Gespräch des Tages

Postbank - Gebremste Arbeit am Profil

Wie bei der Commerzbank waren die Eckdaten 2009 der Postbank-Ertragsrechnung aufgrund einer Ad-hoc-Mitteilung längst bekannt. Doch es war Stefan Jütte erst einmal ein sichtbares Anliegen, das Jahresergebnis ohne Wenn und Aber so einzuordnen, wie er es empfindet - als "nicht befriedigend". Dass die steuerlichen Effekte der Postbank wenigstens noch einen kleinen Gewinn nach Steuern von 76 Millionen Euro beschert haben, wirft der Vorstandsvorsitzende auf der Bilanzpressekonferenz gar nicht erst in die Waagschale. Wie hoch die jüngsten Wertkorrekturen aus der Überprüfung der Risikopositionen im Dezember 2009/Januar 2010 waren, lässt er ebenso offen wie die Dringlichkeit der vorgenommenen Anpassung der Bewertungsparameter. Allem Eindruck nach wollte man mit einem möglichst stark bereinigten Risikoportfolio ins neue Jahr gehen.

Im Blick nach vorne ist der Vorstand der Postbank derzeit in seiner Arbeit an einem nachhaltigen Profil des Hauses eindeutig gebremst. Denn der faktische Mehrheitsaktionär Deutsche Bank hat sich über Art und Zeitpunkt der Wahrnehmung seiner Optionen in Richtung Postbank noch nicht eindeutig positioniert. Zwar hat Josef Ackermann Anfang Februar 2010 einmal mehr die Perspektiven aufgezeigt, mit der Postbank-Kooperation und der Akquisition von Sal. Oppenheim vom Retail Banking über das Retail Asset Management bis hin zum Private Banking unangefochtener Marktführer im Heimatmarkt werden zu können. Doch mit Blick auf die Postbank hat er in diesem Zusammenhang lediglich deren 100 Milliarden Euro an Einlagen sowie die 14 Millionen Kundenkontakte als bemerkenswerte Assets hervorgehoben. Dass die Postbank selbst lieber von fünf Millionen Stammkunden spricht und auf ihrer Kreditseite ein Volumen an eigenkapitalbelastenden Assets aufweist, das den Einlagen auf der Passivseite zumindest nicht nachsteht, wird seitens der Frankfurter Großbank nicht offensiv kommuniziert. Es mag aber die derzeitige Ungewissheit erklären. Mit der Entscheidung, wohin die Reise führt, können sich die Frankfurter dank der gezeichneten Pflichtumtauschanleihe der Deutschen Post auf ein gutes weiteres Viertel der Postbankaktien jedenfalls noch fast zwei Jahre Zeit lassen. Damit sitzt Stefan Jütte mit seiner Postbank einstweilen in einer Warteschleife. Zwar gibt er tapfer die Devise aus, sein Haus so zu steuern, als müsse die gemeinsame Zukunft mit dem größten Aktionär Deutsche Bank nicht zwingend in ein dauerhaftes Mehrheitsverhältnis münden. Doch bleibt der Postbank-Chef auch Realist und Pragmatiker genug, zu wissen, dass sein Handlungsspielraum vergleichsweise gering ist.

Was derzeit von der Postbank mit der Zielsetzung einer Reduktion der Komplexität propagiert wird, sind letztlich allesamt kleinere Kurskorrekturen. Konkret fängt das an mit der Bereinigung der Produktpalette, etwa um das Dax-Sparbuch und das Quartalssparen. Es setzt sich fort über die Beschränkung des Fondsvertriebs auf elf Produkte und die Absenkung der Geldeingangsgrenze für ein kostenloses Girokonto von 1 250 auf 1 000 Euro. Und es mündet nicht zuletzt in den Anstrengungen, das Reklamationsmanagement zu verbessern sowie die hohen Kündigungsquoten im preissensiblen Neukundengeschäft spürbar zu senken. All diese Maßnahmen zur angestrebten Positionierung als "Bank für das Wesentliche" laufen den Ambitionen der Deutschen Bank ebenso wenig entgegen wie der auf drei Jahre hinaus erklärte Verzicht auf Dividendenzahlungen zugunsten einer Stärkung der Eigenkapitalposition. Und daneben gibt es mit dem künftigen Mehrheitsgesellschafter eine gezielte Zusammenarbeit bei der Riester-Rente und demnächst möglicherweise einem inflationsgeschützten Wertpapierprodukt. Die Postbank übt sich gerade in einem Balanceakt. Es gilt, das eigene Profil zu schärfen, ohne die Interessen der Deutschen Bank zu gefährden. Und für Letztere läuft alles in Richtung eines möglichst kalkulierbaren Risikos mit Entwicklungspotenzial. Dass sich beide Strömungen bisher vergleichsweise geräuschlos vereinbaren lassen, ist nicht zuletzt der behutsamen Arbeit von Stefan Jütte zu verdanken.

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