstärkt und die Margen sinken. Dies kann einige lokale Finanzinstitute vor erhebliche Probleme stellen.

Langfristig ergeben sich Chancen sowohl durch steigende Handelsströme innerhalb der Schwellenländer ("Süd-Süd") wie auch durch die neuen aufstrebenden Volkswirtschaften außerhalb der Bric-Staaten Brasilien, Russland, Indien und China. Aktuell ziehen die sogenannten Mint-Staaten (Mexiko, Indonesien, Nigeria und Türkei) alle Aufmerksamkeit auf sich. All diese Länder versprechen eine Kombination aus solidem Wachstumspotenzial hinsichtlich des Bruttosozialprodukts und einer ansteigenden Konsumentenzahl.

Um solche Chancen nutzen und die höheren Ansprüche von Unternehmen und bankfremden Finanzinstituten erfüllen zu können, muss die Branche der Transaktionsbanken mit den zu beobachtenden Entwicklungen Schritt halten. Als Beispiel sei der chinesische Renminbi (RMB) und seine immer größer werdende Bedeutung auf internationalem Parkett genannt. Das wird aller Voraussicht nach zur Folge haben, dass der Renminbi dank erhöhter Transparenz, einer Vereinfachung der Konvertierung und Abwicklung sowie dem vorhandenen Kosten einsparungspotenzial sowohl den regionalen als auch den globalen Zahlungsverkehr positiv beeinflussen wird. Banken, die weiterhin im Zahlungsverkehr tätig sein wollen, müssen umfangreiche Investitionen in globale Zahlungsverkehrssysteme tätigen, die über Kapazitäten für zusätzliche Währungen aus Schwellenländern verfügen. Ein solches Investment muss selbstverständlich um weitreichende Expertise und einheitliche Servicestandards unabhängig von Währung und Markt ergänzt werden.

Natürlich gibt es weiterhin offene Fragen: Werden Banken im Zuge der Internationalisierung sich tatsächlich zu währungsneutralen Partnern entwickeln? Oder werden die neuen Währungen zukünftig nur von einer Handvoll spezialisierter Clearer angeboten? Im Zuge der Neuausrichtung der Märkte auf der Makroebene verlagert sich die Wirtschaftskraft von West nach Ost. Zudem wachsen die Handelsströme innerhalb der Schwellenländer und die Bedeutung ihrer Währungen nimmt zu. Aus diesen Gründen ist es erforderlich, die genauen Umstände zu kennen und sich entsprechend darauf vorzubereiten. Nur auf diese Weise können Banken Schritt halten und sich die bestmögliche Ausgangsposition sichern, um künftige Hürden zu umschiffen und sich bietende Chancen zu nutzen.

Bewährtes Modell der Korrespondenzbanken

Dies ist natürlich leichter gesagt als getan. So müssen etwa Banken, die auf den Zuschlag als Fremdwährungskorrespondent hoffen, profunde Marktexpertise sowie Transparenz im Hinblick auf Wechselkurse, Konvertierungspraktiken und Backup-Zahlungswege vorweisen. Ein jederzeitiger Überblick sowie die Kontrolle über Cash-Bestände sind für Kunden heutzutage von zentraler Bedeutung. Um dem gerecht zu werden, müssen Banken Pooling-Optionen und sonstige Kontenstrukturen anbieten, die ein effizientes Cash Management zwischen rechtlichen Einheiten gewährleisten. Gefragt sind Reporting-Tools, die Trends klar erkennen lassen und Möglichkeiten zur Erhöhung der STP-Raten aufzeigen. Auf diese Weise bieten sie einen echten Mehrwert. Schließlich sollten Banken mit exzellentem Kundenservice, konkreten Ansprechpartnern und flexiblen Servicezeiten aufwarten, die dem "rund um die Uhr"-Modus des heutigen Geschäftslebens Rechnung tragen und zudem vertraglich zugesichert werden.

All diese Faktoren, die sicherlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, veranschaulichen die Erwartungen, die heutzutage an Banken gestellt werden. Gleichzeitig sind sie ein klares Argument für das vielfach erprobte und bewährte "Correspondent Banking"-Modell, das lokale Marktexpertise mit globaler Orientierung und einem präzisen Verständnis der Kundenbedürfnisse kombiniert. Diese Attribute gewinnen zusehends an Bedeutung.

Die aus den Branchen- und Marktentwicklungen resultierenden Herausforderungen - nicht zuletzt die regulatorischen Hürden und Anforderungen an grenzüberschreitende Zahlungsverkehrstransaktionen - könnten dazu führen, dass eigene Investitionen in Technologie und kompetente Mitarbeiter unter finanziellen Gesichtspunkten langfristig nicht tragbar erscheinen. In diesem Zusammenhang kann die Kooperation zwischen lokalen und globalen Akteuren die optimale Lösung darstellen. Diese kombiniert die internationale Ausrichtung und Investitionsstärke spezialisierter Dienstleister mit der lokalen Marktexpertise und umfassenden Erfahrung der Banken vor Ort. BNY Mellon ist schon seit Langem ein großer Befürworter dieses Ansatzes, sofern es sich um eine Zusammenarbeit zwischen nicht miteinander im Wettbewerb stehenden Partnern handelt. Auf diese Weise können auf lokaler Ebene innovative Lösungen geboten werden, die Best-Practice-Standards im Einklang mit den Anforderungen des lokalen Marktes vereinen.

Ein Beispiel dafür ist die neue Intraday- Liquidity-Anwendung von BNY Mellon. Sie unterstützt Kunden, Transparenz im Hinblick auf die Liquiditätsströme zu schaffen und die unter Basel III geforderte Unterlegung untertägiger Überziehungen zu identifizieren. Mit der neu entwickelten, globalen Zahlungsverkehrsinfrastruktur ist BNY Mellon in der Lage, Zahlungen in praktisch jeder Währung an nahezu jedem Zielort der Welt über eine einzige Plattform abzuwickeln. Während der Fokus ursprünglich auf dem Bereich Euro-Clearing lag, wird es die neue Infrastruktur ermöglichen, die im USD-Bereich erarbeitete Kompetenz auf eine breite Währungspalette auszudehnen. Das Beispiel zeigt, dass sich Investitionen in innovative Technologien lohnen können, um den neuen Anforderungen im globalen Zahlungsverkehrsmarkt gerecht zu werden.

In der Tat heißt das Zauberwort "Commitment": Transaktionsbanken werden sich weiterentwickeln und dabei sowohl auf Chancen als auch auf Herausforderungen treffen. Nur wenn sie die Bereitschaft zeigen, in ihre Zukunft zu investieren - sei es finanziell, durch geografische Neuausrichtung oder in Form des beschriebenen Partnerschaftsansatzes - können sie sich gemeinsam nicht nur auf künftige Entwicklungen vorbereiten, sondern sie aktiv mitgestalten.

Die in diesem Artikel geäußerten Meinungen sind die der Autorin und spiegeln nicht notwendigerweise die Ansichten von BNY Mellon wider. Bei den hierin getroffenen Äußerungen handelt es sich um keine Beratung im Bereich "Treasury Services", und auch um keine rechtliche, steuerliche, bilanzielle Anlage-, Finanz- oder sonstige Beratung, und es sollte nicht als solche auf sie vertraut werden.

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