Gespräch des Tages

Sparkassen - Gutes Geschäft - aber Sorge um die Rahmenbedingungen

Würden die Börsen- und Währungsturbulenzen der ersten Augusttage nicht für neue Verunsicherung sorgen, dürften die Sparkassen im Südwesten recht gelassen in das zweite Halbjahr gehen. Das Kundengeschäft läuft gut und lässt nach heutigem Stand der Dinge eine Ertragslage erwarten, die an das erfreuliche vergangene Jahr anknüpfen kann. Zwar melden die Primären im Sparkassenverband Baden-Württemberg mit 169,6 Milliarden Euro per Halbjahresstichtag eine um 1,1 Prozent rückläufige Bilanzsumme. Aber diese Schrumpfung resultiert in erster Linie aus der Rückführung des Interbanken- und Kapitalmarktgeschäftes um 8,7 Milliarden Euro. Sowohl die Kundeneinlagen (plus 2,2 Prozent auf 110,3 Milliarden Euro als auch das Kreditvolumen (plus 2,0 Prozent auf 99,5 Milliarden Euro) konnten hingegen gesteigert werden.

Der Blick auf die Einzelkomponenten des Kreditgeschäftes zeigt das Privatkundengeschäft insgesamt mit plus zwei Prozent auf 46,8 Milliarden Euro im Gleichlauf. Überproportional entwickelt hat sich dabei mit einem Anstieg um 3,4 Prozent auf 37,5 Milliarden Euro der Bestand an privaten Wohnungsbaukrediten. Die Zusagen haben sich im ersten Halbjahr 2011 gar um 18 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro erhöht. Eine noch größere Steigerungsrate von 21,4 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro weisen im Segment der gewerblichen Kredite die Zusagen an Unternehmen und Selbstständige auf. Nachdem das Firmengeschäft in den vergangenen Jahren maßgeblich durch Betriebsmittelkredite geprägt war, deutet die momentane Entwicklung auf das erhoffte Anspringen der Investitionsbereitschaft hin. Insgesamt sind die Unternehmenskredite um 1,8 Prozent auf 46,5 Milliarden Euro gestiegen.

Eine gewisse Sorge oder zumindest eine beträchtliche Unsicherheit spürt man in der baden-württembergischen Sparkassenorganisation bei aller Zufriedenheit mit der aktuellen Geschäftsentwicklung hinsichtlich der kommenden regulatorischen Anforderungen. Das gilt nicht zuletzt mit Blick auf die Umsetzung von Basel III in europäisches Recht. Ganz und gar unzufrieden gibt sich Verbandspräsident Peter Schneider insbesondere mit dem derzeitigen Stand der Risikogewichte für das Mittelstandsgeschäft. Gegenüber einer kapitalmarktbasierten Mittelstandsfinanzierung, die er als eher ausfallgefährdet einstuft, sieht er seine Sparkassen durch die Behandlung ihrer traditionellen Mittelstandskredite benachteiligt und damit letztlich die gesamte mittelständische Wirtschaftsstruktur in Deutschland unnötig geschwächt.

In die gleiche Richtung einer Wahrung bewährter nationaler Usancen zielt auch seine grundsätzliche Kritik an der in vielen Bereichen erkennbaren Präferenz der europäischen Politik für Verordnungen gegenüber dem bisher meist verwendeten Instrument der Richtlinie. Dass ein Erhalt von nationalen Eigenheiten und Mustern im Rahmen der Ausgestaltung von Richtlinien den so sehr angestrebten Bürokratieabbau bremsen kann und auch den (Wachstums-)Schub durch Gemeinsamkeiten in einem größeren Rahmen erschwert, räumt er ein. Aber als geübter Politiker mit Mandat im Landesparlament hat er ein Gespür für die Anliegen und den Diskussionsbedarf der Bürger beziehungsweise Wähler in den Regionen. Im Kern sieht er deshalb durch das Instrument der Verordnung bewährte Elemente der deutschen Wirtschaftsverfassung in ihrem Bestand gefährdet und will dieses grundsätzliche Thema stärker und klarer als bisher in die politische Diskussion in Bund und Ländern tragen. Eine überzeugend geführte Diskussion muss dabei aber auch die Alternativen aufzeigen.

Übrigens: Die kürzlich von der Verbandsversammlung beschlossene Verlängerung seines Vertrages für eine zweite sechsjährige Amtszeit bis April 2018 wertet Peter Schneider stark unter der landsmännischen Perspektive. In der Tat hat sich die badenwürttembergische Sparkassenorganisation in der Landesbankenkonsolidierung anders als andere Regionen entschieden, der LBBW weiteres Eigenkapital zur Verfügung zu stellen und ihr als Eigentümer erhalten zu bleiben. Sie hat damit neben Hessen-Thüringen und Niedersachsen eigene Akzente gesetzt. Den Erfolg dieses Modells mit der strategischen Neuausrichtung der Landesbank, der Rückführung des eingebrachten Kapitals und einer zukunftsweisenden Positionierung von Sparkassen und Landesbank im Wettbewerb zu begleiten, bleibt deshalb für Schneider selbst sicher ein Anreiz. Und für die externen Beobachter wird es rückblickend eine schöne Messlatte für seinen Erfolg sein.

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