Gespräch des Tages

Verbraucherschutz - Ein Wettbewerbsthema

Es ist fast schon reflexartig. Die Politik braucht der Kreditwirtschaft dieser Tage nur mit dem erhobenen Zeigefinger zu drohen, und schon fügen sich die ehedem so selbstbewussten Banker den Forderungen wie die Schäfchen. Vor allem in Sachen Verbraucherschutz scheint der Widerstand gebrochen. Allenfalls hinter vorgehaltener Hand wird über die Vielzahl neuer Regelungen gestöhnt, nach außen gibt man sich dagegen wie der reuige Sünder, denn schließlich geht es um ein hehres Gut: das Vertrauen. Das haben die Kunden in ihre Bank weitestgehend verloren und das wird so schnell auch nicht zurückkommen. Umso ärgerlicher ist es da, wenn damit auch noch Wettbewerb gemacht wird. Jüngstes Beispiel: Die Produktinformationsblätter genannten Beipackzettel, die den Kunden auf einem Blick wesentliche Informationen ermöglichen und so deren Stellung im Gespräch mit dem Bankberater verbessern sollen. Die Deutsche Bank hat ebenjene Beipackzettel seit 11. Februar dieses Jahres als erste flächendeckende Filialbank eingeführt, früher reagierte nur die ING-Diba auf die Forderungen von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner. Dieses Vorpreschen des Branchenprimus sorgt für Missstimmung - bei all denjenigen, die erst kurz vor Vollendung ihrer Beipackzettel stehen.

Einerseits ist solcher Ärger zwar verständlich, schließlich hat man im Bankenverband und im ZKA gemeinsam an Lösungen gebastelt. Doch warum bitte schön sollte die Deutsche Bank in einem hart umkämpften Markt auf ihre Wettbewerber warten und damit einem Vorteil aus der Hand geben? "Das Darstellen von Transparenz an der Schnittstelle zum Kunden wird künftig eine natürliche Kernkompetenz von Banken werden", so formulierte es Deutsche-Bank-Vorstand Rainer Neske vor Kurzem auf dem Privatkundenforum der Zeitschrift bank und markt. Und mit Kernkompetenzen will man Kunden überzeugen, Kunden halten und natürlich auch Kunden gewinnen. Das allerdings allein an so einfachen Dingen wie Beipackzetteln oder Ampelmodellen festmachen zu wollen, zeugt von einem mangelnden Verständnis. Man sollte den Kunden keineswegs unterschätzen - die Politik samt Verbraucherschutz nicht, aber auch die Kreditwirtschaft nicht. Er ist mündig und die Informationsmöglichkeiten rund um Finanzprodukte werden durch das Internet und entsprechende Foren und Communities täglich größer. Falsche Beratung durch Banken muss genauso bestraft werden, wie falsche, weil zu riskante Anlage durch die Kunden. Das eine per Gesetz, das andere vom Markt. Es gibt Grenzen des Schutzes.

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