Gespräch des Tages

Zahlungsverhalten - Unterschiede in Europa – gute Stimmung in Deutschland

Angefangen von Fukushima und EHEC bis hin zur Verschärfung der Eurokrise waren die alles beherrschenden Themen der Nachrichtensendungen in den vergangenen Monaten nicht gerade dazu angetan, mit einer allzu gelösten Gelassenheit in die Zukunft zu schauen. Und doch hat sich die Stimmung der deutschen Wirtschaft wie auch der Bevölkerung keineswegs der negativen Wahrnehmung dieser Umfeldbedingungen angepasst, sondern ist vergleichsweise entspannt geblieben. Denn zumindest hierzulande werden all die trüben Faktoren derzeit immer noch durch Erfolgsmeldungen aufgehellt. So werden die Wachstumsaussichten für das laufende Jahr von den Forschungsinstituten besser beurteilt als das zu erwarten war. Die aktuelle Bundesbank-Prognose geht für dieses und das kommende Jahr von einem breit angelegten Aufschwung aus, der 2012 die Arbeitslosenzahl auf deutlich unter drei Millionen und die zugehörige Quote auf lange nicht erreichte 6,5 Prozent drücken könnte. Dementsprechend gut entwickelt sich das Steueraufkommen, und selbst die chronisch gefährdeten Sozialversicherungen scheinen passabel, sprich zumindest ein wenig erholt über das laufende Jahr zu kommen. Trotz ungewisser Belastung aus der Eurokrise wird in der Politik sogar schon wieder laut darüber nachgedacht, die dringlich notwendige Sanierung des Staatshaushaltes beizubehalten und gleichzeitig eine imagefördernde Steuererleichterung auf den Weg bringen zu können. Dass der befürchtete Umschwung zum Schlechteren bis weit in das erste Halbjahr noch nicht eingetreten ist, dokumentiert auch der Indikator des Zahlungsverhaltens der Unternehmen. Nach den Ende Mai veröffentlichten turnusmäßigen Erhebungen des Datendienstleisters Creditreform hat sich dieses im Frühjahr dieses Jahres verbessert, sprich die Forderungslaufzeit hat sich ebenso verkürzt wie der durchschnittliche Zahlungsverzug. Im Ergebnis ist der als Indikator ausgewiesene Index für die Zahlungsmoral gegenüber dem Vorjahr von 66,9 auf 70,7 Prozent gestiegen. Hatten noch im Vorjahr 15 Prozent der befragten Unternehmen einen Forderungsausfall von mehr als einem Prozent ihres Umsatzes zu verkraften, waren es in diesem Frühjahr nur noch 11,1 Prozent. Mit dem Aufschwung, so die naheliegende Schlussfolgerung, hat sich das Vertrauen am Kreditmarkt wieder erhöht. Zumindest eine leichte Entspannung wird mit Blick auf Europa auch durch eine ebenfalls kürzlich erschienene Studie der deutsch, niederländisch, spanischen Kreditversicherung Atradius verdeutlicht. Selbst größere Geschäftsabschlüsse sind demnach wieder mehr auf Ziel möglich, wobei dieses Instrument in den Ländern Europas eine unterschiedliche Bedeutung hat. Gerade deutsche Unternehmen nutzen die Gewährung von Zahlungszielen häufig zur Kundenbindung, in Belgien ist es vergleichsweise wenig gebräuchlich. Während Zahlungsziele in Spanien im Inlandsgeschäft zu 72 und und im Auslandsgeschäft zu 61 Prozent sowie in Deutschland (58 und 48 Prozent) überdurchschnittlich eingesetzt werden, spielen sie in Frankreich (27 und 31 Prozent) sowie in Belgien (25 und 27 Prozent) eine deutlich geringere Rolle. Vergleichsweise dicht am europäischen Durchschnitt (32 Prozent für Exportrechnungen und 29 Prozent für Importrechnungen) liegt in allen neun untersuchten Ländern der Anteil der In- und ausländischen Forderungen, die nach dem Fälligkeitsdatum beglichen wurden. Mit knapp einem Drittel der Fälle ist dieser Anteil insgesamt aber bemerkenswert hoch. Während man also überall mit Zahlungsverzug rechnen muss, lohnt es sich beim Totalverlust, schon genauer auf die betroffenen Länder zu achten. Denn die Fälle, in denen Forderungen überhaupt nicht mehr einzutreiben waren, triften doch je nach Land stark auseinander. Am wenigsten Sorgen um ausstehende Forderungen müssen sich die Unternehmen in den Niederlanden (Totalausfälle bei Exportforderungen 4 Prozent, bei Forderungen im Inland 3 Prozent) in Dänemark (5 und 4 Prozent) sowie in Spanien (1 und 5 Prozent) machen. Deutschland liegt mit jeweils 6 Prozent im vorderen Mittelfeld. Und am meisten bedroht sind Forderungen in Frankreich (10 und 9 Prozent), in Großbritannien (18 und 14 Prozent) sowie in Italien (jeweils 18 Prozent).

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