Großer Bilanzvergleich der Hypothekenbanken

Realkreditinstitute 2006: die letzten Mohikaner?

Wie erwartet hat das am 19. Juli 2005 in Kraft getretene
Pfandbriefgesetz einerseits zu einer Zunahme der Zahl privilegierter
Emittenten geführt, andererseits begünstigte es auch die weitere
Konsolidierung unter den Alt-Hypothekenbanken. Waren es im Sommer
vergangenen Jahres immerhin noch 19 Spezialkreditinstitute, so sank
deren Zahl binnen Jahresfrist auf nunmehr 13. Die Hintergründe sind
schnell erklärt:
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Erstens nutzten bereits einige Konzerne den Wegfall der Spezialität,
um ihre - zumeist ohnehin wie Abteilungen geführten -
Hypothekenbanktöchter zu (re)integrieren. So schlüpften die Aareal Hyp
und die SEB Hyp (wieder) unter das Dach ihrer jeweiligen Mütter.
Folglich tauchen diese beiden nicht mehr in der I&F-Statistik auf.
Ähnlich verfuhr zwar auch Wüstenrot & Württembergische bei der Fusion
der Wüstenrot Hypothekenbank auf die Wüstenrot Bank, allerdings steht
bei der neu gebildeten Wüstenrot Bank AG Pfandbriefbank klar das
Pfandbriefgeschäft im Vordergrund, so dass sich die Stuttgarter
weiterhin in der Aufstellung wiederfinden.
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Zweitens haben sich die Institute, die bereits in der Vergangenheit
als so genannte gemischte Hypothekenbanken neben dem
Pfandbriefprivileg sämtliche Geschäfte einer Universalbank betreiben
durften, immer stärker als internationale Immobilienbanken
positioniert. Dabei ist der Pfandbrief für die Aareal Bank, die
Eurohypo, die Hypo Real Estate und nicht zuletzt auch für die
Bayerische Hypo- und Vereinsbank zwar weiterhin wichtig, doch hat er
an Bedeutung eingebüßt. Verbriefungen haben dagegen gewonnen. Da diese
vier großen Banken zudem nach internationalen Vorschriften
bilanzieren, sind sie mit den übrigen Pfandbriefbanken kaum
vergleichbar.
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Und auch die verbliebenen 13 Institute lassen sich nur noch bedingt
miteinander vergleichen. Denn während bei der Wüstenrot Bank AG
Pfandbriefbank zwei Drittel der Bilanzsumme aus Hypothekendarlehen
resultiert, sind es beim Großteil der übrigen Banken lediglich ein
Drittel. Nur die Hypothekenbank in Essen, die Düsseldorfer
Hypothekenbank und die Dexia Kommunalbank Deutschland betreiben
Immobilienfinanzierungen nur als Nebengeschäft oder bauen ihre
Hypothekenbestände sukzessive ab.
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Uneinheitlich entwickelte sich das Neugeschäft der 13 Banken. Während
die Berlin Hyp - nach erfolgreicher Neupositionierung - und die drei
genossenschaftlichen Hypothekenbanken sowie die HSH Nordbank Hypo bei
Immobilienfinanzierungen überdurchschnittlich zulegten, reduzierten
die Wüstenrot Bank AG Pfandbriefbank und die AHBR das Neugeschäft
aufgrund interner Umstrukturierungen spürbar. Für seine
Mitgliedsinstitute also einschließlich Aareal Bank, Eurohypo, Hypo
Real Estate und Hypovereinsbank - hatte der Verband deutscher
Pfandbriefbanken (vdp) eine Zunahme an Hypothekenfinanzierungen um 30
Prozent auf insgesamt 55,5 (42,7) Milliarden Euro ermittelt. Bei den
Staatsfinanzierungen verzeichneten die Berlin Hyp, die Hypothekenbank
in Essen und die HSH Nordbank Hypo die größten Zuwächse, während
sieben Kreditinstitute in diesem Geschäftsfeld Rückgänge verbuchten.
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Im passiven Neugeschäft fällt auf, dass dem Pfandbrief in den
Refinanzierungsstrategien der Banken höchst unterschiedliche Bedeutung
beigemessen wird. Während die Staatsfinanzierer wie der Hypothekenbank
in Essen oder der Dexia Kommunalbank das Instrument im Jahr 2005 in
wachsendem Maße einsetzen, nahmen die Neuemissionen von Pfandbriefen
bei Banken mit traditionell starken Wurzeln im Immobiliengeschäft, wie
der DG Hyp und der Münchener Hyp, tendenziell ab.
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Bei den Ertragspositionen zeigt sich, dass nahezu alle Banken
Zinsüberschuss und Rohertrag steigerten. Allerdings nahmen bei den
meisten auch die Verwaltungsaufwendungen deutlich zu, weil vor allem
in die IT-Systeme erheblich investiert wurde. Gleichwohl das Gros der
13 Banken die Risikovorsorge senkte, mussten die Wüstenrot Bank AG
Pfandbriefbank und die Hypothekenbank in Essen diese Position mehr als
verdoppeln.
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Erwartungsgemäß weisen die Staatsfinanzierer die günstigste Relation
von Aufwand zu Ertrag aus: 14 Prozent sind es bei der Hypothekenbank
in Essen, 22 Prozent bei der Düsseldorfer Hyp und 24 Prozent bei der
Dexia Kommunalbank. Dass die Karstadt Hyp mit 20 Prozent abschneidet,
liegt am Geschäftsmodell, das ausschließlich die Finanzierung von
Karstadt/Quel-le-Immobilien vorsieht. Am teuersten produziert dagegen
die Wüstenrot Bank AG Pfandbriefbank, die mehr als 75 Cent aufwenden
muss, um einen Euro zu verdienen. (Red.)

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