Aufsätze

Redaktionsgespräch mit Raimund Röseler / "Neue Anbieter haben das Potenzial, den Markt zu revolutionieren"

Hatten Sie und die Mitarbeiter der Bankenaufsicht in NRW und Hessen einen einigermaßen normalen Sommerurlaub oder gab es durch die Belastungen der EZB-Großprojekte eine Urlaubssperre?

Eine Urlaubssperre gab es bei der BaFin nicht, und auch ich selbst war in Urlaub. Aber ohne jede Frage ist der Arbeitsanfall im Moment, wie schon in den vergangenen Monaten, deutlich höher als in Normalzeiten. Die EZB steht unter enormem Zeitdruck, den AQR und den Stresstest bis Mitte Oktober abzuschließen, parallel dazu laufen die gesamten Aufbauarbeiten zum SSM. Beides hat unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeitsbelastung der BaFin-Mitarbeiter.

Wie beurteilt die BaFin, Stand Ende August 2014, die Umsetzung von Bilanzprüfung und Stresstest? Ist zeitlich und fachlich alles im Plan?

Die EZB wird den selbstgesteckten Zeitrahmen einhalten, sprich in der zweiten Oktoberhälfte die Ergebnisse von Stresstest und AQR bekanntgeben. Und sie wird pünktlich zum 4. November die Aufsicht übernehmen. Im Übrigen ist die Übernahme der Aufsichtsverantwortung durch die EZB kein Big Bang, sondern ein gleitender Transformationsprozess. In der künftigen EZB-Aufsicht wird noch ganz viel BaFin enthalten sein. Sukzessive wird die EZB zusätzliches Know-how aufbauen, weitere Mitarbeiter einstellen und nach und nach eine stärkere Verantwortung übernehmen.

Fachlich läuft bei einem Projekt dieser Größenordnung natürlich nie alles nach Plan. Diese Dinge werden in engem Kontakt zwischen der Kreditwirtschaft, der EZB und uns erörtert und gelöst.

... aber doch sicher nicht immer einvernehmlich ...

Offene Punkte werden zwischen den Beteiligten intensiv besprochen, aber die Entscheidungshoheit liegt bei der EZB.

Welche Stimmungslage/Signale fängt die BaFin derzeit bei den hiesigen Banken auf? Den ganz großen öffentlichen Aufschrei hat es bisher nicht gegeben. Läuft alles in aller Stille zwischen Praxis und Aufsichtsinstanzen ab?

Der Eindruck täuscht. Die Arbeitsintensität der betroffenen Banken ist ähnlich hoch wie die der Aufseher. Und viele Institute stöhnen und klagen schon darüber, weil immer wieder neuer Klärungsbedarf aufkommt. Darunter sind auch wichtige inhaltliche Aspekte. Wenn europaweit allgemein gültige Methoden angewendet werden, können diese zwangsläufig nicht in jedem Einzelfall völlig treffsicher sein. Darüber werden inhaltliche Diskussionen geführt.

Wie darf man sich diese vorstellen? Agiert die BaFin in diesen strittigen Punkten aus Sicht der deutschen Banken als Aufklärer und Vermittler? Oder wird alles direkt über die EZB abgewickelt?

In Zweifelsfällen ist die BaFin nach wie vor erster Ansprechpartner für die deutschen Banken. Wir stimmen unsere Antwort dann mit der EZB ab oder leiten sie mit unseren Anmerkungen weiter. Die EZB entscheidet dann.

Wie laufen solche Dinge atmosphärisch ab? Nutzt die EZB die Kompetenz, die sich die BaFin über Jahrzehnte aufgebaut hat?

Die Arbeitsweise ist immer kollegial und kooperativ, wir werden in Zweifelsfällen gehört, und es gibt eine Diskussion auf Augenhöhe.

Das klingt nicht nach Harmonie pur ...

Natürlich wird auch mal intensiv diskutiert, aber das ist nach meinem Empfinden ein durchaus normaler Vorgang, wenn die Banken aller beteiligten Länder nach den gleichen Methoden und Kriterien bewertet werden sollen.

Was passiert bei existenziell wichtigen Entscheidungen, die ja beispielsweise auch Einfluss auf die künftige Bankenstruktur haben werden?

