Aufsätze

Auf der Suche nach zusätzlichen Wachstumsquellen - Strukturwandel im Asset Management

Dass das Asset Management seit Jahren zu den Wachstumsmotoren der deutschen Finanzindustrie zählt, steht außer Frage. Dies zeigt schon allein der Anstieg des verwalteten Vermögens von jährlich 16 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Gleichzeitig wächst die Ertragsstärke der Asset Manager seit 2002 kontinuierlich Jahr für Jahr. Innovationen auf Produktseite, die effizientere Aufstellung in den kostenintensiven Back-Office-Bereichen und die anhaltend gute Entwicklung der Kapitalmärkte sind nur einige der maßgeblichen Gründe.

Wachstumskurs mit temporären Belastungsfaktoren

Die Fondsbranche bleibt auf Wachstumskurs, und das trotz oder vielleicht gerade wegen manch schwieriger Herausforderungen, die den Geschäftsverlauf in den letzten Jahren prägten. Da sind zum einen die temporären Belastungsfaktoren. Als Beispiel seien hier die Offenen Immobilienfonds genannt. Die Schieflage weniger Fonds führte branchenweit zu massiven Rückflüssen. Zum anderen, und das ist für die Entwicklung der deutschen Fondsindustrie von weit größerer Bedeutung, vollzieht sich ein grundlegender Wandel in der Vertriebs- und Absatzstruktur, mit nachhaltigen Auswirkungen auf die Wachstums- und Ertragsentwicklung in den kommenden Jahren.

Das Publikumsfondsgeschäft, über Jahrzehnte der Wachstumstreiber der deutschen Fondsindustrie, hat zuletzt deutlich an Dynamik verloren. In den vergangenen drei Jahren wurde nur noch ein durchschnittlicher Zuwachs von 45 Milliarden Euro pro Jahr verzeichnet, so die branchenweite Bilanz. Das entspricht einem Plus von 9,5 Prozent pro Jahr - zu wenig, um Marktmacht und Ertragskraft deutscher Asset Management-Unternehmen im internationalen Wettbewerb nachhaltig zu stärken.

Was ist der Grund für diesen Rückgang? Eine Sättigung des deutschen Marktes kann nicht die Ursache für die rückläufige Nachfrage der Privatanleger sein. Das Pro-Kopf-Fondsvermögen liegt mit rund 6 000 Euro noch immer weit hinter dem europäischen Durchschnitt von knapp 13 000 Euro, obwohl die Deutschen im europaweiten Vergleich mit die höchste Sparquote aufweisen. Vielmehr sind mangelndes Interesse an Finanzanlagen, fehlende Kenntnisse oder überdurchschnittliche Risikoaversion Gründe für das Verhalten deutscher Anleger, was auch repräsentative Untersuchungen regelmäßig bestätigen.

Dass selbst eine mehr als vierjährige Hausse an den Aktienmärkten mit Wertzuwächsen von durchschnittlich 33 Prozent am deutschen Markt es nicht vermag, die Nachfrage nach Aktienfonds spürbar zu beleben, zeigt, wie tief die Angst vor Verlusten beim deutschen Anleger sitzt. Dem muss die Fondsindustrie stärker als bisher Rechnung tragen, damit das Privatkundengeschäft auch in Zukunft eine stabile Wachstumsquelle bleibt.

Stärkung des Privatkundengeschäfts als primäres Ziel

Der Auftrag an die Asset-Management- Industrie ist es somit, Anlagekonzepte zu entwickeln, die dem Bedürfnis der Anleger nach Sicherheit entsprechen und zugleich Renditechancen bieten. Union Investment, mit über 4,3 Millionen Anlegern einer der größten deutschen Anbieter im Privatkundengeschäft, stellt sich dieser Aufgabe. Mit der Positionierung als Lösungsanbieter soll die wettbewerbsstarke Stellung am deutschen Markt weiter gefestigt werden.

Zentraler Faktor für den bisherigen Erfolg im Privatkundengeschäft ist die Partnerschaft mit den Genossenschaftsbanken. Es ist eine bewusste Entscheidung für diese exklusive Zusammenarbeit, die auch in Zukunft nicht zur Disposition steht. Gleichzeitig kann die Gesellschaft somit einen Großteil des deutschen Retailmarktes nicht aktiv nutzen. Der für die Marktbearbeitung relevante Teil im Heimatmarkt Deutschland ergibt sich aus der Marktstärke des genossenschaftlichen Finanzverbunds, und der zählt heute etwa 16 Millionen Kunden.

Umso wichtiger ist es deshalb, die Potenziale im genossenschaftlichen Sektor stärker noch als bisher zu erschließen. Hohe Priorität in der gemeinsamen Marktbearbeitung mit den Partnerbanken hat dabei die Neukundengewinnung, um so die Wachstums- und Ertragsbasis im Privatkundengeschäft auszubauen. Das gelingt durch die Positionierung als Lösungsanbieter. Neben der Neukundengewinnung ist es zudem Ziel des Lösungsanbieterkonzeptes, den Anleger mit einfachen, leicht verständlichen und gleichzeitig renditestarken Anlagekonzepten durch die verschiedenen Phasen des Lebenszyklus zu begleiten und dadurch langfristig zu binden.

