Gespräch des Tages

Rohstoffbörsen - Die Fehler der anderen

Aus eigenem Wachstum heraus will die Leipziger European Energy Exchange die bedeutendste Energiebörse auf dem Kontinent werden. Ähnlich vollmundige Worte hatte man vor einigen Jahren auch schon vom Frankfurter Marktbetreiber Deutsche Börse für das Aktiengeschäft gehört. Über den Ausgang darf debattiert werden - allein die fragmentierte Anbieterstruktur über die europäischen Grenzen hinaus macht eine derzeitige Positionsbestimmung schwierig. An vergleichsweise konkreten Zielmarken will sich derweil die EEX messen lassen. So soll etwa der Umsatz bis zum Jahr 2015 über die wichtigsten Segmente Strom, Erdgas, Emissionen und Clearing hinweg verdoppelt werden.

Anders als das Geschäft des großen Wertpapier-Pendants in Frankfurt stehen die Wachstumschancen im Rohstoffmarkt allerdings unter gänzlich anderen Vorzeichen. Denn einen Verdrängungswettbewerb, wie ihn die Deutsche Börse gegen direkte Wettbewerber - die London Stock Exchange, Nyse Euronext oder Nasdaq OMX - aber auch gegen den immer mächtiger werdenden "over-the-counter"-Markt (OTC) führen muss, hat die EEX in absehbarer Zeit kaum zu befürchten. Stattdessen profitiert sie von den Lehren aus den Aktienmärkten. Zum einen nämlich findet auf Basis des Mar-ket-Couplings längst ein grenzüberschreitender Energiehandel statt. Weil der Markt in vielen Ländern aber sehr jung und nicht richtig erschlossen ist, können sich Anbieter (noch! ) erlauben, kleine Stücke auch an andere abzugeben.

Insbesondere vor dem OTC-Markt fürchtet man sich dabei nach außen nicht, weil zum anderen ein weiterer Vorteil der noch jungen Branche zum Tragen kommt: Da - basierend nicht zuletzt auf den Erfahrungen der Wertpapiermärkte - von Beginn an Transparenz und Standardisierung von den zuständigen Behörden wie auch den bestehenden Marktbetreibern gefordert wird, dürften sich die Vorteile des außerbörslichen Geschäfts im Rohstoffmarkt in Grenzen halten. Dies würde Anbietern wie der EEX erlauben, für die höheren Transaktionskosten des regulierten Handels mit Zusatzdienstleistungen einen fühlbaren Mehrwert zu schaffen. Zum Beispiel eine höhere Geschäftssicherheit, wie sie durch das zentralisierte Clearing geschaffen wird, dürfte bei der Überzeugungsarbeit helfen.

Für die EEX stellt der unerschlossene Energiemarkt zunächst also eine komfortable Ausgangslage dar. Allerdings wird der Markt auch für andere Börsen zunehmend interessanter - neben direkten Wettbewerbern wie die norwegische Nord-Pool oder die Amsterdam Power Exchange (APX) insbesondere für die etablierten Wertpapierbörsenbetreiber. Bekanntlich hat auch die Deutsche Börse mit ihrem ETP-Angebot erste Aktivitäten im Rohstoffmarkt gestartet. Mittelbar über die Eurex gehört ihr zudem ein Drittel der EEX. Mit ihrer Marktmacht könnte sie angesichts der wachsenden Bedeutung von Rohstoffen zügig in den Markt eintreten. Gleiches gilt für einige europäische Wettbewerber. Die Leipziger Börse müsste dann aufpassen, dass sie nicht allein als Marktbereiter für größere Akteure endet. Dies im Blick dürfte den Wachstumsabsichten der einstigen reinen Strombörse auf absehbare Zeit derweil wenig im Wege stehen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X