Gespräch des Tages

Genossenschaftsbanken - Kultur der regionalen Mitverantwortung

Von der Öffentlichkeit nur wenig beachtet, beschloss das Bundeskabinett Ende August den Ersten Engagementbericht "Für eine Kultur der Mitverantwortung" und legte ihn dem Deutschen Bundestag vor. Schwerpunkt dieses Berichts ist das bürgerschaftliche Engagement von Unternehmen.

Anlässlich der Berichtsübergabe ließ Bundesfamilienministerin Kristina Schröder wissen, dass eine Kultur der Mitverantwortung nur in einem ausgewogenen Miteinander von Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gelingen könne. Die wichtigsten Ergebnisse dieses Berichts lauten: Fast zwei Drittel aller deutschen Unternehmen (64 Prozent) engagieren sich bürgerschaftlich. Das Volumen des Unternehmensengagements entspricht dabei einem finanziellen Gegenwert von jährlich mindestens elf Milliarden Euro. Bevorzugt werden Geldspenden (8,5 Milliarden Euro), doch auch mit Produkt- und Sachspenden (1,5 Milliarden Euro) oder mit unentgeltlicher Überlassung der Infrastruktur (900 Millionen Euro) unterstützen Unternehmen Vereine, Verbände, soziale Einrichtungen oder Stiftungen. Die Unternehmen konzentrieren sich dabei in der Regel auf ihr direktes lokales und regionales Umfeld und fördern insbesondere den Bereich Erziehung, Kindergärten und Schulen (75 Prozent) sowie Freizeitaktivitäten und Sport (68 Prozent).

Nur wenige Tage nach dem Kabinettsbeschluss legte der BVR seinen Bericht über das gesellschaftliche Engagement der genossenschaftlichen Finanzgruppe vor. Darin ist zu lesen, dass die 1121 genossenschaftlichen Institute im Jahr 2011 vor allem ihr Engagement in Stiftungen stärkten. Mit insgesamt 183 Millionen Euro waren die Kreditgenossenschaften dort involviert. Das sind 43 Millionen Euro mehr als im Vorjahr und rund doppelt so viel wie noch im Jahr 2005 (95 Millionen Euro). Die genossenschaftliche Finanzgruppe will sich nach Angaben des BVR im Bereich des gesellschaftlichen Engagements auf eine dauerhafte Förderung der Menschen in der Region konzentrieren, da Stiftungen durch ihre regelmäßigen, kalkulierbaren Erträge für eine dauerhafte und krisenresistente Form der Unterstützung sorgen. Aber auch die direkten finanziellen Zuwendungen (Spenden, Sponsoring, Stiftungserträge) blieben mit insgesamt 120 Millionen Euro auf einem hohen Niveau. Reduziert wurde hingegen der Umfang der sogenannten geldwerten Zuwendungen. Die hierunter subsumierten kostenlosen Servicedienstleistungen und Sachspenden sanken von 13 Millionen auf fünf Millionen Euro. Analog zu den Vorjahren setzen die genossenschaftlichen Institute weiterhin auf Regionalität (88,6 Prozent), Kundennähe (79,9 Prozent) und Nachhaltigkeit (70,5 Prozent) als zentrale Motive ihrer Engagements, wobei die Häuser vorzugsweise Kinder und Jugendliche (89,8 Prozent) erreichen. Hauptempfänger bleiben örtliche Vereine und Initiativen (90,2 Prozent).

Selbstverständlich schreibt sich Regionalität und Kundennähe auch eine andere Institutsgruppe auf ihre Fahnen, wenn es um gesellschaftliches Engagement im Geschäftsgebiet geht. Die Sparkassen, ihre Verbund-Unternehmen und deren Stiftungen wollen ebenfalls aktiv dazu beitragen, die Lebensqualität in den Regionen vielfältig zu steigern. Dabei würde es die Institute sicherlich freuen, wenn sich das gesellschaftliche Engagement sowohl der Sparkassen als auch der Genossenschaftsbanken in irgendeiner Form auch in entsprechenden (Neu-) Kundenzahlen niederschlagen würde. Nur selten wählt jedoch ein Neukunde seine Bankverbindung nach dem gesellschaftlichen Engagement des Hauses aus, und die Bestandskunden haben sich oftmals für ein Institut entschieden, weil die Filiale oder der Geldautomat so schön zu erreichen ist oder man sich dem Haus ohnehin traditionell verbunden fühlt. Gerade auch die direkten finanziellen Zuwendungen in Form von Spenden oder Sponsoring können darüber hinaus dazu führen, dass die Mehrwerte der jeweiligen Institute in der Region verschwimmen: Nicht nur die Produkte und Leistungen sind nahezu vergleichbar, sondern auch das gesellschaftliche Engagement unterscheidet sich kaum. Zweifellos ist das gesellschaftliche Engagement für die jeweiligen Empfänger eine wichtige, zuweile sogar existenzsichernde Unterstützung. Doch gerade die Volksbanken und Raiffeisenbanken sollten sich hier stärker ihrer genossenschaftlichen Wurzeln besinnen und bezogen auf ihr Geschäftsmodell den Kunden, Mitgliedern und Bewohnern der Region tatsächlichen Mehrwert bieten. Ideen - wie etwa das Knüpfen von spezifischen Netzwerken, vielleicht in Verbindung mit den Möglichkeiten des Web 2.0 - gibt es sicherlich viele, umgesetzt ist bislang nur wenig.

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