Gespräch des Tages

Immobilienbanken - Hausaufgabenkontrolle

In den meisten Bundesländern hat die Schule bereits wieder begonnen - das heißt früh aufstehen, Lehrbücher wälzen, Weisheiten hören und Hausaufgaben machen. Hausaufgaben der ganz eigenen Art haben gegenwärtig auch die Immobilienbanken zu erledigen. Als da wären: Geschäftsmodell finden, Eigenkapitalquote erhöhen, Risiken abbauen. Am Ende des Geschäftsjahres wird sich zeigen, wem dies besser und wem dies schlechter gelungen ist. Dieser Tage ziehen die ersten Immobilienfinanzierer Halbzeitbilanz. Ihre Zwischenberichte legen bereits Zeugnis darüber ab, wer mehr und wer weniger geschickt beziehungsweise konsequent die Herausforderungen des Immobilienjahres 2009 gemeistert hat und wer auf der Lernkurve weiter ist als andere - auch wenn natürlich stets erst am (Jahres-)Ende abgerechnet wird.

Beim Blick in die Zahlenwerke wird deutlich, ein Abonnement auf die Position des Klassenprimus hat keines der Institute. Vielmehr zeigt sich, dass sich die einstigen Lame Ducks durchaus zu Shooting Stars herausputzen können - und umgekehrt! Wer bereits vor dem Lehman-Crash Strukturprobleme anpackte und Risikohavarien reparierte, scheint diese Krise deutlich besser zu meistern als Institute, deren Kreditmaschinen in den Hype-Jahren zwar unter Volllast liefen, deren risikogerechte Wartung aber offensichtlich vernachlässigt wurde. Dabei ist es keine neue Erkenntnis, dass Größe allein noch kein Geschäftsmodell ist. Ein großes Bilanzvolumen wird mittlerweile sogar oft als Bürde empfunden. Abspecken lautet daher auch bei den Immobilienbanken die Fitness-Strategie. Schlank, schnell und standortnah sollten die Immobilienfinanzierer im Markt unterwegs sein, wenn sie Erfolg haben wollen, wie die jüngsten Zahlen belegen.

Zu den Gewinnbringern zählten per 30. Juni 2009 unter anderem die Berlin Hyp, die Aareal Bank und die Corealcredit Bank (ehemals AHBR). Alle drei Banken eint, dass sie noch vor wenigen Jahren nach gescheiterten Höhenflugversuchen ihre Bilanzen eindampfen, massiv Sub- und Non-performing Loans abstoßen und ihre Geschäftsmodelle neu formulieren mussten. Heute weist die Berlin Hyp, die einst zum "Gruselkabinett" Bankgesellschaft Berlin gehörte, welche das Land Berlin über Jahre mit Milliarden-Bürgschaften sanieren musste, für das erste Halbjahr 2009 einen um 6,7 Prozent gesteigerten Überschuss von 23,9 Millionen Euro aus. Die Aareal Bank, die in den vergangenen Jahren ein milliardenschweres Paket von Non- und Sub-performing Loans auf Geheiß der Aufsicht abzuarbeiten hatte, beziffert ihren Überschuss für die erste Jahreshälfte auf 26 Millionen Euro, von dem nach Abzug der Zinsen für die SoFFin-Einlage noch ein Konzerngewinn von 14 Millionen Euro bleibt. Und die aus der an Zinsspekulationen gescheiterten AHBR hervorgegangene und inzwischen sanierte Corealcredit Bank rettete immerhin ein Plus von 1,3 Millionen Euro über die Jahresmitte 2009, nach 11,8 Millionen im ersten Halbjahr 2008.

Dagegen lieferten die einstigen Vorzeigebanken Eurohypo und Hypo Real Estate im ersten Halbjahr 2009 gewaltige Fehlbeträge. Während die noch zur Commerzbank-Gruppe gehörende Eurohypo in der ersten Jahreshälfte ein Minus von 392 Millionen Euro (1. Halbjahr 2008: minus 83 Millionen Euro) erwirtschaftete, nennt die inzwischen per Verstaatlichung aufgefangene Hypo Real Estate im Zwischenbericht einen Verlust von 1,132 Milliarden Euro - gegenüber einem Plus von 160 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2008.

Auch hinsichtlich der Kapitalquoten sind kleinere Institute derzeit oft besser unterwegs. So zeigt sich die Corealcredit hinsichtlich ihrer Kernkapitalquote mit 12,8 Prozent nach 12,1 Prozent robust. Die Aareal Bank steigerte die Kennzahl von 8,0 auf 10,4 Prozent, während die Berlin Hyp lediglich 6,6 Prozent erreicht und damit auf das Niveau der Hypo Real Estate kommt, die per 30. Juni 2009 diese Kennzahl mit 6,9 Prozent (nach 3,4 Prozent zum Jahresende 2008) angibt. Bei der Eurohypo erreichte die Kernkapitalquote den Wert von 8,7 Prozent.

Zwar profitieren die Banken in der aktuellen Marktlage von deutlich höheren Margen im Kreditgeschäft, doch werden die zusätzlichen Erträge im zinstragenden Geschäft in erheblichem Maße durch höhere Liquiditäts- und Refinanzierungskosten sowie eine deutlich erhöhte Risikovorsorge geschmälert, wenn nicht sogar überkompensiert. Besonders dramatisch ist das Bild bekanntlich bei der Hypo Real Estate, deren Risikovorsorge im Kreditgeschäft von 70 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2008 auf 1,077 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2009 hochschnellte. Dagegen war die Eurohypo offensichtlich bereits im Vorjahr konservativer, sodass sich deren Risikoposition lediglich um 15,5 Prozent auf 461 (399) Millionen Euro erhöhte. Doch auch die anderen betrachteten Immobilienbanken stellten mehr Mittel in die Risikovorsorge ein. So buchte die Aareal Bank 79 Millionen Euro in diesen Posten - eine Zunahme um 97,5 Prozent. Immerhin 21,2 Prozent mehr Abschirmungsbedarf im Immobiliengeschäft hatte die Berlin Hyp, die mit 26,3 Millionen Euro vorsorgte. Und die Corealcredit hatte nach einem positiven Saldo von 20,1 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2008 in den ersten sechs Monaten dieses Jahres einen Vorsorgesaldo von minus 13,8 Millionen Euro.

Die bereits vorliegenden Zahlen belegen: Noch haben die Immobilienbanken eine Menge unerledigte Hausaufgaben. Einen "Gewinner" der Krise gibt es zumindest unter dieser Bankengruppe bislang nicht. Gleichwohl geben die Halbjahresergebnisse erste Indizien dafür, wie gewerbliche Immobilienfinanzierer aus Deutschland künftig aufgestellt sein werden: kleiner, standortnäher und konservativer in der Kreditvergabe - zumindest bis die aktuelle Krise ausgestanden ist und die Immobilienmärkte wieder in den Preisaufschwung eingedreht haben.

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