Sparkassentag 2013 Leitartikel

Sparkassen Tage

Sparkassentage sollen natürlich etwas Besonderes sein. Wenn sich die Größen Deutschlands bedeutendster Finanzgruppe alle drei Jahre versammeln, darf das nicht alltäglich sein. Sparkassentage sollen der Organisation das Gefühl der Zusammengehörigkeit geben, ein Schulterschluss wäre schön, sollen stolz machen auf das gemeinsam Erreichte, sollen aber auch Wachsamkeit schüren gegenüber all dem, was da noch kommen mag. Sparkassentage sollen Zeichen setzen und Signale senden. Auf Sparkassentagen wird Politik gemacht, wird für eigene Ziele geworben, werden Bündnisse erneuert oder gelöst, denn all das passiert unter den Augen der mehr oder weniger interessierten Öffentlichkeit. Und Vorträge von Bundespräsidenten, Bundeskanzlern, Oppositionsführern und Bundesbankpräsidenten sollen stets die staatstragende Bedeutung der S-Finanzgruppe hervorheben.

Nimmt man all dies als vorsichtigen Maßstab, hat der Sparkassentag 2013 alle Möglichkeiten, ein bedeutsamer zu werden. Er findet in einer ausgesprochen spannenden Zeit statt. Die Sortierungsbemühungen in einem zusammenwachsenden Europa der Gegensätze sind noch lange nicht abgeschlossen. Ein Zurück gibt es nicht, auch wenn vermeintlich kluge Menschen die Rückkehr zur D-Mark nun auch politisch zu manifestieren versuchen. Die Folgen davon sind mindestens genauso unklar wie der weitere Weg Europas, allerdings für Deutschland noch sehr viel gefährlicher als ein weiteres Arbeiten am gemeinsamen europäischen Haus. Unsicher sind auch die Folgen der Regulierung, von denen jede Einzelmaßnahme gerechtfertigt sein mag, die Summe und die Wechselwirkung jedoch selbst von obersten Bankenaufsehern nicht abgeschätzt werden kann - weder für die Kreditwirtschaft noch für das produzierende große wie kleine Gewerbe. Und das Kreditgewerbe erfreut sich derzeit (zu) großer politischer Aufmerksamkeit und wird sicherlich im anstehenden Wahlkampf mit noch vielen kreativen und öffentlichkeitswirksamen Überlegungen der Protagonisten bedacht werden. Der Boden ist nahrhaft, denn Banken und Sparkassen befinden sich in einer Vertrauenskrise - die einen mehr, die anderen weniger.

Dann: Der Sparkassentag reist dieses Jahr nach Dresden und damit in Deutschlands Osten. Das ist zweifelsfrei eine sparkassenhistorisch bedeutsame Region. War nach der Wende zunächst befürchtet worden, die Ost-Sparkassen würden unter ihrer Vergangenheit, die nur zu leicht als Handlanger der Staatsmacht und Staatsbank wahrgenommen werden konnte, leiden, so war dem nicht so. Der extrem hohe Marktanteil bei Einlagen - zurückzuführen auf die Kontoführer-Funktion in der ehemaligen DDR - ist keineswegs schnell der Akquisitionskraft der westdeutschen Geschäftsbanken erlegen. Im Gegenteil, die Bürgerinnen und Bürger haben die öffentlich-rechtlichen Institute mit aller erprobten Skepsis gegenüber einer zu eiligen Verbreitung der Errungenschaften des Kapitalismus auch weiterhin als Eigengewächs mit einer gehörigen Portion Sicherheit empfunden. Der Verband mit vielen guten Ideen wurde zeitweilig gar als Vorbild für manchen westdeutschen angesehen, wie man mit immer weniger Instituten erfolgreich agieren könne. Auch wenn man heute natürlich weiß, dass nicht alle Überlegungen ehrgeiziger Landesbanker und konzernsüchtiger Verbandspräsidenten gefruchtet haben. Dass Dresden 2013 für den gastgebenden Verbandspräsidenten Claus Friedrich Holtmann auch gleichzeitig ein Abschied ist - er hat es verdient.