Diese werden im Board of Supervisors diskutiert. Auch da hat die Europäische Zentralbank die letzte Entscheidung beziehungsweise der Council, und der hat auch die Verantwortung. Wir weisen im Vorfeld von Entscheidungen aller Art auf die Konsequenzen hin.

In welcher Form? Werden dazu Aktennotizen verfasst, um festzuhalten, dass nicht die BaFin für gewisse Folgen verantwortlich ist?

Wenn wir auf Konsequenzen hinweisen, betrifft das inhaltliche Fragestellungen. Das können methodische Unsauberkeiten bei der Bewertung einer Bank sein oder mögliche Konflikte mit Rechnungslegungsvorschriften, und manchmal sehen wir kein Level Playing Field.

Wie wird das dokumentiert? Es wird bei der Vielzahl an notwendigen Entscheidungen später sicherlich bei Einzelaspekten eine Fehlersuche oder die Prüfung von Verantwortlichkeiten einsetzen.

Unsere Analysen machen wir im ganz normalen Rahmen der Entscheidungsvorbereitung. Das hat keineswegs den Hintergrund, eine Aktenlage zu schaffen, um später sagen zu können, wir waren es nicht. Und um es ganz klar zu sagen: In den allermeisten Diskussionspunkten besteht am Ende Einvernehmen zwischen allen Beteiligten.

Hinsichtlich der Anwendung des Bottom-upoder des Topdown-Prinzips sind in den vergangenen Monaten teils Unstimmigkeiten oder zumindest ein Abstimmungsbedarf zwischen BaFin und EZB deutlich geworden. Ist das in zwischen geklärt?

Am Anfang gab es zwei Positionen: alles Bottom-up oder alles Top-down. Mittlerweile ist ein guter Kompromiss gefunden worden. Das ist im Übrigen ein methodischer Punkt, bei dem wir im Entscheidungsprozess aufgezeigt haben, mit welchen Konsequenzen und möglichen Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit gerechnet werden muss.

Gibt es aus Ihrer Sicht bis zur Veröffentlichung der Ergebnisse noch wesentliche Aspekte, die die BaFin in ihrer Sichtweise geregelt wissen und deshalb möglicherweise entsprechende Festlegungen treffen will?

Es gibt noch ein paar Sachverhalte, die noch besprochen werden. In der laufenden Phase des Rechnens und der Auswertung muss man schauen, ob die Ergebnisse die wirtschaftliche Realität widerspiegeln. Dabei wird es noch die eine oder andere Überraschung geben, also Fälle, in denen die Ergebnisse nicht plausibel sein werden, obwohl wir die angewandte Methode für richtig gehalten haben. In solchen Fällen müssen wir dann noch einmal in einen Diskussionsprozess einsteigen.

Ist die BaFin inzwischen mit der Konkretisierung der Abläufe, wie sie inzwischen von der EZB geliefert wurden, sowie mit dem inzwischen veröffentlichten Handbuch zum Stresstest zufrieden? Und haben auch die Banken die Abläufe verstanden?

Die Kreditwirtschaft hat die Abläufe verstanden. Die einzelnen Häuser haben (Stand Ende August) natürlich noch keine Ergebnisse. Sie haben aber sehr wohl ein Gefühl dafür entwickelt, an welchen Stellen es kritisch werden könnte. Das führt auch schon mal zu Rückfragen, wenn die Banken ihre Realität nicht widergespiegelt sehen.

Kommen diese Signale bei Ihnen an?

Ja, das muss auch so sein. Die EZB arbeitet mit Benchmarks, um Quervergleiche zwischen den einzelnen Häusern zu schaffen. Nun sind aber die Portfolios der einzelnen Häuser durchaus unterschiedlich. Selbst deutsche Institute, die im klassischen Retailmarkt unterwegs sind, haben durchaus unterschiedliche Portfolioeigenschaften - mit anderen Erträgen, anderen Verlusten, anderen Risiken. Diese Unterschiede muss man in internen Gesprächen erklären, wenn man die Benchmarks darüberlegt. Es mag dann Fälle geben, in denen die Benchmark nicht richtig trifft, weil etwa die Verlustrate der Vergangenheit andere Aussagen nahelegt. Solche Gespräche über die richtige Anwendung von Benchmarks laufen derzeit.

