Schwerpunkt: 60 Jahre Bundesrepublik Deutschland

Herstellung von Chancengleichheit für alle Anleger an allen Anlagemärkten

Die deutsche Investmentbranche hat ohne Zweifel einen signifikanten Beitrag zur Entwicklung der Bundesrepublik geleistet - auch wenn die Potenziale, die die Fondsindustrie einbringen könnte, längst noch nicht ausgeschöpft sind. Er erstreckt sich auf folgende Felder, auf die anschließend eingegangen wird: erstens Finanzierung der Volkswirtschaft, zweitens Herstellung von Chancengleichheit für alle Anleger an allen Anlagemärkten, drittens Förderung der Qualität und Integrität der Kapitalmärkte, viertens Aufbau der kapitalgedeckten Altersvorsorge und fünftens Finanzstandort und Arbeitsplätze.

Finanzierung der Volkswirtschaft

Die deutsche Investmentfondsbranche konnte dank des Wachstums der Fondsvermögen zum Aufbau des Kapitalmarktes zunehmend beitragen. Sie hält in ihren Fonds heute deutsche Aktien im Wert von über 100 Milliarden Euro, das sind rund acht Prozent der Marktkapitalisierung deutscher börsennotierter Unternehmen.

Damit werden private Ersparnisse mobilisiert, die Unternehmen als Eigenkapital über die Börse zufließen. Die Produktdiversifikation, die die deutsche Fondsbranche seit Auflegung des ersten Aktienfonds vor rund 60 Jahren vorgenommen hat, unterstützt dies. Die Mobilisierung erfolgt nicht nur über einfache Anlagen in Aktienfonds für deutsche Aktien, sondern auch über Mischfonds, Garantiefonds, Sparverträge und verschiedene Vehikel, die traditionell risikoaversen deutschen Sparern den Weg zur Aktie erleichtern.

Damit verbunden waren und sind erhebliche, Jahrzehnte währende Anstrengungen zur Popularisierung der Aktienanlage als langfristiges Investment. Nicht zuletzt ist dies Überzeugungsarbeit bei Vermittlern und Anlageberatern - auch in schwierigen Zeiten.

Neben der Mobilisierungsfunktion nehmen Fondsgesellschaften eine Lenkungsfunktion wahr. Fondsmanager setzen Research über Unternehmen in effektive Anlageentscheidungen um. Sie "belohnen" gut geführte Unternehmen durch Investments, welche tendenziell den Börsenkurs steigen lassen, das Management belohnen und dem Unternehmen die weitere Kapitalaufnahme erleichtern; umgekehrt werden Unternehmen, welche keine attraktive Perspektive erkennen lassen, durch Desinvestment zu zusätzlichen Anstrengungen motiviert.

Die deutsche Investmentbranche hält darüber hinaus einen Anteil von rund fünf Prozent an den Rentenwerten deutscher Emittenten. Die Mobilisierungs- und Lenkungsfunktion besteht hier entsprechend. Schließlich halten die Offenen Immobilienfonds Inlandsimmobilien (weitestgehend gewerbliche Objekte) im Wert von rund 30 Milliarden Euro. Auch hier wird eine bedeutende Mobilisierungsleistung zugunsten des inländischen Immobilienmarktes erbracht. Phasenweise sind deutsche Offene Immobilienfonds - nicht selten gegen den zyklischen Trend - der bei Weitem bedeutendste Investor am Markt, der zudem noch weitestgehend Eigenkapital mitbringt und nicht spekulativ, sondern langfristig orientiert handelt.

Chancengleichheit für alle

Es wäre ein gesellschaftspolitisches Fiasko, würde sich die Gesellschaft teilen in Großanleger, die privilegierten Rat erhalten und allein in der Lage sind, alle Chancen an den nationalen und internationalen Kapitalmärkten zu nutzen, während die Masse der Sparer auf einfache Sparformen reduziert ist. Dass dies nicht so ist, ist weitgehend das Verdienst des Instruments Investmentfonds. Rund 15 Prozent des Geldvermögens privater Haushalte sind direkt in Investmentfonds investiert (hinzu kommt ein erheblicher indirekt gehaltener Teil, denn über die Hälfte des Spezialfondsvermögens von 640 Milliarden Euro entfällt auf Versicherungen und Altervorsorgeeinrichtungen, deren Assets überwiegend für Privatanleger gemanagt werden).