Und schließlich: der Sparkassentag trifft die Organisation in ausgesprochen guter Verfassung. Es sind im wahrsten Sinne des Wortes Sparkassen Tage. Die gute Konjunktur und die robuste Arbeitsmarktlage bescheren den Instituten trotz der anhaltend niedrigen Zinsen wunderschöne Ertragszahlen und stolze Bilanzergebnisse - vielerorten sogar Rekordergebnisse. Dass einiges davon aus positiven Bewertungseffekten und damit kluger Vorsorge aus den Vorjahren resultiert, sollte man bemerken, aber nicht bewerten. Das Geschäftsmodell Sparkasse funktioniert. Und selbst bei den Landesbanken findet man derzeit wenig Existenzbedrohendes - vom Vorstoß der Deka als Wertpapierhaus einmal abgesehen. (Spaß muss sein.) Und wer noch ein letztes Maß an Selbstbestätigung für den Erfolg der Sparkassen-Finanzgruppe braucht, für den ist dieses: "Die Sparkassen, so kann man den Eindruck gewinnen, möchten heute wie Banken sein - und doch wieder nicht." So hieß es 1995, im Leitartikel zum damaligen Sparkassentag. 2013 darf man den Eindruck haben, dass Banken lieber wie Sparkassen sein mögen, auch wenn es den Öffentlich-rechtlichen keineswegs gelungen ist, überall in der politischen und öffentlichen Wahrnehmung die notwendige Differenzierung zwischen Bank und Sparkassen gut genug zu positionieren und zu verbreiten. Auf Geschäftsebene klingen allerdings ganz viele jüngst verkündete "Neuerungen" des privaten Bankgewerbes ganz furchtbar nach Sparkasse. Das Bild hat sich also gewandelt.

Die Herausforderung für den Präsidenten Georg Fahrenschon wie für alle anderen S-Verantwortlichen ist es unter diesen wahrlich sonnigen Voraussetzungen, trotzdem Unruhe zu schüren und die Angst vor der Zukunft hochzuhalten. Wer sich zurücklehnt verliert - Marktanteile zuallervorderst. Denn natürlich gibt es auch für den amtierenden Präsidenten einiges zu tun, manches Neue, manches, was von seinen Vorgängern nicht abschließend erledigt werden konnte. Zwei schwerwiegende Punkte, die auch in den Beiträgen dieser Ausgabe immer wieder anklingen, sind die Regulatorik sowie die demografische Entwicklung und der Wandel im Verbraucherverhalten.

Immer wieder gilt es dieser Tage auf die Besonderheit der Sparkassen (und Genossenschaftsbanken!) hinzuweisen, um Ungleiches nicht gleichbehandelt zu sehen. Manche Überlegungen würden gar den Verbund in seiner Grundaufstellung erschüttern, denkt man nur an die Behandlung von Verbundbeteiligungen nach Basel III, die Finanztransaktionssteuer, die Trennbankendiskussion. Der Präsident weist wohlüberlegt darauf hin, dass die gutgemeinte Registrierung von Kundenberatern am Ende vielleicht dazu führen könnte, dass breite Bevölkerungsschichten vom Zuwachs des Produktivkapitals nicht profitieren würden. Wer kann das wollen? Es gilt darüber hinaus, die kleineren Institute vor zu viel administrativem Unsinn zu bewahren, sonst braucht es für den Sparkassentag 2028 kein Kongresszentrum mehr, es reicht dann auch die Stadthalle.

Die Herausforderungen im Markt liegen natürlich in einer immer älter werdenden Bevölkerung mit weniger jungen Menschen, die immer weniger in die Filiale kommen. Die Antwort der S-Finanzgruppe ist da, begleitet und gepusht vom Präsidenten selbst. Das niedrige Zinsumfeld lässt das Kostenbewusstsein steigen und den Risikoappetit sinken. Die Alternativen zu den Zinseinnahmen auf der Provisionsseite werden emsig gesucht, wenn auch noch nicht auskömmlich gefunden. Und die Themen LBSsen, Landesbanken, öffentliche Versicherer - all das wird sich mit der sparkasseneigenen Dynamik früher oder später regeln. Manches laut, manches leise, manches wie die Privatisierungsüberlegungen der Provinzialen im Nordwesten sachlich vielleicht richtig, aber für das Gesamtkonstrukt durchaus gefährlich. Aber das ist nicht kriegsentscheidend, auch wenn mancher Primäre durchaus etwas neidisch auf die zentraler aufgestellten Kreditgenossen blickt.

Es wird dieser Tage viel von Krise gesprochen, in Europa, den Ländern, bei den Banken, und sicherlich wird dieses Wort auch auf dem Deutschen Sparkassentag in Dresden nicht ganz zu verschweigen sein. Für Deutschland und die Sparkassen kann man allerdings sagen: Wenn das Krise ist, dann bitte immer!

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