Vermerkt

Zentralbanken - Bankensektor in der EU

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Mitte Oktober ihren Jahresbericht über die Struktur des Bankensektors in der Europäischen Union (EU) veröffentlicht. Untersucht werden darin die wichtigsten Strukturentwicklungen des EU-Bankensektors im Jahr 2007 und im ersten Halbjahr 2008. Darüber hinaus enthält er zwei Sonderaufsätze zur Anreizstruktur des "Originate-and-Distribute"-Modells im Rahmen der Finanzintermediation sowie zur Umfrage unter den Banken in der EU zu den bedeutendsten Risiken im kommenden Jahr (für den Zeitraum vom Frühjahr 2008 bis zum Frühjahr 2009).

Als wichtigste Strukturentwicklungen im Bankensektor der Europäischen Union werden beschrieben: Der Konsolidierungsprozess setzte sich 2007 fort (was sich an der rückläufigen Zahl der Kreditinstitute ablesen lässt), wenngleich es Anzeichen für eine leichte Abschwächung gibt. Insgesamt verringerte sich die Anzahl der Kreditinstitute um 162 (von 8 512 auf 8 350), während sie 2006 noch um 179 zurückgegangen war. Die Marktkonzentration erhöhte sich, was zum einen auf die sinkende Zahl von Kreditinstituten und zum anderen auf das dynamische, teilweise durch Fusions- und Übernahmeaktivitäten bedingte Wachstum bestimmter Bankengruppen zurückzuführen ist.

Im Jahr 2007 war zwar die Anzahl von Fusionen und Übernahmen insgesamt rückläufig, jedoch erhöhte sich ihr Gesamtwert und übertraf das zweite Jahr in Folge den entsprechenden Wert des Jahres 2000, als der letzte Höchststand verzeichnet worden war. Ein weiterer bemerkenswerter Trend ist der deutliche Anstieg der Anzahl der Übernahmen von in Drittstaaten ansässigen Banken durch Kreditinstitute aus der EU. Diese lag während der vergangenen drei Jahre über der entsprechenden Anzahl der inländischen Übernahmen. Die Intermediation nahm in der EU weiterhin zu, wobei die Bilanzsumme des Bankensektors im Verhältnis zum BIP in der gesamten EU von 319 Prozent im Jahr 2006 auf 334 Prozent im Jahr 2007 anstieg.

In dem Sonderaufsatz zur Anreizstruktur des "Originate-and-Distribute"-Modells werden zunächst die wichtigsten Veränderungen dieses Modells vor Beginn und im Verlauf der Finanzmarktturbulenzen dargestellt. Im Anschluss daran werden die möglichen Interessenkonflikte oder Fehlanreize der wichtigsten Beteiligten an diesem Geschäftsmodell, also der Kreditgeber, der Intermediäre und Dritter, untersucht. Außerdem wird die Rolle der Anleger beleuchtet. Abschließend werden verschiedene Maßnahmen betrachtet, durch die Interessenkonflikte im "Originate-and-Distribute"-Modell reduziert werden könnten, wie beispielsweise der Verbleib eines gewissen Risikos beim Originator im Rahmen strukturierter Finanztransaktionen, die Überprüfung von Entlohnungsstrukturen und die Verbesserung der Dokumentation bei Verbriefungstransaktionen.

In dem Sonderaufsatz zur Umfrage unter den Banken in der EU zu den bedeutendsten Risiken im kommenden Jahr werden die Ergebnisse der vierten Umfrage zu den aus Bankensicht wichtigsten Risiken im nächsten Jahr (das heißt im Zeitraum vom Frühjahr 2008 bis zum Frühjahr 2009) dargestellt. Für die Banken, die an der diesjährigen Umfrage teilnahmen, stellten im Berichtszeitraum die Finanzmärkte die größte Risikoquelle dar, gefolgt von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Dies steht im Gegensatz zu den Ergebnissen der drei vorhergehenden Umfragen aus den Jahren 2004, 2005 und 2006, in denen die Banken durchweg in der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, das größte Risiko sahen.

Das Ergebnis der diesjährigen Umfrage spiegelt die hohe Unsicherheit hinsichtlich möglicher Auswirkungen der gegenwärtigen Finanzmarktentwicklung aufdas Finanzergebnis und die Eigenkapitalposition der Banken wider. Von regulatorischen oder individuellen strategischen Entwicklungen gingen den Banken zufolge dagegen die geringsten Risiken aus. Dies dürfte aus Sicht der EZB auf den Umstand zurückzuführen sein, dass sich die Unsicherheit hinsichtlich einiger entscheidender aufsichtsrechtlicher Initiativen (zum Beispiel der Eigenkapitalrichtlinie und der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente) verringert hat. Die Notenbank verweist darauf, dass in der Umfrage nur eine relative Einstufung der Risiken erfolgt und dass alle erwähnten Risiken von Bedeutung sind und ein effektives Risikomanagement erfordern.

Der Bericht wurde vom Ausschuss für Bankenaufsicht des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) verfasst. Der Ausschuss setzt sich aus Vertretern der nationalen Zentralbanken sowie der Bankenaufsichtsbehörden der Europäischen Union und der EZB zusammen. Er ist auf der Website der EZB (www.ecb.europa.eu/pub) unter "Publications" abrufbar.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X