Gespräch des Tages

Landesbanken - Ratingprügel

War es Zufall oder der bewusste Versuch, Druck auf die Landesbanken und vor allem die Politik aufzubauen? Auf jeden Fall kamen die en bloc erfolgten Ratingherabsetzungen durch Standard & Poor's (S&P) für die Institute zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn in den laufenden Verhandlungen mit Bund und Ländern steht nicht weniger als die wirtschaftliche und strategische Zukunft der Landesbanken auf dem Spiel.

Indem S&P die Bonitätsnoten von Bayern-LB, WestLB und HSH Nordbank um zwei Stufen auf "BBB plus" senkt, die LBBW von "A plus" und die Nord-LB von "A" auf "A minus" zurückstuft, macht die Ratingagentur deutlich, was sie von den Geschäftsmodellen und der dahinter stehenden Logik hält. Dabei spielt es offensichtlich kaum eine Rolle, dass die Betroffenen entweder schon mit umfänglichen Staatsgarantien und Kapitalspritzen notversorgt wurden beziehungsweise diese in Aussicht haben. Vielmehr begründet die Ratingagentur ihre Entscheidungen mit dem arg verschlechterten konjunkturellen Umfeld sowie den anhaltenden Verwerfungen an den Kapitalmärkten, von denen dramatische Auswirkungen auf die Bilanzen und die Refinanzierung der Banken ausgehen würden. Allerdings stellt sich hier die dem Ratingsys tem innewohnende Kausalitätsfrage besonders augenfällig: In einem für alle Banken äußerst schwierigen Refinanzierungsmilieu verschärft die Zurücksetzung der Bonitätsnote das Problem der Liquiditätsbeschaffung über den Kapitalmarkt nur noch mehr. Heizt S&P also durch selbsterfüllende Prophezeiungen die Krise erst richtig an oder ist das Ratingurteil nur der in einer Gesamtnote kumulierte Ausdruck eines längst gegebenen Zustands?

Dass sich die Bewerteten entgegen der üblichen Praxis lautstark über die Benotung mokieren - die WestLB sogar per Presseerklärung - ist angesichts der aktuellen Brisanz nicht nur verständlich, sondern auch zulässig. Das Aufbegehren - ob in diesem konkreten Fall wirklich angebracht oder nicht - zeigt deutlich, dass sich die einst als unantastbar wähnenden Ratingagenturen heute rechtfertigen und gegebenenfalls Kritik gefallen lassen müssen. Ihre Macht haben sie freilich längst nicht verloren. Doch dürften sie den Reputationsverlust im Markt noch immer spüren, den sie erlitten haben, weil Ramsch-Assets von ihnen mit Goldmedaillen dekoriert, aber gesetzlich hochgradig reglementierte Produkte wie der deutsche Pfandbrief nur mit Misstrauen beäugt wurden.

So legt die plötzliche, massive Ratingherabstufung bei gleich fünf Landesbanken den Verdacht nahe, dass S&P die Muskeln spielen lassen wollte. Dies kann auf andere potenzielle Ratingopfer einschüchternd wirken, es kann aber auch den Emanzipationswillen der Kapitalmarktakteure fördern. Warum auch nicht? Wenn die Bankenlandschaft nach der Krise eine andere sein wird als zuvor, ist es nur konsequent, dass sich auch die Bedeutung der an den vergangenen Auswüchsen beteiligten und dabei kräftig mitverdienenden Ratingagenturen verändert.

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