Die inzwischen erreichte Wettbewerbsstärke in zukunftsweisenden Anlagefeldern wie der privaten Altersvorsorge bestätigt den Erfolg dieser gemeinsamen Strategie. Mit über 1,2 Millionen Riester-Sparern ist Union Investment hier der größte deutsche Anbieter. Dabei liegt die Neukundenquote in diesem Geschäftsfeld bei über 70 Prozent. Aber auch Garantiefonds und steueroptimierte Fonds erweisen sich als wirksames Instrument bei der Neukundengewinnung.

Im Ergebnis ist die Gesellschaft Marktführer in der neu eingeführten Anlageklasse Wertgesicherte Fonds und stellt mit dem steueroptimierten Fonds Uni-Opti-4 den erfolgreichsten Fonds in der branchenweiten Absatzstatistik. Es sind Beispiele, die zeigen, wie das Privatkundengeschäft auf den Wachstumspfad vergangener Jahre zurückgeführt werden kann. Für Union Investment sind dabei Maßnahmen zur Neukundengewinnung, zur Bestandssicherung und -steigerung die wichtigsten Stellschrauben für nachhaltigen Erfolg.

Ein Potenzial von sieben bis acht Prozent pro Jahr

Der deutsche Privatkundenmarkt verspricht für die kommenden Jahre ein Wachstumspotenzial von sieben bis acht Prozent pro Jahr, das über eine zielgerichtete und am Bedürfnis der Anleger orientierten Marktbearbeitung durchaus noch übertroffen werden kann. Bereits in der Vergangenheit ist Union Investment regelmäßig schneller gewachsen als der deutsche Fondsmarkt insgesamt, weil es zum einen gelungen ist, gemeinsam mit den genossenschaftlichen Partnern die Vertriebsstärke des Verbundes zu nutzen und damit schnell und nachhaltig eine wettbewerbsführende Positionierung in neuen, zentralen Anlagefeldern zu erreichen. Zum anderen konzentriert sich die Gesellschaft verstärkt auf weitere Wachstums- und Ertragsquellen im Asset Management, um dadurch die Geschäftsbasis zu diversifizieren und zu festigen.

Institutionelles Geschäft als Wachstumstreiber

Eine weitere Entwicklung, die den Wandel der Vertriebs- und Absatzstruktur im Asset Management in Deutschland deutlich macht, ist das institutionelle Geschäft. So entfällt ein immer größerer Teil der Nettoabsätze bei Union Investment inzwischen auf institutionelle Kunden. Das modernisierte Geschäftsmodell, die Weiterentwicklung der Kundenakquisition und -betreuung sowie Veränderungen in der Produktpolitik stärken zudem die Ertragskraft in diesem Geschäftsfeld. Voraussetzung für weiteres Wachstum ist auch hier, dass Unternehmen und damit der genossenschaftliche Finanzverbund neue Kunden gewinnt. Deshalb liegt der Schwerpunkt auf der Akquisition neuer Adressen gerade auch im nicht-genossenschaftlichen Bereich, und das mit Erfolg. Etwa 80 Prozent der Mittelzuflüsse stammen heute bereits von nicht-genossenschaftlichen Kunden. Ein weiterer wichtiger Beitrag zum Wachstum im Asset Management wird in Zukunft aus dem Immobilienfondsgeschäft kommen. Die schwierige Lage der Offenen Immobilienfonds hat dazu beigetragen, dass die Zukunftsfähigkeit dieser Produktgruppe intensiv und zielführend diskutiert wurde. Den inzwischen umgesetzten Maßnahmen zur Portfoliorestrukturierung und auch der Erholung an den Immobilienmärkten ist es zuzuschreiben, dass Offene Immobilienfonds ihre Attraktivität zurückgewonnen haben. Gleichzeitig steht der Immobilienbereich am Anfang einer neuen Produktentwicklungsphase. Der Trend zur Verbriefung und Strukturierung erweitert den Spielraum in der Produktkonzeption. Es wird vermehrt auf bestimmte Themen, Sektoren oder Regionen ausgerichtete Produkte und neue Risikoklassen geben. Mit diesen neuen Anlagekonzepten lassen sich zusätzliche Kundengruppen gewinnen, im institutionellen und im Privatkundengeschäft. Diese Möglichkeiten wird Union Investment umfassend nutzen.

Chancen im Ausland nutzen

Neben den genannten Wachstumsfeldern, die sich vorwiegend auf die Marktchancen in Deutschland konzentrieren, gewinnt das Auslandsgeschäft auch für deutsche Anbieter zusehends an Bedeutung. Daher zählt der Ausbau des Auslandsgeschäfts zu einer strategischen Dimension zu den wichtigen Unternehmenszielen von Union Investment, um sich auch im europäischen Vergleich der Asset Manager stärker zu positionieren.