Angenommen diese internen Abstimmungsprozesse zwischen Banken und Aufsicht sind beendet und die Ergebnisse sind veröffentlicht: Auch dann dürfte es Institute geben, die sich in einzelnen oder vielen Punkten nicht richtig beurteilt fühlen. Kommt dann die Erklärung der BaFin?

Nach der Veröffentlichung werden wir möglicherweise noch die Ergebnisse näher erläutern, falls dies notwendig sein sollte. Allerdings ist uns das aufgrund unserer Verschwiegenheitspflicht nur in engen Grenzen möglich. Sprich, wir dürfen dabei nicht zu Details einzelner Banken Stellung nehmen.

Eine Bank, die sich schlecht behandelt fühlt, könnte die BaFin also quasi von der Schweigepflicht befreien?

Wir könnten in solchen Fällen erläutern, dass dieses oder jenes Ergebnis durch eine bestimmte Methode zustande kommt.

Die Schiffsportfolios der Banken, so wurde bekannt, sollen im EZB-Stresstest mit einem besonders strengen Blick bewertet werden. Sieht sich die BaFin auch in solchen konkreten Fällen berufen, zur Klärung beizutragen?

Das versuchen wir natürlich. Schiffsbewertung ist eine komplexe und damit nicht ganz triviale Veranstaltung. Methodisch gab es dazu eine Diskussion, die durch eine Entscheidung der EZB abgeschlossen wurde. Sollte es zu Differenzen zu den Büchern der Banken kommen, muss man erklären, durch welche methodischen Hebel diese Differenzen entstanden sind. In den allermeisten Fällen dürften solche Unterschiede nicht aus einer fehlerhaften Anwendung der Rechnungslegungsvorschriften, sondern auf besonders vorsichtige Bewertungsmaßstäbe im Comprehensive Assessment zurückzuführen sein.

Neben Schiffsportfolios dürften es die Immobilienportfolios sein, zu denen die BaFin Aufklärung leisten muss ...

Die beiden angesprochenen Portfolios sind für einige deutsche Institute überaus wichtig, insofern könnte es sein, dass wir dazu etwas sagen.

Im Ernstfall könnte es sogar Rechtsstreitigkeiten geben. Ist eigentlich der Rechtsweg klar? Wo können Banken gegen den AQR und den Stresstest klagen?

Das sind Übungen der EZB. Insofern ist der Europäische Gerichtshof zuständig. Bevor es dazu überhaupt kommen kann, müssen die Banken erst einmal ihr Einverständnis für die Veröffentlichung geben. Dazu sind sie nicht verpflichtet. Sie werden abwägen müssen, ob sie den öffentlichen Druck und die mögliche Reaktion der Märkte bei einer Nichtveröffentlichung aushalten wollen.

Wie sind die konkreten Zeitläufe der Kommunikation zu Bilanz- und Stresstest?

Die EZB und die BaFin werden die Banken ab Ende September grob über vorläufige Ergebnisse informieren und mit ihnen gemeinsame Gespräche über die maßgeblichen Faktoren führen, die zu diesen Ergebnissen geführt haben. Die Institute können dann eine Stellungnahme an die EZB schicken. Und in Zweifelsfällen wird die EZB eine Entscheidung fällen.

Dann werden die Ergebnisse veröffentlicht. Ich gehe davon aus, dass die EZB dazu eine Pressekonferenz geben wird. Anschließend würde dann die BaFin zusammen mit der Bundesbank eine Pressekonferenz ansetzen, um die Einzelheiten für die deutschen Banken vorzustellen.

Nun zum Thema dieses Heftes, nämlich Banking ohne Banken: Wie viele Anträge auf Banklizenzen nach § 32 KWG gibt es im Jahr? Und wie oft schreitet die BaFin nach §37 KWG gegen unerlaubte oder verbotene Geschäfte ein? Sind diese Zahlen in den vergangenen Jahren signifikant gestiegen oder eher gleichgeblieben?