Investmentfonds sind somit der maßgebliche Brückenschlag von "primären" Anlagen wie Bankeinlagen und Bausparen hin zum Kapitalmarkt. Mit jedem Anlagebetrag lässt sich fast jede Anlagestrategie in diversifizierter Form realisieren - einschließlich Anlagen, die für den Normalsparer direkt kaum erreichbar sind, wie etwa Emerging Markets, gewerbliche Immobilien. Das heißt (leider) nicht, dass jede Anlagestrategie in jedem Jahr aufgeht - Anlagen am Kapitalmarkt erhöhen die Chancen und die Risiken. Fest steht aber: Die "Demokratisierung" der Anlagechancen ist ein gesellschaftspolitischer Erfolg, weil sie einer ungleichen Vermögens- und Chancenverteilung entgegenwirkt.

Qualität der Kapitalmärkte

Kapitalmärkte müssen qualitativ hochwertig, integer und vertrauensbildend arbeiten. Die Bundesrepublik ist ein Land ohne ausgeprägte Kapitalmarkttradition und -affinität; dennoch sind Wirtschaft und Staat auf einen funktionierenden Kapitalmarkt angewiesen. Ein wichtiger qualitativer Aspekt der Aktienmärkte ist die sogenannte Governance der börsennotierten Unternehmen. Wie Unternehmen geführt werden, wie das Management auf die Interessen der Aktionäre ausgerichtet ist, sind entscheidende Determinanten.

Fondsgesellschaften haben - in ihrer Rolle als Aktionäre - gerade im letzten Jahrzehnt diesen Aspekt erkannt und ihren Beitrag zu guter Governance bei den Port-folio-Unternehmen verstärkt. Sie sind nicht mehr nur Käufer und Verkäufer von Aktien, sondern in vielen Fällen "aktive Aktionäre", die im kritischen Dialog mit dem Management stehen. Dazu gehören öffentliche Äußerungen, zum Beispiel auf Hauptversammlungen. Wichtiger ist, dass die Fondsgesellschaften ein stringentes Abstimmungsverhalten an den Tag legen und sich von transparenten Standards leiten lassen. Das ist umso mehr der Fall, seit der BVI die Mitgliedsgesellschaften hierbei durch einen gut akzeptierten Stimmrechtsservice unterstützt.

Auch der Bondmarkt braucht - mehr denn je sogar - diese Standards. Seit Jahren setzt sich der BVI zusammen mit befreundeten europäischen Verbänden für bessere "Bondholder Standards" ein. Vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise setzen sich Fondsgesellschaften dafür ein, dass Transparenz- und Verhaltensstandards von Ratingagenturen verbessert werden; OTC-Geschäfte sollen verstärkt auf börsliche Plattformen gebracht, zumindest aber stärker standardisiert werden.

Altersvorsorge

Die deutsche Fondsbranche trägt durch Spezialfonds für institutionelle Anleger seit Jahrzehnten dazu bei, den Anlagerfolg von Einrichtungen der kollektiven Altersvorsorge zu steigern. Spezialfonds verwalten heute über 300 Milliarden Euro für Institutionen der betrieblichen oder berufsständischen, kapitalgedeckten Altersvorsorge. Es versteht sich, dass eine professionelle Anlage des Vorsorgekapitals maßgeblich dazu beitragen kann, die drängenden Probleme der Altersvorsorge zu lösen.