Die bislang eher opportunistisch betriebenen Auslandsaktivitäten zeigen zwar erste Erfolge in der Marktbearbeitung. Die Tochtergesellschaft in Polen kann sich beispielsweise seit vier Jahren als beste lokale Asset-Management-Gesellschaft behaupten, und auch das Wachstum der Assets under Management von jährlich knapp 40 Prozent in den vergangenen vier Jahren unterstreicht den Erfolg in diesem Auslandsmarkt. Insgesamt fallen die direkten Erfolgsbeiträge aus dem Ausland bislang jedoch kaum ins Gewicht. Der Anteil an den Assets under Management wie auch am Betriebsergebnis liegt noch unter der Marke von fünf Prozent.

Prinzip der Partnerschaft: auch im Auslandsgeschäft

Die Aktivitäten in den Anrainerländern wie Österreich, Schweiz, Italien und Spanien waren bislang maßgeblich auf das Retailgeschäft ausgerichtet. Im institutionellen Geschäft konzentrierte sich das Auslandsengagement zunächst auf das Joint Venture mit Pan-Agora in Boston. Die Union-Pan-Agora, an der Union Investment mehrheitlich beteiligt ist, ist für das institutionelle Geschäft inzwischen zu einem wichtigen Erfolgsfaktor im In- und Ausland geworden.

In den vergangenen drei Jahren konnte das Geschäftsvolumen mehr als verdreifacht werden auf heute über elf Milliarden Euro. Damit ist dieses erfolgreiche Joint Venture die am schnellsten wachsende Fondsgesellschaft in Deutschland. Dies zeigt, dass sich das Prinzip der Partnerschaft, auf dem der Erfolg in Deutschland fußt, auch auf das Auslandsgeschäft übertragen lässt. Deshalb ist die langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit starken Partnern auch als erfolgsentscheidendes Kriterium für die strategische Positionierung der Gesellschaft im Ausland ein entscheidender Vorteil.

Asiatischer Raum als nächstes strategisches Ziel

Nächstes Ziel ist dabei der asiatische Raum mit seinem großen Wachstumspotenzial. Allerdings erschweren die kulturellen Unterschiede den Antritt in diesem Markt für europäische Asset Manager. Die Zusammenarbeit mit einem starken Partner vor Ort war somit Voraussetzung für die strategische Expansion nach Asien, auch, um die unternehmerischen Risiken für die Gesellschaft im vertretbaren Rahmen zu halten. Mit der Bank of East Asia, eine der führenden Adressen am fernöstlichen Bankenmarkt, wurde ein Joint Venture gegründet, mit dem gemeinsamen Ziel, ein Asset-Management-Kompetenzzentrum für den asiatischen Markt in Hongkong aufzubauen und über diese Plattform ausgewählte Absatzmärkte in Fernost, insbesondere die chinesischen Märkte, zu erschließen.

Beide Partner werden in das Joint Venture ihre jeweiligen Kernkompetenzen einbringen. So zeichnet Union Investment für das Portfoliomanagement verantwortlich, die Bank of East Asia für Vertrieb und Kundengewinnung. Neben der Portfoliomanagementkompetenz wird erstere auch ihre Expertise in der Produktentwicklung in die gemeinsame Marktbearbeitung einbringen. Perspektivisch zählt dazu unter anderem auch die Entwicklung von Garantiefonds für den chinesischen Markt.

Gezielter Ausbau in Europa

Die Bank of East Asia ist nicht nur in ihrem Heimatmarkt Hongkong eine der führenden Adressen mit einem Vertriebsnetz von mehr als 120 Filialen. Mit ihrer Zulassung zur Geschäftsbank in China erfüllt sie zudem alle Voraussetzungen, das gesamte Angebot an Finanzdienstleistungen am chinesischen Markt vertreiben zu können. Über diese Partnerschaft erreicht Union Investment somit einen direkten Zugang zu den Fondsmärkten in Hongkong beziehungsweise China, deren Wachstumsraten mit 20 beziehungsweise 30 Prozent pro Jahr in den nächsten zehn Jahren deutlich über den für Deutschland prognostizierten Potenzialen liegen.

Die strategische Positionierung im Ausland, die in den kommenden Jahren auch in Europa gezielt ausgebaut werden soll, wird neben dem wachsenden institutionellen Geschäft einen steigenden Beitrag zu Wettbewerbsstärke und Ertragskraft von Union Investment leisten. Gleichzeitig bleibt es das primäre Ziel, das Privatkundengeschäft in Deutschland zusammen mit den genossenschaftlichen Partnerbanken weiter zu stärken.

Es ist das Ziel, neben den etablierten Geschäftsfeldern auch neue Wachstumsquellen im In- und Ausland konsequent zu nutzen, um die erfolgreiche Unternehmensgeschichte weiter fortzuschreiben und damit der Verantwortung als Asset-Management-Kompetenzzentrum und ertragsstarkem Nutzenstifter im genossenschaftlichen Finanzverbund nachhaltig gerecht werden.

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