Gespräch des Tages

Finanzplatz Frankfurt - Jahresauftakt 2007 - "Fühlungsvorteile"

Es ist geschafft! Die diversen Empfänge zum Jahresauftakt am Finanzplatz Frankfurt sind vorbei. Wichtige Neuigkeiten aus der Finanzbranche sind ausgetauscht, strategische Entwicklungen ebenso besprochen und bewertet wie erste Hinweise auf die Geschäftsentwicklung im abgelaufenen Jahr. Alte und neue Anekdoten sind aufgefrischt beziehungsweise weitergereicht, und nun kann die Bilanzsaison so richtig anlaufen. In Frankfurt, so lässt sich Jahr für Jahr feststellen, ist die Taktfolge der Jahresanfangsveranstaltungen mit Finanzmarktbezug noch einmal höher als in anderen Großstädten. Und diesmal war die Bandbreite der Veranstaltungen besonders groß - vom ganz normalen Neujahrsempfang über die Verleihung einer Honorarprofessur bis hin zur Würdigung von publizistischen Leistungen.

Obligatorisch sind bei solchen Anlässen die (Fest-)Reden zur Einstimmung der Zuhörerschaft. Mal sind das knappe Bestandsaufnahmen zum Jahresanfang aus Unternehmens- und/oder Branchensicht, mal politische Absichtserklärungen, und manchmal muss es eben auch eine Laudatio sein. Solche Lobreden werden gewöhnlich von besonders verdienten und prominenten Persönlichkeiten gehalten. Für den Laudator oder die Laudatorin sind sie besonders schwierig, wenn sie die zu ehrenden Menschen entweder sehr wenig oder extrem gut kennen. Der Zuhörerschaft soll die Rede kleine und größere Einblicke in die Fähigkeiten und das Umfeld der Geehrten gewähren, sie darf dabei aber keinesfalls den Laudator in den Mittelpunkt der Veranstaltung rücken. Dem Wortsinn nach hat die Laudatio zwar unzweifelhaft mit loben und preisen zu tun. Aber wie weit kann man die geehrten Menschen hochjubeln, ohne den Vorgänger oder die Vorgängerin in ein schlechtes Licht zu rücken? Ist auch der kleinste Tadel generell tabu oder bereichert ein originell verpackter Hinweis auf nicht ganz so gelungene Episoden nicht eine solche Rede? All das verlangt ein besonderes Maß an Fingerspitzengefühl.

Dass bei solchen Anlässen oft Zuhörergruppen aus ganz unterschiedlichen Disziplinen und gesellschaftlichen Gruppen mit zwangsläufig unterschiedlichem Erfahrungshorizont zusammenkommen, erschwert die Aufgabenstellung. Es gilt einen Gesprächsfaden zu finden, der möglichst viele der Zuhörer anspricht und bei guter Laune auf den üblichen Fortgang der Dinge einstimmt. Denn die Anwesenden folgen nicht nur mehr oder weniger andächtig der Zeremonie und sehen erwartungsfroh der Lob- beziehungsweise Festrede entgegen, sondern sie freuen sich auch auf die anschließende Kommunikation, oft kombiniert mit einer durchaus reizvollen Auswahl an Speis und Trank.

Übrigens haben die Vorteile des persönlichen Kontaktes und konzentrierten Wissensaustausches in der Branche, wie sie solche Jahresauftaktveranstaltungen zweifellos ermöglichen, in der Regionalpolitik einen Namen: Die sogenannten "Fühlungsvorteile" stellen einen weichen Standortfaktor dar, der einen Teil des Finanzplatzes Frankfurt ausmacht. Der schnelleren und häufigeren räumlichen Kontakte zwischen Unternehmen, Behörden und Universitätsinstituten der gleichen Branche wegen ist es kein Zufall, dass sich gerade Forschungseinrichtungen und Freiberufler aus der Finanzbranche bevorzugt in dieser Region ansiedeln.

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