Gespräch des Tages

Großbanken - Kaum neue Ideen nach vorn

Es war wieder mal eine bemerkenswerte Pressekonferenz, zu der die Commerzbank Anfang Mai 2009 eingeladen hatte. Es ging nicht nur um die Präsentation der Zahlen des ersten Quartals. Vielmehr wurden in einem Aufwasch die personellen Veränderungen im Vorstand, die Auswirkungen der EU-Beihilfe-Entscheidung sowie das Zusammenschrumpfen des Commerzbank-Dresdner Bank-Konzerns mitverkündet. Die Botschaft: Mit einem radikalen Umbau will Bankchef Martin Blessing bis 2011 wieder schwarze Zahlen erwirtschaften, ab 2012 wieder nachhaltig profitabel sein und im günstigsten Fall ab demselben Jahr beginnen, die Staatshilfen zurückzuzahlen. Das ist ein langer Weg, den er Mitarbeitern, Kunden und vor allem Aktionären und Investoren, die nicht Staat heißen, zumutet. Aber hat er eine Wahl? Am Ende wird laut "Roadmap 2012" eine auf Deutschland fokussierte Universalbank mit einem kleinen Anhängsel Investmentbanking übrig bleiben, die kleiner sein wird, als es die alte Commerzbank vor der Dresdner-Übernahme war.

Natürlich immer vorausgesetzt, es passieren nicht andere, weitreichende Dinge, die einen neuerlichen Strategieschwenk nötig machen. Denn mit dem "Geschwätz von gestern" hält man sich im gelben Turm nicht mehr lange auf. Ein Beispiel aus dem jüngst vorgelegten Manuskript: "Die Commerzbank als Deutschlands führende Privat- und Firmenkundenbank konzentriert sich auf ihre Stärken und trägt gleichzeitig dem veränderten Umfeld Rechnung. Wir setzen auf eine noch stärkere Kunden orientierung und Fokussierung bei gleichzeitig strenger Kostendisziplin und einem effizienten Risikomanagement". Viel geredet, nichts gesagt - und das war schon die Zusammenfassung! Nebenbei darf man sich fragen, was denn in den oberen Etagen in den vergangenen Monaten geschehen ist? Hat man sich tatsächlich auf die Schwächen konzentriert? Gehören Kundenorientierung, Kostendisziplin und effizientes Risikomanagement nicht zum Alltags-Handwerkszeug einer jeden Bank dieser Republik? Doch, tun sie! Jede Sparkasse und Volksbank wäre längst pleite, würde sie das nicht jederzeit im Blick haben. Hier wird all das allerdings als großer strategischer Wurf verkündet. Arme Commerzbank.

Dabei hätte sie viel von dem kommen sehen können, was nun als belastend bis lebensgefährlich eingestuft wird - und damit sind nicht die natürlich kaum vorhersehbaren Folgen der Finanzkrise gemeint. Aber die einstmals als "poison pill" gegen drohende feindliche Übernahmen übernommene Eurohypo ist nicht erst seit gestern in über 30 Ländern aktiv, ihre Bestände sind bekannt, das Neugeschäft kann sich der Aufsichtsrat ansehen. Auch dass das Geschäftsmodell der überdimensionierten Essen Hyp allzu einseitig auf die Staatsfinanzierung ausgerichtet war und daher gerne die ein oder andere Zinsdifferenz auszunutzen versuchte, kann nicht überraschen. Ausbaden musste es die Eurohypo. Bei Übernahme der Dresdner Bank erfolgte eine umfangreiche Due Dilligence. Spätestens da hätte selbst dem Letzten das enorme Volumen im Investmentbanking auffallen können, wenn nicht gar müssen - auch wenn der Termin der Übernahme Ende August natürlich im Nachhinein gesehen äußerst unglücklich war.

Die wieder einmal neu erfundene Commerzbank präsentiert sich wie folgt: Am härtesten treffen die nun beschlossenen und verkündeten Maßnahmen sicherlich die Eurohypo beziehungsweise das neue Geschäftsfeld Commercial Real Estate, zu dem auch das Staatsfinanzierungsgeschäft und die Schiffsfinanzierung zählen. Vierhundert Stellen fallen weg, statt in über dreißig Ländern wird der Immobilienfinanzierer künftig nur noch in rund zehn Auslandsmärkten aktiv sein (auf die rund 90 Prozent des Geschäftsvolumens entfallen), Neugeschäft erfolgt nur noch selektiv. Ab 2011 sollen Einsparungen von 110 Millionen Euro jährlich das Commerzbank-Dasein angenehmer gestalten. Ob das alles ausreicht, die ungeliebte Eurohypo 2014 mit Erfolg abzustoßen?

Festgehalten wird an den Kerngeschäftsfeldern Privatkunden und Mittelstand sowie dem Osteuropageschäft. Diese drei Säulen stehen mit Erträgen von 2,3 Milliarden Euro im ersten Quartal durchaus solide da, auch wenn bei Betrachtung der operativen Ergebnisse sowohl im Privatkundengeschäft als auch in der Ost-europa-Sparte drastische Bremsspuren zu verzeichnen sind. Die von der EU-Kommission angeordneten Zwangsverkäufe wie die des Bankhaus Reuschel oder der Kleinwort Benson Private Bank werden keine allzu großen Löcher reißen. Ebenfalls zur Kernbank zählt das Investmentbanking - allerdings drastisch eingedampft. Das Personal wird von 3 500 auf rund 1 600 Köpfe reduziert. Es wird keinerlei Eigenhandel in Derivaten mehr geben, eine Spezialität der Dresdner Bank. Vielmehr sollen sich die Kapitalmarktspezialisten auf die Kundenwünsche mit Expertise und Produkten konzentrieren. Um Freiraum für die Neuausrichtung zu schaffen, wurden die Altlasten im Volumen von 38 Milliarden Euro in eine eigens gegründete Portfolio Restructuring Unit ausgegliedert. Ziel sei, die Engagements Wert maximierend zu reduzieren, wobei es sich, wie betont wurde, "ausschließlich um eigene Positionen der Bank" handelt und nicht etwa um Kundenkredite. Da die Zeit offensichtlich drängt, wollte die Commerzbank nicht auf eine eventuelle Bad-Bank-Lösung der Bundesregierung warten.

Über all diesen wichtigen strategischen Entscheidungen gingen die Zahlen zum ersten Quartal ein bisschen unter, was der Commerzbank vielleicht gar nicht so unlieb ist. Denn wer redet schon gerne über einen Quartalsverlust von fast 900 Millionen Euro, wenn allerorten die Institute beflügelt vom Spiel an den Kapitalmärkten wieder feine Gewinne schreiben.

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