Fondsgesellschaften haben darüber hinaus begonnen, durch Einsatz von Publikumsfonds einen Beitrag auch für die direkte, individuelle Altersvorsorge außerhalb kollektiver Einrichtungen zu leisten. Dies gehörte lange nicht zur klassischen Mission der Fondsindustrie. Erst mit dem 3. Finanzmarktförderungsgesetz von 1998 gelang ein erster Schritt in dieses Terrain: Mit der Einführung der Altersvorsorge-Sondervermögen, der AS-Fonds, bekam nämlich der Investmentfonds gesetzgeberische Anerkennung als Instrument der privaten Altersvorsorge. Der eigentliche Einstieg in die Altersvorsorge gelang mit der Einführung des Riester-Sparens 2001. Anders als die AS-Fonds wurden Riester-Fondssparpläne gleichberechtigt mit Lebensversicherungs- und Banksparplänen in die Fördersystematik einbezogen.

Finanzstandort und Arbeitsplätze

Auf dieser Grundlage konnten die Fondsgesellschaften nun zeigen, wo ihre spezifischen Leistungsbeiträge für optimierte Vorsorgelösungen liegen: in der Ermöglichung von Vorsorgestrategien, die an den Lebenszyklus des einzelnen Sparers angepasst sind - sei es als Lebenszyklusfonds oder als kontenbasierte Lösung. Die deutsche Fondsindustrie verwaltet rund 2,4 Millionen Riester-Verträge und kann so sicherlich für sich in Anspruch nehmen, eine Beitrag zum Durchbruch der geförderten kapitalgedeckten Altersvorsorge, der von enormer Bedeutung für die Zukunftssicherung der Gesellschaft ist, geleistet zu haben.

Immer deutlicher wurde im Lauf der Zeit der internationale Wettbewerb der Finanzstandorte. Ohne Zweifel sind die Kapitalmärkte und Kapitalströme weitgehend globalisiert. Dennoch ist es wichtig, dass wesentliche Akteure des Kapitalmarktgeschehens auch in der Bundesrepublik selbst in entsprechender Nähe zu Börse, Unternehmen und Finanzaufsicht ansässig sind.

Die Fondsindustrie ist seit jeher Teil des Finanzstandortes. Investmentfonds, in welche deutsche Anleger investieren, werden unverändert überwiegend in Deutschland verwaltet und gemanagt - auch wenn naturgemäß im Zuge der Globalisierung und nicht zuletzt der Entwicklung des EU-Marktes ausländische Wettbewerber Marktanteile erkämpft haben und auch deutsche Fondsgesellschaften Teile der Wertschöpfung aus dem Ausland erbringen.

Das schlägt sich nicht zuletzt in der Zahl der Arbeitsplätze nieder, die die deutsche Fondsindustrie zur Verfügung stellt. Unmittelbar sind dies rund 15 000 Arbeitsplätze für Fondsmanagement, Fondsadministration, Produktentwicklung und Vermarktung. Hinzu kommen rund 4 000 Beschäftigte bei spezialisierten Dienstleistern der Investmentbranche. Schließlich unterstützt die Fondsbranche als Produktgeber rund 300 000 bis 400 000 Arbeitsplätze in der Fondsvermittlung.

Aktienkultur, Corporate Governance, Mitarbeiterbeteiligung

Naturgemäß verbleiben auch Felder, wo Ziele nicht erreicht sind und der Beitrag der Investmentbranche noch verbessert werden kann. Zuvorderst ist anzumerken, dass es bis dato nicht gelungen ist, eine Kultur der risikobewussten, langfristigen Aktien(-fonds)anlage zu schaffen. Festzustellen ist auch, dass das Engagement für Qualität des Kapitalmarkts und gute Unternehmensführung weiter auszubauen ist.

Und schließlich ist die Fondsanlage als Instrument der Mitarbeiterbeteiligung auch im Mittelstand noch nicht erfolgreich erschlossen. Die 1987 zugelassenen Be- teiligungs-Sondervermögen waren nicht erfolgreich - es ist zu hoffen, dass das bei den neu eingeführten Mitarbeiterbeteiligungsfonds anders sein wird. In jedem Falle ist es gut zu wissen, dass es noch einiges zu tun gibt!

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