Eine genaue Statistik habe ich nicht im Kopf, aber gefühlt hat sich keine Häufung ergeben. Für die rechtliche Abgrenzung und die Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts sowie für die damit verbundenen Grundsatzaufgaben ist in der Behörde eine besondere Abteilung zuständig, die im Querschnittsbereich angesiedelt ist. Es gibt immer wieder andere Akteure, die eine Bank gründen wollen, mal sind es Industrieunternehmen, mal der Handel. Aber ebenso verschwinden auch Banken. Wir registrieren derzeit keine große Welle von Bankgründungen und auch keine auffällige Häufung von Untersagungen.

Grundsätzlich gilt in Deutschland die Gewerbefreiheit. Das KWG definiert für Finanzdienstleister allerdings gewisse Geschäfte als erlaubnispflichtig. Die BaFin als spezielle Gewerbeaufsicht hat ein wirksames rechtliches Instrumentarium, um Sachverhalte, die Anhaltspunkte für unerlaubte Geschäfte geben, aufzuklären und Unternehmen, bei denen sich der Verdacht bestätigt, insoweit auch vom Markt zu nehmen.

Wie positioniert sich die BaFin in dem Bemühen, neue Ideen nicht abwürgen zu wollen und gleichzeitig die Risiken von neuen Anbietern für den Markt unter Kontrolle zu behalten? Ist sie Ihrem Selbstverständnis nach ein Markteintrittskontrolleur?

Ganz sicher nicht! Wir sind nicht der Schutzpatron des deutschen Bankensektors, sondern dessen Aufseher. Neue Wettbewerber zu unterbinden, ist nicht unsere Aufgabe. Wenn neue Geschäftsmodelle auf den Markt kommen, prüft die zuständige Abteilung, was erlaubnispflichtig ist und was nicht. Oftmals suchen Anbieter schon im Vorfeld ihres Marktantritts das Gespräch mit uns, um diese Dinge zu klären und selbst Rechtssicherheit zu erhalten. Selbst wenn sie nicht erlaubnispflichtige Geschäfte betreiben, halten sie es für wichtig, dass wir wissen, wie ihr Geschäft funktioniert. Oft dienen solche Kontakte auch der Erlaubnisvorbereitung.

Freilich registrieren wir immer wieder neue Entwicklungen, die sich ganz nahe am Bankgeschäft bewegen. An dieser Stelle würden wir für die Geschäfte gerne die gleichen Regeln angewendet sehen wie im Bankgeschäft, etwa mit Blick auf die Eigenkapitalunterlegung der Risiken.

Erfolgt die Marktbeobachtung systematisch?

Natürlich, wir richten ständig den Blick auf neue Entwicklungen. Einmal prüfen wir aus rechtlichen Gründen, wo eine Erlaubnispflicht notwendig ist und wo nicht. Und als Insolvenzaufseher haben wir immer ein Auge darauf, welche Konsequenzen diese Geschäftsmodelle auf die der Banken haben. Wir versuchen zu antizipieren, welche Ertragsausfälle, Risiken und Entwicklungen auf bestehende Banken zukommen und was das für die Nachhaltigkeit ihrer Geschäftsmodelle bedeutet.

Unterhält die BaFin eine ganze Abteilung, die das Internet nach unerwünschten, weil risikobehafteten neuen Anbietern durchstöbert?

Nein. Wir haben eine Querschnittsabteilung, deren allgemeine Aufgabe unter anderem das Marktscreening ist. Diese wertet verschiedene Quellen aus und weist die Bankenaufsicht auf neue Entwicklungen und neue Anbieter hin, die Einfluss auf den Bankensektor haben könnten.

Bei Relevanz werden diese Entwicklungen zusätzlich von der Grundsatzabteilung der Bankenaufsicht aufgegriffen. Das Internet ist also nur einer von mehreren Zugangswegen zu solchen Marktentwicklungen. Es gibt beispielsweise auch den ständigen Austausch mit vielen nationalen und internationalen Gremien oder Arbeitsgruppen.

