Gespräch des Tages

Großbanken I Lustlose Zwischenbilanzsaison

Die Halbjahresberichterstattung der fünf in der Bankenstatistik geführten Großbanken lief Ende Juli/Anfang August reichlich lustlos und eher wie eine lästige Pflichtübung ab. Auch bei der Commerzbank und bei der Dresdner Bank gab es wie zuvor schon bei der Deutschen Bank, der Postbank und der HVB zur Flankierung von Telefonkonferenzen für die Analysten und teilweise auch die Presse die übliche Präsentation im Netz. Anders als in den Vorjahren mochte sich keiner der fünf Bankenchefs den Fragen einer traditionellen Pressekonferenz stellen. Nun mag man das diesmal gewählte Procedere der Berichterstattung als ganz normale Entwicklung im Zeitalter neuer Kommunikationstechniken einstufen. Doch es gibt mindestens zwei andere plausible Erklärungen für die eher defensive Öffentlichkeitsarbeit. Eine ist schlicht das derzeitige Marktumfeld. Es boten sich in allen fünf Häusern in den vergangenen Jahren ganz einfach wesentlich bessere Gelegenheiten, das tatsächlich Erreichte öffentlichkeitswirksam an den eigenen Vorgaben zu messen. Wir haben geliefert, was wir versprochen haben (oder gar mehr), lautete bei vielen Pressekonferenzen der jüngeren Vergangenheit sinngemäß die nahezu austauschbare Kernaussage. Diesmal ist das bekanntlich anders: Nach teilweise noch verhaltenem Optimismus bei der Präsentation der Ergebnisse für 2007 im Frühjahr, wird nun fast durchweg schon nach sechs Monaten eine Verfehlung der Jahresziele eingeräumt, und auf eine Prognose für das laufende Jahr wird verzichtet beziehungsweise sie steht unter dem Vorbehalt der weiteren Kapitalmarktentwicklung. Erst für die Jahre 2009 oder 2010 sehen sich beispielsweise die Postbank und die Commerzbank wieder auf den angepeilten Ergebnisbahnen.

Auffällig ist in allen fünf Großbanken zudem eine Parallele in der Diktion der Ergebnispräsentation. Wie in den Zeiten der hohen Wertberichtigungen der Jahre 2001 bis 2003 finden und kommunizieren die Institute im operativen Geschäft auch diesmal wieder tapfer jene Dinge, die vergleichsweise gut gelaufen sind. Ansonsten bedienen sie sich oft des Hinweises, gerade in der Krise die eigene Marktposition im Vergleich zu den internationalen Wettbewerbern verbessern zu wollen. Für die Verfehlung der Ergebnisziele werden in durchaus kreativer Ausdrucksweise die Verwerfungen der internationalen Bankenkrise verantwortlich gemacht, und zwar zuweilen so als würden sie nicht zu den ganz normalen Marktbedingungen gehören, unter denen sich die Kreditwirtschaft auch in widrigen Zeiten zu behaupten hat.

So räumt die Dresdner Bank zwar uneingeschränkt einen Verlust gegenüber dem Vorjahr im operativen Ergebnis ein (von plus 1,097 auf minus 0,964 Milliarden Euro), schiebt diesen aber maßgeblich der inzwischen organisatorisch vom Segment Private & Corporate Clients abgetrennten Dresdner Kleinwort zu und spricht unverzagt von einem soliden Geschäft mit Privat- und Firmenkunden. Die HVB lobt die Entwicklung der nicht unmittelbar von der Finanzkrise betroffenen Divisionen Privat- und Geschäftskunden, Firmenkunden und kommerzielle Immobilienkunden sowie Wealth Management. Sie vergleicht ihr positives operatives Quartalsergebnis von 0,813 Milliarden Euro aber lieber mit den minus 0,144 Milliarden Euro aus dem ersten drei Monaten statt die 0,669 Milliarden Euro aus dem ersten Halbjahr mit dem entsprechenden Vorjahreswert von 2,089 Milliarden Euro. Auch die Deutsche Bank verweist auf das solide Ergebnis der "stabilen" Geschäftsbereiche Global Transaktion Banking sowie Private Clients and Asset Management, die trotz erheblicher Wertanpassungen von 2,3 Milliarden Euro im Investmentbanking wenigstens das positive Quartalsergebnis gerettet haben. Die Segmente Mittelstandsbank sowie Privat- und Geschäftskunden rückt die Commerzbank in den Blick und konnte sich zudem auf die anhaltend gute Entwicklung ihrer Mittel- und Ost-europa-Aktivitäten verlassen. Auszugleichen waren damit allerdings die generellen Belastungen im Commercial Real Estate. Dass sich die Postbank schließlich gleich zu Beginn ihres Halbjahresberichtes dem Vergleich ihrer Kursentwicklung mit den großen deutschen Privatbanken sowie der Peer Group aus neun europäischen Banken stellt, liegt gewiss nicht nur an der "soliden operativen Entwicklung" über die vergangenen sechs Quartale, sondern - wie die Bank selbst einräumt - auch an der Verkaufsfantasie.

Über die reine Sprachkosmetik hinaus darf man als zweite Ursache der eher verhaltenen Halbjahresberichterstattung die Aktivitäten der Großbanken rund um den vorgegebenen Veröffentlichungstermin in Rechnung stellen. Selten zuvor waren über die Sommerfrische an so vielen Stellen des deutschen Bankgewerbes höchst wichtige strategische Entscheidungen über das künftige Gefüge der hiesigen Bankenstruktur anhängig. Das gilt bekanntlich von den gespannt auf die Brüsseler Vorgaben zur WestLB wartenden Landesbanken über die grundsätzlich fusionswilligen genossenschaftlichen Zentralbanken bis hin zur gesamten Großbankenszene mit Ausnahme der HVB. Wer will etwa der Commerzbank und der Dresdner Bank in diesen Tagen absprechen, wichtigeres zu tun zu haben, als die Ergebnisse ihrer Geschäftsentwicklung des ersten Halbjahres 2008 allzu offensiv zu erläutern? Und wieso sollte es den Chef der Postbank (mitten?) im Verkaufsprozess derzeit mit Macht in die Öffentlichkeit drängen? In solch unruhigen und unsicheren Zeiten mit mehr oder weniger heftigen Sondierungen der Institute untereinander ist es vielleicht wirklich nicht klug, die offenbar nur höchst mühsam erreichbaren Erkenntnisfortschritte zu stören. Wieso sollten die Institute ihre Meinungsbildungs- oder gar Entscheidungsprozesse in Richtung einer weiteren Konsolidierung der deutschen Bankenlandschaft im Rahmen einer schwer kalkulierbaren Pressekonferenz den neugierigen Fragen einer wissbegierigen Medienlandschaft unterbreiten? Im Zweifel muss man sich dabei auf Sachverhalte einlassen, die einen hoffentlich geregelten Fortgang der Dinge erschweren könnten.

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