Gerade bei neuen Geschäftsideen und Dienstleistungen stellt sich immer die Frage nach der Erlaubnisfähigkeit. Bedarf eine Geschäftstätigkeit einer Erlaubnis und muss man die Geschäfte unterbinden, so lautet dort eine typische Frage. Falls ja, werden dort auch diese unerlaubten Bankgeschäfte verfolgt und unterbunden.

Inwieweit werden bei dieser Marktbeobachtung Quellen von außen eingebunden, etwa die Banken oder die Verbraucherschützer? Müssen die (gesetzlichen) Rahmenbedingungen verbessert werden?

Man kann an der Systematik immer etwas verbessern und auch die Intensität erhöhen, aber wir fühlen uns mit dem vorhandenen Instrumentarium im Moment für diese Arbeit gut aufgestellt.

Bei der Marktbeobachtung nutzen wir alle uns zur Verfügung stehenden Quellen. Dazu gehören auch die Informationen von Banken und Verbraucherschützern.

Darüber hinaus gibt es längst einen europäischen beziehungsweise globalen Kapitalmarkt. In den dort relevanten Gremien werden diese Themen ebenfalls eingespielt und von der BaFin aufgenommen.

Häufen sich die Anfragen und Beschwerden in jüngster Zeit?

Ähnlich wie bei der Zahl der Banklizenzen lässt sich gefühlt keine maßgebliche Zunahme feststellen. Die Arbeitsintensität unseres Hauses ist an dieser Stelle jedenfalls nicht dramatisch größer geworden.

Wie läuft der Prozess ab, wenn die BaFin einen Newcomer identifiziert hat, bei dem sie neue Gefahrenquellen sieht?

An dieser Stelle ist der Hinweis auf den weißen, den grauen und den schwarzen Kapitalmarkt hilfreich. Wenn man eine Erlaubnis braucht und ohne Lizenz ein Geschäft betreibt, das dieser Erlaubnis bedarf, agiert man im schwarzen Kapitalmarkt.

Dann ist es Aufgabe der BaFin, diese Sache zu verfolgen und solche Geschäfte zu beenden. Im weißen Kapitalmarkt wird mit einer Lizenz der BaFin ein erlaubnispflichtiges Geschäft betrieben. Dann ist alles gut, es greift die normale Bankenaufsicht.

Den grauen Kapitalmarkt machen definitonsgemäß die Kapitalmarktgeschäfte aus, die der Gesetzgeber bislang erlaubnisfrei hält. Die BaFin hat insoweit nur punktuelle Kompetenzen, wie zum Beispiel im Bereich der Prospektprüfung. Soweit der Gesetzgeber uns keine Eingriffsmöglichkeiten gibt, analysieren wir, welche Auswirkungen deren Geschäfte zum Beispiel auf unsere zu beaufsichtigenden Banken haben können und weisen auf erkannte Missstände an geeigneter Stelle hin.

Wird hingegen erlaubnispflichtiges Geschäft betrieben, wollen wir schon sehen, welche Risiken eingegangen werden und welche Auswirkungen der Geschäftsbetrieb, etwa Ausfall oder Sicherheitslücken der IT auf die Branche haben können. Das führt in den Geschäftsfeldern zu einem ganz normalen Aufsichtsprozedere wie bei einer Bank.

Bei fast allen dieser Fälle stellt sich die Frage der Erlaubnispflicht. Stark zugenommen hat das seit der 6. KWG-Novelle im Jahr 1998. Mit dieser Novelle wurden neben einer Ausweitung des Katalogs der erlaubnispflichtigen Bankgeschäfte auch Finanzdienstleistungsinstitute unter die Aufsicht der BaFin gestellt.

Muss die BaFin nicht gerade den grauen Kapitalmarkt besonders im Auge haben, weil von ihm Gefahren für die beaufsichtigten Banken ausgehen?

Meine Kollegen versuchen mit solchen Unternehmen in Dialog zu kommen und die Mitspieler des grauen Kapitalmarktes in den weißen zu hieven. Es kann uns ja nicht gefallen, wenn ein Anbieter ein Geschäft, das wir ganz nah an der Erlaubnispflicht ansiedeln, genau so betreibt, dass er die Erlaubnispflicht umgeht.

Welche Einflussmöglichkeiten bestehen dann?

Bei Unternehmen, die keine erlaubnispflichtigen Geschäfte betreiben, haben wir keine Eingriffsmöglichkeiten.

Sehen Sie in Zeiten des Internetzeitalters und der sich wandelnden Gepflogenheiten zur Kommunikation derzeit ein günstiges Umfeld für die Aufnahme von Finanzgeschäften durch Non- und Nearbanks?

Eindeutig ja, es gibt durch die heutigen technischen Möglichkeiten die Chance auf neue Geschäftsmodelle. Wir stehen bei dieser Frage am Anfang einer Epoche. Ohne im Einzelnen beurteilen zu können durch wen und wo, rechne ich mit neuen Anbietern, die das Potenzial haben, den Markt zu revolutionieren. Es könnte Newcomer geben, deren Namen man noch nicht kennt oder die vielleicht erst neu entstehen, die den Markt umkrempeln und aus einem jetzt defizitären Geschäftsfeld eine Ertragsperle machen. Es wird Geschäftsmodelle geben, die das Potenzial haben, enormen Kostendruck auf die deutschen Banken auszuüben.

Viele Finanzgeschäfte, die über Plattformen abgewickelt werden, bedürfen im Hintergrund einer Bank. Haben Sie dieses Geschäftssegment der Kreditinstitute speziell im Blick? Und wie genau beobachtet die BaFin die Banken hinter den Plattformen?

Wenn eine Plattform zu den Vertriebswegen einer solchen Bank gehört, ist sie eindeutig Teil des Geschäftsmodells dieser Bank und steht in unserem Fokus. Wir schauen uns dann an, welche Risiken mit dem Vertriebsweg dieser Plattform verbunden sind. Es wird auch geprüft, welches Geschäft dadurch generiert wird, welche Ausfallraten entstehen und wie viel Kapital benötigt wird. Diese Banken werden ganz normal beaufsichtigt. Anders können wir im Übrigen gar nicht vorgehen, denn der Betrieb einer Plattform ist nicht per se ein erlaubnispflichtiger Tatbestand.

Was passiert, wenn neue Anbieter eine Banklizenz im Ausland haben, wie Paypal in Luxemburg? Gibt es rechtsfreie Räume durch Ansiedlung der Bankgeschäfte in exotischen Ländern?

In Luxemburg und anderen Ländern der EU sicher nicht, da gelten die CRR und die CRD genau wie bei uns. Insofern sollte Aufsichtsarbitrage hier kein Grund sein. Wenn exotische Standorte für Bankgeschäfte ausgewählt werden, kommen die Anbieter nicht über den europäischen Pass nach Deutschland.

Der Blick auf die Homepage der BaFin zeigt eine Reihe von Fällen, in denen Aktivitäten auf dem schwarzen Kapitalmarkt im BaFin-Journal öffentlich gemacht und verboten werden. Hat das die gewünschte Wirkung?

Das ist aus unserer Sicht sehr effektiv. Identifiziert die Abteilung Q3 Anbieter ohne Lizenz, die erlaubnispflichtige Geschäfte betreiben, werden diese aufgefordert darzulegen, was sie machen. Dann stellt sich die Frage, wie die getätigten Geschäfte eingestellt und/oder abgewickelt werden bis hin zu einer Untersagungsverfügung und einer Abwicklungsanordnung.

Tritt dieser Fall ein, veröffentlichen wir in der Regel eine entsprechende Pressemitteilung, um die Geschäftspartner und Kunden zu informieren. Das hat angesichts der Veröffentlichung in einschlägigen Verbrauchermedien einen wirkungsvollen Warncharakter.

Was bleibt den Banken als Hoffnungswert für die Gegenwehr, nur der Hinweis auf Datenschutz und Sicherheit, also letztlich Kundenvertrauen?

Beide Punkte sind extrem wichtig. Wenn durch Datenprobleme Verluste entstehen können, ist das Vertrauen der Kunden weg. Deshalb legen wir auch so viel Wert darauf, dass die Mitspieler in diesem Geschäft die gleichen Regeln erfüllen wie die Banken auch. Im Übrigen warten die Banken nicht nur ab, sondern handeln ihrerseits.

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